Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
dass ich komme und hier bin ich.“
Sie bekam keine Antwort, aber sie fühlte durch die Eischalen hindurch, wie schlecht es den drei Ungeborenen ging. Sie erahnte ihren schwachen Herzschlag.
Aaniya hob ihren Blick und suchte Goran.
„Ich weiß nicht, wie ich ihnen helfen kann“, flüsterte sie ihm verzweifelt zu.
„Du musst doch deine neue Kraft spüren“, sagte Goran ungeduldig.
„Ich bin so wie immer“, entgegnete Aaniya gereizt. Dennoch versuchte sie, irgendetwas von Exenias Zauber in sich zu spüren, so wie auf der Lichtung. Und da plötzlich, direkt in ihrem Herzen, fand sie eine riesige Weite, die gefüllt war mit einem unendlichen Meer aus purer Energie.
Zittrig legte sie ihre Hände auf die Dracheneier. So konnte sie die Bewegungen der kleinen Babys spüren. Vor ihren geschlossenen Augen sah sie die kleinen Köpfe, die süßen Füßchen. Und ohne nachzudenken, strömte aus Aaniyas Brust eine enorme Woge an Liebe hinüber zu Groms Kindern. Plötzlich knackste es ein-, zwei-, dreimal. Die Eischalen sprangen auf! Bevor Aaniya die Drachenbabys sah, spürte sie ihre neu geborene Lebenskraft. Sie war so gewaltig, dass Aaniya ehrfürchtig zurückwich.
Da erschien Groms Kopf direkt neben ihr.
Im nächsten Moment fielen die Eischalen auseinander , und drei winzige Drachenkinder saßen in Groms Nest. Wackelig reckten sie ihre kleinen, hellgrünen Köpfchen, die natürlich noch keine Hörner hatten, und hoben ihre winzigen Flügel. Sie sahen aus wie Grom, nur viel, viel kleiner. Eines der Babys öffnete seine Miniaturschnauze und stieß einen hellen, klaren Schrei aus, der an den nackten Felswänden wie der Klang eines Glöckchens widerhallte.
Aaniya war hingerissen von den drei kleinen Groms. Sie spürte, wie ihr die Tränen der Freude in die Augen stiegen.
„Vielleicht könntest du deine Kraft auch einmal an meinem Knöchel testen“, hörte sie Gorans Stimme zart in ihrem linken Ohr.
Sie fuhr herum.
„Meinst du?“, fragte sie unsicher.
„Probier es einfach“, ermutigte sie Goran und gab ihr einen Kuss auf die Nase.
„Gut, aber nur, weil du es bist“, lachte Aaniya leise und konzentrierte sich wieder auf ihr Herz. Sie fand die Weite und das Energiemeer, doch dann hörte sie eine Stimme. Es war Exenia, die sprach, aber irgendwie schien sich die Königin der Fliegen mit jemand anderem zu unterhalten:
„ Träume nicht mehr, Bea, lebe“, sagte sie mit ihrer gutmütigen Stimme. „Du gelangst nie mehr nach Issilliba.“
U nd plötzlich war Aaniya Bea, und Aaniyas Macht war Beas Macht …
Bea öffnete die Augen. Sie blinzelte. Alles war so grell. Die Decke über ihr, das Fenster an der gegenüberliegenden Wandseite, der weiße Bettbezug.
„Endlich, Bea“, hörte sie eine erleichterte Männerstimme. „Du hast uns aber ganz schön lange warten lassen.“
Langsam drehte Bea ihren Kopf. Es war ganz schön anstrengend. Ihr Blick fiel auf einen Krankenpfleger, der neben ihrem Bett auf einem Stuhl saß. Sie war im Krankenhaus. Doch wie kam sie hierher? Verwirrt schloss sie die müden Augen.
„Geh nicht schon wieder, Bea. Bleib bei mir“, sagte der Mann.
Ein angenehmes, zartes Kribbeln erfüllte Beas Bauchraum. „Wer bist du?“, hauchte sie durch ihre trockenen Lippen.
„Ich bin Manfredo. Wir kennen uns schon.“
Bea öffnete wieder ihre schweren Lider, und diesmal fiel ihr Blick zunächst auf den Gips an ihrer linken Hand.
„Manfredo? Ach, ja. Der Gips“, murmelte sie und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Wieso bin ich diesmal hier?“, fragte sie und blickte dabei Manfredo in die Augen. Welch wunderbar samtenes Braun, schoss es ihr durch den Kopf. Überrascht spürte sie, wie in diesem Moment eine unvorstellbare Lebenskraft in ihr Herz einströmte und zu einem riesigen Meer wurde. Pure Liebe füllte ihr ganzes Inneres aus. Woher nur kam diese sprudelnde Quelle? War das Aaniyas Macht?
„Du wurdest ohnmächtig eingeliefert “, sagte Manfredo und riss Bea aus ihren Gedanken. „Obwohl es dir körperlich bald nicht mehr schlecht ging mit all den Infusionen und Medikamenten, die wir dir gegeben haben, wolltest du einfach nicht aufwachen.“
Bea schloss die Augen, doch nicht lange, denn sie wollte Manfredos Gesicht wieder sehen. Müde lächelte sie ihn an, und er lächelte zurück. Wieder und wieder fielen Bea für einen Moment die Lider zu, und immer wieder kehrte sie zurück zu Manfredo. Bea wusste nicht, wie viel Zeit so verging, doch irgendwann erhob sich
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