Istanbul: Ein historischer Stadtführer
Schriftsätze vom 6-Punkte großen
Nesîh
bis zum fast monumentalen
Kûfî
, der wieder in Mode gekommenen eckigen Schrift aus der Frühzeit des arabischen Kalifats.
Die Standorte der frühen osmanischen Druckereien wanderten zwischen 1727 und 1852 durch ganz Groß-Istanbul. İbrâhîm Müteferrika betrieb zum Beispiel seine Druckerei in seinem Wohnhaus bei der Moschee Sultan Selîm I. Die genaue Lage dieser ersten Druckerei, die arabische Buchstaben in Istanbul verwenden durfte, ist allerdings nicht bekannt. Nach dem Tode İbrâhîms (1745) entstanden unklare Verhältnisse. Obwohl auch die Sultane Mahmûd I. (1747) und Osmân III. (1755) Privilegien zur Weiterführung der Druckerei erteilten, wurden sie nicht genutzt. Zwischen1783 und 1795 wurde noch einmal ein halbes Dutzend Bücher mit Hilfe der wieder in Schwung gebrachten Druckmaschinen İbrâhîms veröffentlicht. Der Reichsannalist Vâsıf und der Kanzleichef Râşid gehörten zu den Betreibern dieser Druckerei, von der wir nicht wissen, wo sie eingerichtet war.
Als 1795 in Hasköy am Goldenen Horn die Kaiserliche Ingenieurschule, das sogenannte Mühendishâne-i Berrî Hümâyûn, (auf die sich die heutige technische Universität zurückführt), gegründet wurde, kaufte man für 7500
Kuruş
die Ausrüstung des Râşid Efendi und ergänzte sie durch weitere Maschinen und Drucktypen aus Paris, um auch Lehrbücher in lateinischen Buchstaben veröffentlichen zu können. Die Ägypten-Expedition Napoleons im Jahre 1798 zerstörte freilich das traditionell gute Verhältnis zu Frankreich. Nach einem Sturm auf das Botschaftsgebäude der Franzosen wurde der Geschäftsträger Ruffin ins Staatsgefängnis Yedikule eingeliefert. Die vom Choiseul-Gouffier noch unter dem Ancien régime (1785) installierte Botschaftsdruckerei wurde zunächst nach Hasköy überführt, musste aber 1802 wieder an die Franzosen zurückgegeben wurden. Mit Hilfe der französischen Ausrüstung entstand im Erdgeschoss der Ingenieurschule von Hasköy eine Reihe von Büchern. Danach finden wir die Druckerei des Mühendishâne in Üsküdar. In einem zeitgenössischen Text werden die Lagequalitäten hervorgehoben.
Der Platz liegt in der wohlbehüteten Stadt Üsküdar, gegenüber dem Topkapı Sarayı, und ist als Kavaksarayı bekannt und ganz in der Nähe der Überreste der antiken Stadt Chalcedon (Kalçedonya). Der Ort sucht in Bezug auf Klima und Lage seinesgleichen. Hier war ein berühmtes Serail früherer Padischahs auf der anatolischen Seite. (Sultan Selîm III.) errichtete hier für die Ingenieurwissenschaften eine perfekte Kaserne, der ein ausgedehnter Exerzierplatz vorgelagert ist, eine Freitagsmoschee, ein Bad, Häuser und Läden und alles, was zu einer Stadtneugründung gehört. Außerdem baute er für acht- bis zehntausend Beutel
(kîse)
eine große Druckerei, um alle Arten von Büchern und Landkarten zu drucken und um die Zahl der Gelehrten aller Wissenszweige und der förmlich ausgebildeten Soldaten zu vergrößern.
Leider ist der Name der heutigen Anlagestelle «Harem» (İskelesi) die einzige Erinnerung an das Kavaksarayı, das einst ein traumhaftes
Vis-à-Vis
der Hauptresidenz der Sultane bildete. Heute ist hier ein lärmender Zwischenstopp für Busse und Lastkraftwagen aus und von Anatolien. Die1803 in Üsküdar gedruckte
Risâle
(eine Art «Katechismus») des Birgivî Mehmed Efendi, eines unbeugsamen Gottesmanns aus dem 16. Jahrhundert, ist wohl das älteste Beispiel eines religiösen Buchs, das in der islamischen Welt in den Druck gegeben wurde. Ein Autor aus der Zeit Selîms III. hält fest, dass Birgivîs
Risâle
(weitere Werke desselben folgten rasch!) in tausend Exemplaren auf Wunsch der Selîm sehr nahestehenden jüngeren Schwester Hadîce Sultan nach einer Handschrift des Serails publiziert wurde.
Die Wanderung der «Staatsdruckerei» war aber damit nicht abgeschlossen. 1823 wurde sie in dem außer Betrieb befindlichen Bad des Kaptan İbrâhîm Pascha untergebracht. Das Arrangement erwies sich als praktisch, so dass man 1831 auch die Geschäftsräume der ersten osmanischen Staatszeitung, des
Takvîm-i Vekâyi
, in einem alten Konak neben dem Hammâm einrichtete (dieses Bad wurde nach dem Erdbeben von 1894 nicht mehr aufgebaut, an seiner Stelle hat der Architekt Kemâleddîn die Schule für die reformierte Richterausbildung gegründet, die heute zur Universitätsbibliothek gehört). Nur der letzte Standort dieser staatlichen Druckerei besteht noch. Er befindet sich seit 1852
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