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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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sich in das raue Gestein krallten. Ihre kreisrunden Blüten wirkten wie aufgerissene Augen. Auch das Klima war ein anderes, der Wind blies stärker, die Luft war kühler und weit unter mir am Riff brachen sich riesige Wellen. Gischt umspülte die felsige Küste und rechts von uns, vielleicht dreihundert Meter weit entfernt, lag eine schmale, sichelförmige Bucht, die ebenfalls von hohen Felsen gesäumt war. Dahinter in westlicher Richtung entdeckte ich die Umrisse einer Ruine.
    »Eine Kapelle«, sagte Neander, der meinem Blick gefolgt war. »Ich war schon ganz früh im Wald und bin dort vorbeigekommen. Die kleine Bucht habe ich auch gesehen, aber es war Flut und die Kapelle wirkte ziemlich verfallen. Sie kam mir unheimlich vor.«
    Neander wandte sich wieder zum Meer und sein wuchtiger Finger zeigte nach vorn. »Und da ist Tempelhoff.«
    Mein Herz schlug furchtbar schnell, als ich auf die winzige Nachbarinsel blickte. Sie war kreisrund und aus ihrer Mitte erhob sich ein Turm. Der Nebel hatte sich gelichtet und der Turm zeigte wie ein dunkler Finger in den stahlblauen Himmel. Neander reichte mir sein Fernglas, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Ich will zurück«, sagte ich.
    Im Garten lief uns Elfe entgegen. Sie trug ihren lila Badeanzug und darüber einen schillernd grünen Rock. Er war aus dünnem Stoff und reichte ihr bis zu den nackten Füßen. In ihren lilafarbenen Haaren steckte eine große weiße Blüte und im Arm hielt sie ihre bunte Stoffhängematte. Ihre Lippen waren wieder schwarz geschminkt und ihre goldbraunen Augen funkelten unternehmungslustig.
    »Ich schau mal, ob ich zwei Palmen finde«, rief sie uns zu. »Habt ihr gut geschlafen? Wo seid ihr denn gewesen, im Wald? Milky und Pearl machen grad Frühstück und unser Adonis stählt seine Muckis.« Grinsend zeigte Elfe zum Haupthaus. Am Eingang stand Alpha, der Junge mit den weißblonden Haaren. Er trug hochgekrempelte Cargohosen und mühte sich mit seinem Expander ab.
    Ich musste lächeln, mehr über Elfe, als über Alpha. Sie sah aus, als hätte sie längst vergessen, dass wir auf Schritt und Tritt überwacht wurden. Alpha dagegen kam mir vor, als ob er vor den unsichtbaren Kameras posierte. Adonis? Ich musterte ihn flüchtig. Er hatte einen tollen Körper und sein ebenmäßiges Gesicht mit den strahlend blauen Augen hatte etwas Leonardo-di-Caprio-Mäßiges. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er ein Mädchenschwarm war. Aber mein Typ war er nicht. Wenn gutes Aussehen ein Berg war, dann befand sich Alpha in meinen Augen bereits auf dem Gipfel. Von jetzt an würde es bergab gehen und mit frühestens vierzig würden Alphas hervorstechende Merkmale die Geheimratsecken an den Schläfen und ein leichter Schmerbauch sein.
    Hinter einem Hibiskusstrauch kam uns Mephisto entgegengesprungen. Seine schwarzen Schlappohren flatterten, als er uns begrüßte, doch gleich darauf preschte er wieder davon, auf der Jagd nach einem bunten Vogel, der sich auf einer der Palmen niederließ und in sicherer Höhe auf den Hund herabtrillerte. Neander hatte schon wieder sein Fernglas vor den Augen, während ich die Beine meiner Jeans hochkrempelte.
    Die Sonne war ein gutes Stück in die Höhe gewandert und im Schutz der Schatten des Waldes hatte ich nicht gespürt, wie warm es geworden war. Wie heiß .
    Ich sah auf Elfes Füße. »Willst du dir keine Schuhe anziehen?«
    Elfe lachte. »Mich kriegen keine zehn Pferde ins Fußgefängnis«, sagte sie und schwirrte zum Strand hinunter. Doch gleich darauf kam sie wieder zurückgerast, an ihrem Arm klimperten die Glasperlen. »Scheiße, ist das heiß«, schimpfte sie. »Ich hab frittiertes Fleisch unter den Sohlen, kann man diese Sonne vielleicht ein paar Stufen runterdrehen? Außerdem haben mich diese verfluchten Mücken die ganze Nacht gequält. Ich hab kein Auge zugetan!«
    Als ich an die friedlich schnarchende Elfe dachte, musste ich schon wieder lächeln. Ich mochte sie. Und Neander mochte ich auch. Richtig unsympathisch war mir eigentlich nur Darling.
    Im Haupthaus hatten Pearl und Milky die Speisekammer geplündert. Es gab Toast, weißen Käse, Tomaten und Obst aus dem Garten. Am runden Glastisch hatten sich Darling, Joker, Moon und der Chinese versammelt. Nur Solo fehlte, und als ich an die gestrige Nacht dachte, seinen dunklen Schatten vor der glitzernden Silhouette des Meeres, schien mir die Begegnung plötzlich so unwirklich wie ein Traum.
    Bald darauf kam auch Alpha ins Haupthaus. Sein Oberkörper war nackt und glänzte, und

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