Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
Problem zu lösen. Paare müssen über sexuelle Bedürfnisse miteinander sprechen. Darüber, wo ihre Grenzen liegen und wo sie bereit sind, sie auszudehnen.
In der Sexualität geben wir einander unmittelbares Feedback. Ich berühre dich und du antwortest. Ich schmiege mich an dich und du reagierst.
Die gemeinste Form von Machtmissbrauch in einer Liebesbeziehung ist, dem Partner das Feedback zu verweigern. Ich zeige mich dir, und du tust so, als wär ich gar nicht da. Guckst weg. Schließt die Augen. Ich streichle dich, und du liegst da wie ein Stein. Ich küsse dich, und du bleibst unbewegt. So werden Menschen kaputtgemacht, wirklich zerstört.
Kommunikation in der Sexualität umfasst all die Elemente, die ich bereits genannt habe: Wir sollten aktiv zuhören, nicht nur den Worten, auch dem Körper des andern. Wir sollten ihn verstehen lernen. Wir sollten nachfragen, mit Worten, aber auch mit unserem ganzen Körper: Was gefällt dir? Wo erschauerst du? Wo fühlt sich deine Haut weich an, wo rau und sandig, wie verändert sie sich, wenn ich sie berühre? Wie fühlt sich mein Mund auf deiner Haut an, auf deinem Geschlecht, wie schmeckst du, was erzählst du meiner Nase, wie kann ich nachfragen, dich noch besser verstehen? Wie verändert sich dein Duft, wenn ich dich auf diese oder jene Weise berühre, küsse, lecke?
In der Sexualität kommunizieren unsere Sinne, und mit je mehr Sinnen wir den anderen verstehen wollen, nachfragen und beantworten, umso tiefer, beglückender ist die Begegnung.
Gespräche über unsere Körpergeschichten, über unsere sexuellen Sehnsüchte und Phantasien sind das kostbarste Geschenk, das wir einander machen können. Es ist wie mit küssen, mit hingeben, mit anschauen lassen, wo sonst keiner hinschauen darf, mit zeigen und sehen, mit fragen und antworten, die Intimität, die so entsteht, ist vollkommen einzigartig und unersetzbar. Jede andere Sexualität, die wir mit irgendwelchen Objekten praktizieren, seien es Sextoys, virtuelle Sexpartner, Prostituierte oder über Seitensprung-agenturen oder sonstige Internetseiten ausgesuchte Frauen
oder Männer, ist austauschbar und letztlich nur auf uns selbst bezogen.
In der sexuellen Liebe nehmen wir einen Partner ganz an, und wir geben uns ganz. Immer, wenn wir dabei etwas zurückhalten, spürt unser Partner das und entzieht Vertrauen. Immer wenn wir irgendetwas von uns nicht mehr geben, errichten wir eine Mauer, und irgendwann besteht die Gefahr, dass unser Partner auf der anderen Seite von uns nicht mehr zu erkennen ist. Wenn er dann geht, sagen wir: Eigentlich war doch alles gut zwischen uns, sogar die Sexualität. Und wir haben das vielleicht wirklich so wahrgenommen, weil unsere Verweigerung, unser Widerstand gegen eine bestimmte Form von Nähe, Berührung, Intimität uns ja geschützt hat vor dem, was uns ängstigt: Nacktheit, rückhaltlose Nähe, den anderen kennenlernen, ungeschminkte Wahrhaftigkeit. Für uns hat es sich so vielleicht sogar »netter« angefühlt, irgendwie weniger anstrengend, weniger bedrohlich, weniger riskant. Aber unser Partner spürt immer, wenn wir einen Sicherheitsabstand halten.
Je bereiter zu Intimität und wirklicher Hingabe ein Partner ist, umso sensibler spürt er, wenn das nicht beantwortet wird. Wenn es kein Feedback gibt. Dann entsteht ein Gefühl von Berührungslosigkeit und Ungenährtheit. Irgendwann brechen solche Partner aus, sofern sie nicht komplett resignieren und sich auf den Sicherheitsabstand einlassen.
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Führ ein Jahr lang ein Tagebuch deiner sexuellen Höhepunkte. Nimm dir die Zeit, sie genau zu beschreiben, in aller Sinnlichkeit.
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Überprüfe monatlich, wie sehr es dich erfreut, was du da lesen kannst.
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Wenn das Ergebnis mager ist, besprich es mit deinem Partner.
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Wenn das Ergebnis reich und bunt ist, lies es ihm vor. Freut euch daran!
Neugestaltung
An diesem Punkt eurer Arbeit seid ihr da angelangt, wo ihr euch nicht mehr mit Konflikten und Streitigkeiten, Enttäuschungen und Verwundungen beschäftigen müsst, sondern euch auf Hoffnungen und Wünsche, auf Phantasien und Sehnsüchte konzentrieren könnt. Neugestaltung macht gerade in der sexuellen Beziehung viel Spaß – und auch Angst –, braucht Zeit und Raum, aber dann ist auch unmittelbar zu spüren, dass sich etwas verändert. Wenn wir so weit sind, dass wir vertrauensvoll mit unserem Partner über unsere Liebesträume sprechen, dann können Träume wahr werden. Und es ist völlig egal, ob ihr drei oder dreißig
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