Ist das Kafka?: 99 Fundstücke (German Edition)
Beste! –
Auszug aus dem Eisenbahnkourier.
Was auf die Reise mitnehmen?
III
Wir bringen mehr. Der kurze »Allgemeine Teil« in andern Führern.
Kleidung.
Bordelle. Vor Bauernfängern bewahrt. (N. B. Charakter der Offenheit in unserm Führer.)
Reiseandenken.
Billige Einkäufe z.B. Seide in Italien; Ananas, Madeleines, Austern in Paris.
Keine Angst vor falschem Geld.
Freikonzerte.
Einkalkulierung billiger Tage (Gemäldegallerie) nach teuren Fahrten.
Wo bekommt man Freikarten wie ein Einheimischer.
Dampfer zweiter Klasse.
Keine Angst vor der 3. Klasse in Italien. Volkscharakter.
Reform der Karten und Pläne?
Erklärung der Spielsäle, Verluste.
Gratis-Pläne der Verkehrsbüros, ihre Kritik in unserem Führer, das andere kann man glauben.
ad III.
Was an Regentagen zu machen ist. Eventuell am letzten Tag.
Bildergallerie, am billigen Tag. Nur wenige wichtige Bilder.
Diese aber gründlich (Kunstwart-Art) volkserzieherisch.
Billige gute Plätze in den Theatern, sonst nur den Habitués bekannt.
Aussteigen auf dem Dampfer.
IV
Controlle der empfohlenen Hotels durch eine Organisation.
Wir übernehmen die Instruktion der Autoren, die Durchsicht ihrer Elaborate, Stichproben.
N.B. Wie ist Baedeker organisiert?
Flugblätter zu 10 Pfennig, jedes 2. Jahr etwa, 5 Bons in den Büchern.
Warnung vor Ansichtskarten, Beschränkung auf die 12 beigelegten (?)
V
Sprachführer aus dem Grunde, weil durch die Kenntnis der Sprache viel Geld erspart wird.
Ausgabe mit und ohne Führer, für die, welche die Sprache kennen.
Unser Prinzip: es ist unmöglich, eine Sprache vollständig zu erlernen. Man muß sich daher mit derjenigen Stufe begnügen, welche am wenigsten Mühe macht und doch genügt. Besser genügt als schlechtes Sprechen der gründlich studierten Sprache und Nachdenken über Regeln. – Nebeneinanderstellung der Infinitive. – 200 Vokabeln. – Eine Art Esperanto. – Zeichensprache in Italien. – Aussprache gründlich – Weiterlernen nicht behindert. – Französisch von uns. – Das Wichtigste über den Schweizer Dialekt.
Man kauft sich einen »Billig«.
VI
Ausstattung.
61
Kafka träumt vom Olympiasieg
Der grosse Schwimmer! Der grosse Schwimmer! riefen die Leute. Ich kam von der Olympiade in X, wo ich einen Weltrekord im Schwimmen erkämpft hatte. Ich stand auf der Freitreppe des Bahnhofes meiner Heimatsstadt – wo ist sie? – und blickte auf die in der Abenddämmerung undeutliche Menge. Ein Mädchen dem ich flüchtig über die Wange strich, hängte mir flink eine Schärpe um, auf der in einer fremden Sprache stand: Dem olympischen Sieger. Ein Automobil fuhr vor, einige Herren drängten mich hinein, zwei Herren fuhren auch mit, der Bürgermeister und noch jemand. Gleich waren wir in einem Festsaal, von der Gallerie herab sang ein Chor, als ich eintrat, alle Gäste, es waren hunderte, erhoben sich und riefen im Takt einen Spruch den ich nicht genau verstand. Links von mir sass ein Minister, ich weiss nicht warum mich das Wort bei der Vorstellung so erschreckte, ich mass ihn wild mit den Blicken, besann mich aber bald, rechts sass die Frau des Bürgermeisters, eine üppige Dame, alles an ihr, besonders in der Höhe der Brüste, erschien mir voll Rosen und Straussfedern. Mir gegenüber sass ein dicker Mann mit auffallend weissem Gesicht, seinen Namen hatte ich bei der Vorstellung überhört, er hatte die Elbogen auf den Tisch gelegt – es war ihm besonders viel Platz gemacht worden – sah vor sich hin und schwieg, rechts und links von ihm sassen zwei schöne blonde Mädchen, lustig waren sie, immerfort hatten sie etwas zu erzählen und ich sah von einer zur andern. Weiterhin konnte ich trotz der reichen Beleuchtung die Gäste nicht scharf erkennen, vielleicht weil alles in Bewegung war, die Diener umherliefen, die Speisen gereicht, die Gläser gehoben wurden, vielleicht war alles sogar allzusehr beleuchtet. Auch war eine gewisse Unordnung – die einzige übrigens – die darin bestand dass einige Gäste, besonders Damen, mit dem Rücken zum Tisch gekehrt sassen undzwar so, dass nicht etwa die Rückenlehne des Sessels dazwischen war, sondern der Rücken den Tisch fast berührte. Ich machte die Mädchen mir gegenüber darauf aufmerksam, aber während sie sonst so gesprächig waren, sagten sie diesmal nichts, sondern lächelten mich nur mit langen Blicken an. Auf ein Glockenzeichen – die Diener erstarrten zwischen den
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