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Ist Gott ein Mathematiker

Ist Gott ein Mathematiker

Titel: Ist Gott ein Mathematiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Livio
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seine mathematischen Leistungen nicht herausragend waren, imstande, Probleme aufzuzeigen.

    Abbildung 8
    Eine weitere verblüffende Demonstration von Platons Wertschätzung für die Mathematik findet sich in seinem vielleicht wichtigsten Werk
Der Staat,
einer schwindelerregenden Verbindung von Ästhetik, Ethik, Metaphysik und Politik. Im Buch VII legt Platon (über seine zentrale Figur Sokrates) einen ehrgeizigen Lehrplan dar, der aufzählt, was einem Staatsoberhaupt idealerweise an Erziehung zukommen sollte. Dieser strenge, allerdings ziemlich idealisierte Lehrplan sieht eine Ausbildung von früher Kindheit an vor, unterbrochen von der Beschäftigung mit Spiel, Sport und Reisen. An denjenigen, die Vielversprechendes ahnen lassen, wird das erzieherische Programm weitergeführt mit nicht weniger als zehn Jahren Mathematik, fünf Jahren Dialektik und fünfzehn Jahren Praxiserfahrung auf allen möglichen Gebieten, zu denen unter anderem auch das Kriegshandwerk und verschiedene Ämter gehören, die «für die Jugend von Bedeutung sind». Platon erklärt sehr genau, warum er der Ansicht war, dass dies ein notwendiges Training für künftige Politiker sei:
    Nun dürfen also nur Leute an die Macht kommen, die keine Liebhaber von ihr sind; sonst werden ihre Nebenbuhler mit ihnen Streit anfangen … Doch wen wolltest du sonst dazu nötigen, sich mit der Obhut über die Stadt zu befassen, wenn nicht die, die die größte Einsicht haben, wie die Stadt am besten verwaltet wird, und die andere Ehren und ein besseres Leben kennen als das des Staatsmannes?
    Herzerfrischend, oder? Und obschon eine derart anspruchsvolle Erziehung vermutlich sogar zu Platons Zeiten nicht praktikabel gewesen ist, so steht doch sogar noch George Washington auf dem Standpunkt, dass eine gründliche Ausbildung in Mathematik und Philosophie für einen künftigen Politiker keine schlechte Sache sei:
    Die Wissenschaft von den Zahlen ist in gewissem Maße nicht nur unentbehrliches Requisit für jeden Schritt in einem bürgerlichen Leben, sondern die Untersuchung mathematischer Weisheiten gewöhnt den Geist an Methode und Folgerichtigkeit seiner Gedankengänge und bildet eine Beschäftigung, die einem vernunftbegabten Wesen in besonderem Maße angemessen ist. In einem umwölkten Daseinszustand, in dem der ziellosen Suche so viele Dinge unsicher scheinen, ist sie es, die den Fähigkeiten des Verstandes ein Fundamentbietet, auf das sie sich gründen können. Aus der erhobenen Position mathematischer und philosophischer Gedanken werden wir unfehlbar zu weit edleren Mutmaßungen und Meditationen geführt.
    Für die Frage nach dem Wesen von Mathematik sogar noch bedeutender als Platon der Mathematiker oder Platon der Scheinmathematiker war Platon der Mathematikphilosoph. Seine wegweisenden Ideen erhoben ihn nicht nur weit über alle anderen Mathematiker und Philosophen seiner Generation, sondern machten ihn auch zu einer einflussreichen Gestalt für die kommenden Jahrtausende.
    Platons Vorstellung vom wahren Wesen der Mathematik lässt sich aus seinem berühmten Höhlengleichnis herleiten. Er betont darin die grundsätzliche Anzweifelbarkeit all jener Informationen, die uns die menschlichen Sinne liefern. Was wir als reale Welt wahrnehmen, so Platon, ist nicht realer als Schatten, die an die Wand einer Höhle geworfen werden. Hier die berühmte Stelle aus
Der Staat:
    Stelle dir Menschen vor in einer unterirdischen höhlenartigen Behausung; diese hat einen Zugang, der zum Tageslicht hinaufführt, so groß wie die ganze Höhle. In dieser Höhle sind sie von Kind auf, gefesselt an Schenkeln und Nacken, so daß sie an Ort und Stelle bleiben und immer nur geradeaus schauen; ihrer Fesseln wegen können sie den Kopf nicht herumdrehen. Licht aber erhalten sie von einem Feuer, das hinter ihnen weit oben in der Ferne brennt. Zwischen dem Feuer und den Gefesselten aber führt oben ein Weg hin; dem entlang denke dir eine kleine Mauer errichtet, wie die Schranken, die die Gaukler vor den Zuschauern sich errichten und über die hinweg sie ihre Kunststücke zeigen. … Stelle dir nun längs der kleinen Mauer Menschen vor, die allerhand Geräte vorübertragen, so daß diese über die Mauer emporragen, Statuen von Menschen und anderen Lebewesen aus Stein und Holz und in mannigfacher Ausführung … glaubst du, diese Menschen hätten von sich selbst und voneinander je etwas anderes zu sehen bekommen als die Schatten, die das Feuer auf die ihnen gegenüberliegende Seite der Höhle

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