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Isolation

Isolation

Titel: Isolation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Gebäude 1, das ganz im Westen lag. Als sie über den Hof rannte, kam sie an vielen verstörten Arbeitern und Hunderten Soldaten vorbei, die hin und her eilten. Die Männer auf der Ostmauer schossen bereits, was Heron verriet, dass die Partials näher, viel näher waren als vermutet. Der frühe Angriff kam nicht ganz unerwartet – ihre Frist bis 23.00 Uhr besagte nur, dass um diese Zeit der Luftschlag beginnen konnte, was sich nicht zwangsläufig mit dem Beginn der Invasion decken musste. Nach der Standardtaktik sollten die Luftschläge sehr früh erfolgen und die chinesischen Gegenangriffe unterbinden, ehe sie richtig begonnen hatten, aber das musste nicht unbedingt so sein, und die Taktik, die jetzt zum Zug kam, entsprach eben offenbar nicht dem Standard. Ihre Befehle gingen ihr immer noch durch den Kopf – und ganz besonders das eigenartige Verhalten ihres Vorgesetzten, als er sie erteilt hatte, ganz zu schweigen vom Zeitablauf. Sie musste alles genau durchdenken.
    Hinter der Tür hörte sie die Generäle rufen. Wie viele weitere Personen bei ihnen waren, konnte sie nicht feststellen. Es war sicher besser, zunächst weiter ihre Rolle zu spielen, die Lage einzuschätzen und sich eine Strategie für die Gefangennahme der Offiziere zurechtzulegen. Sie strich den Rock glatt und trat ein. Beide Generäle schrien sofort auf.
    »Wo waren Sie?« Wu drosch ärgerlich mit der Faust auf den Tisch.
    »Mei Hao!«, rief Bao. »Ist Ihnen auch nichts passiert?« Er tat einen Schritt auf sie zu und hielt inne. Heron nahm den kleinen Verstoß gegen das Protokoll zur Kenntnis, ohne sich etwas anmerken zu lassen. Wahrscheinlich wirkte sie nach dem Auftritt auf dem Dach noch etwas aufgedonnert, aber der Rock saß wieder an der vorgeschriebenen Stelle. Sie knöpfte sich die Bluse zu und versuchte es mit der besten Entschuldigung, die ihr einfallen wollte und die obendrein sogar teilweise der Wahrheit entsprach.
    »Ich war gerade auf der anderen Seite des Hofs, als der Beschuss begann«, sagte sie. »Ich habe den Weg hierher mit knapper Not überlebt.«
    »Pah«, machte General Wu. »Nachdem nun die gesamte chinesische Armee auf Ihre Ankunft gewartet hat, könnten Sie vielleicht so nett sein, die Satbox zu aktivieren.«
    Als ob du das nicht genauso gut könntest wie ich, dachte Heron. Dies war allerdings nicht das erste Mal, dass er aus diesem Grund auf sie gewartet hatte. Männer stellten ihre Autorität gern zur Schau. Sie sah sich im Raum um und zählte die Anwesenden: beide Generäle, Baos ältlicher Sekretär Jin Wong und drei Soldaten. Sie kannte sie alle und war über ihre Fähigkeiten im Bild. Mit ihrer Pistole war sie jedoch vermutlich nicht fähig, alle sechs Personen auszuschalten, bevor man sie überwältigte – zumal sie die Generäle am Leben lassen musste. Also setzte sie sich an die Satbox, öffnete sie und wartete auf die eingehenden Nachrichten.
    »Der beste Weg, die Fabrik wiederzugewinnen, besteht darin, sie gar nicht erst zu verlieren«, erklärte Bao und griff damit offenbar ein Gespräch wieder auf, das schon vorher begonnen hatte. »Wir reden hier über die Teufelssoldaten. Wenn wir zulassen, dass sie sich verschanzen, können wir die Fabrik ganz gewiss nicht zurückerobern.«
    »Ihre Armee kann das vielleicht nicht«, sagte Wu.
    »Keine Armee kann das!«, rief Bao. Sein Widerspruchsgeist war stärker als gewöhnlich, was Heron der erhöhten Anspannung zuschrieb. »Nicht einmal unsere vereinten Armeen bringen das fertig. Aber wenn wir zuschlagen, wenn wir den massivsten Gegenangriff starten, der uns überhaupt möglich ist, können wir sie erledigen, während sie keine Deckung und keine Verteidigung haben. Das ist unsere einzige Hoffnung auf einen Sieg.«
    Wu dachte über Baos Worte nach. »Ein energischer Schlag, während ihre ganze Armee verwundbar ist, könnte sie tatsächlich vernichten.«
    »Ja!«, bestätigte Bao. »Aber wir müssen rasch handeln.«
    »Wir mobilisieren Ihre Armee für den Gegenangriff«, überlegte Wu. »Meine wird die Flanken halten.«
    »Wogegen wollen Sie die Flanken halten?«, fragte Bao. »Es gibt keine weiteren Truppen. Die Partials haben jeden Soldaten in diesem Sektor in den Kampf geschickt. Zehntausend BioSynth-Supersoldaten. Unsere Späher berichten, dass ihr vorgeschobener Stützpunkt verlassen ist. Die Teufel strömen wie eine Springflut durch die Straßen.«
    »Dann müssen wir mit den Hubschraubern fliehen«, schlug Wu vor. Heron entdeckte einen Anflug von Angst in seiner

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