Ist Schon in Ordnung
knallblau wie die eines Kindes.
»He, du Geißbock«, sagte er und lächelte, »ich wollte nur sagen, ohne deinen Po hätte ich dich nie bemerkt. Ich kam mit dem PV vorbei und sah etwas Weißes am Fluss, das vorher nicht dagewesen war, da musste ich anhalten. Du warst nicht mehr zu viel zu gebrauchen, weißt du.« Er ließ meine Haare los und strich mir über die Wange, und seine Hand war riesig und trocken und rauh wie der Stein, dem er ähnelte, und ich rührte mich nicht, und dann konnte ich nicht anders und fing an zu heulen. Es kam von überall und nirgendwo und floss nur so aus mir heraus, und er schob mich vorsichtig zurück in die Küche.
»Iss zu Ende«, sagte er, »und hinterher kommst du in den Stall, dann unterhalten wir uns. Ich könnte etwas Hilfe gebrauchen. Die Beine sind nicht mehr das, was sie einmal waren.«
Ich setzte mich wieder an den Tisch und aß die letzte Scheibe und weinte in die Marmelade, und Signe kehrte mir den Rücken zu und summte, bückte sich und legtemehr Holz in den schwarzen Herd. Es bullerte darin, und am Ende war ich abgefüllt und leer und ganz schlapp und pappsatt.
»Bist du fertig, dann geh ruhig zum Leif, wenn du magst«, sagte Signe.
Ich trat in die Sonne auf dem Hof, die Sonnenbrille im Gesicht. Leif konnte ich nirgendwo sehen, aber mitten auf dem Hof stand ein alter Mann im Overall. Er war dünn wie ein Strich und lang, und der Overall hing an seinen Schultern wie ein Zelt ohne Schnüre, und er hatte die Hände im Kreuz und sah in die Luft. Ich sah ebenfalls hoch, aber dort gab es nichts zu sehen. Dann bemerkte er mich, drehte sich jäh um, und wir standen uns gegenüber und starrten einander an, und er schüttelte den Kopf und strich sich über das Kinn und hob die Hand zu einer Art Gruß. Ich tat es ihm nach, und da lächelte er, und sein Gesicht fiel auseinander, und er ging über den Hof und verschwand hinter der Scheune.
»Das ist Bjørn, der Stalljunge«, sagte Signe hinter mir. Ich drehte mich um, und dort stand sie in der Tür mit einem Schmutzkübel in der Hand. »Er packt mit an, kümmert sich um das Pferd und mistet den Stall aus. Es ist die letzte Tür rechts«, sagte sie und zeigte darauf. Ich folgte ihrem Finger. Die Tür war nicht verriegelt, sie stand einen Spaltbreit offen, und aus dem Spalt hörte ich Leif lauthals fluchen.
»Du Mistvieh, willst du wohl gehorchen …«, brüllte er, und ich hörte einen dumpfen Schlag. Als ich eintrat, war es halbdunkel, aber hinter den leeren Boxen konnte ich ihn sehen, wie er mit zwei glänzenden Blecheimern in den Händen zwischen vier Kälbern stand. Das größte Kalbhatte kleine Hörner, und mit ihnen stieß es immer wieder gegen einen der Eimer, riss und zerrte am Strick und machte ein höllisches Spektakel. Leif bückte sich, um den Eimer in den Trog zu stellen, und da fuhr das Kalb mit dem Kopf herum und traf ihn an der Stirn.
»Mistvieh!«, schrie er, ließ einen Eimer fallen und versetzte dem Kalb einen Schlag zwischen die Augen, es zuckte zusammen, jetzt fällt es um, dachte ich, denn seine Hände waren wie ein Vorschlaghammer. Aber es schüttelte den Kopf und ging rückwärts. Leif drehte sich um, hielt sich die Stirn und grinste.
»Kindererziehung ist was Kompliziertes.«
»Gehst du so mit Kindern um?«, fragte ich laut und wusste, dass hinter mir die Tür war, sie stand ganz offen, und er war schlecht zu Fuß. Es roch nach Kuhdung und Futter, die Kälber bewegten sich im Halbdunkel, und er sah mich mit runden Augen an. Dann schüttelte er den Kopf und sagte:
»Menschen sind keine Tiere, Audun.« Er beugte sich über das Kalb, tätschelte ihm die Seite, und ich wusste nicht, woher er meinen Namen kannte. Er schob den Eimer dichter an das Kalb heran.
»Ferdinand, du Trottel, so kriegst du nur weniger ab. Selbst schuld«, und das Kalb schlabberte in sich hinein, was noch im Eimer war, und Leif legte den Oberkörper vorsichtig auf Ferdinands Rücken und strich ihm über die Seite, und das Kalb stand ganz still und schlabberte nur. Er richtete sich auf, stützte sich auf den Kälberrücken, nahm den Stock und kam auf mich zu.
»Ferdinand wird mal ein guter Bulle, aber er wird stark sein, und da kann man ihm genauso jetzt schon zeigen, wer hier der Chef ist. Bald ist es zu spät.«
Wir gingen zusammen hinaus in die Sonne. Ich fühlte mich jetzt wohl, nur eins störte mich.
»Woher weißt du meinen Namen?«, fragte ich.
Er lachte. »Der stand in deinem Rucksack. Komm mit, dann kannst du dem
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