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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Murâd – mein Vergehen verzeih,
Meine Verbrechen vergib, und von Schuld sprich mich frei,
Bei deinem Banner der Ort meines Auferstehns sei –
    Wacht, meine Augen, vom lässigen Schlummer wacht auf!
Wachet, erwachet, viel schlafende Augen, wacht auf!
    Der Tod des Sultans wurde von dem Chronisten Peçevî in unmittelbaren Zusammenhang mit dem jetzt als «unglückselig» bezeichneten Kiosk gebracht, den ihm sein Wesir gebaut hatte:
    Medikamente und Doktoren waren nicht hilfreich. Sämtliche Medikamente, die er einnahm, sämtliche Maßnahmen, die man ergriff, führten zu nichts anderem als zu einer Verschlechterung der Krankheit. Endlich, am Sonntag, dem sechsten Tag des genannten Monats (15. Januar 1595) ließ er den Palast der Illusionen hinter sich und ging (aus dieser Welt). Gott möge ihm überreich Gnade gewähren.
    Man sagt, dass er, als sich seine Natur, die so zerbrechlich war wie Glas, verschlechterte, in den von Sinân Pascha errichteten unglücklichen Kiosk ging. Wie stets standen Sänger und Musiker in der Runde bereit. Sie wurden sonst aufgefordert, dieses Lied zu singen oder jenes Stück zu spielen. Das war jedenfalls das übliche Verfahren. Aber diesmal befahl er, bevor sich die Runde noch der Sitte gemäß niedersetzte, das Lied: «Oh Schicksal, ich bin krank, erwarte meiner diese Nacht und nimm meine Seele!» Auf diese Weise wurde seine Krankheit weithin bekannt.
    Zum selben Zeitpunkt kamen zwei Galeeren aus Alexandria, die, so wie es Brauch war, angesichts des kaiserlichen Pavillons Salutschüsse abgaben. Schon seit ziemlich langer Zeit hatten die großen Flotten, Galeonen und Barken, wenn sie an diese Stelle (also in die Nähe der Serailspitze) kamen, ihre schwersten Geschütze abgefeuert, ohne dass es den Pavillon erschütterte. Dieses Mal zerbrachen sämtliche Scheiben der Fenster, an denen sie saßen, einige (Scheiben) fielen sogar auf die Sitzbänke, auf denen sie sich niedergelassen hatten. Die Scheiben der meisten Fenster fielen heraus und ihre Scherben füllten das Innere des Pavillons. Der Padischah fragte: «Sind das die Gottesleugner oder stürzt der Pavillon ein?», und fügte hinzu: «Dieser Vorgang ist ein Hinweis darauf, dass es sich um unseren letzten Besuch in diesem Kiosk handelt.» Seine Augen waren voll der Tränen und Tränen liefen über seinen Bart.
Das Rosenhaus macht Geschichte
    In den militärisch genutzten und deshalb unzugänglichen Teilen der Serailgärten auf der Marmaraseite befand sich ein kleines Palais mit dem Namen «Rosenhaus» (Gülhâne). Es wurde wahrscheinlich von Mahmûd II. errichtet und bereits 1865 abgerissen. Obwohl es nur geringe Ausmaße hatte und nur kurze Zeit bestand, ist es für die neuere osmanische Geschichte von außerordentlicher Bedeutung. Hier wurde am 3. November 1839 vom Großwesir Abdülmecîds der sogenannte
Hatt-i şerîf
von Gülhâne verlesen. Mit diesem Edikt leitete Reşîd Pascha die als Tanzîmât-Zeit (etwa «Periode der gesetzlichen Erneuerung») genannte Reformzeit ein. Sie endete mit der Ausrufung der (kurzlebigen) Verfassung von 1876. Einige Auszüge müssen genügen, um einen Eindruck vom Geist dieses Papiers, das in durchaus islamischer Sprache allen Untertanen Rechtssicherheit nach einer «Kette von unglücklichen Ereignissen der letzten 150 Jahre» verspricht:
    Wie allgemein bekannt, wurden seit den ersten Zeiten Unseres ruhmvollen Reiches die erhabenen Bestimmungen des Koran und die gesetzlichen Vorschriftengenau beobachtet. Unsere Herrschaft nahm daher an Macht und Kraft zu und alle Untertanen gelangten zum höchsten Grade von Wohlstand und Glück. Seit 150 Jahren (also seit den Großen Türkenkriegen nach der Schlacht am Kahlen Berge von 1683) aber waren eine Kette von unglücklichen Ereignissen und verschiedene andere Umstände der Grund, dass man abließ, die erhabenen Vorschriften der Scheriat- und der (weltlichen) Kânûngesetze zu befolgen, weshalb sich die frühere Macht und der einstige Wohlstand in das Gegenteil, nämlich in Schwäche und Armut, verwandelten. Denn es ist eine feststehende Tatsache, dass ein Reich welches nicht nach gesetzlichen Vorschriften verwaltet wird, keinen Bestand haben kann …
    Somit halten Wir im vollen Vertrauen auf die Hilfe des gnädigen Schöpfers und gestützt auf den geistigen Beistand des Propheten die Schaffung einiger neuer Gesetze für wichtig und notwendig, um in Zukunft unserem ruhmvollen Reiche und seinen wohlbehüteten Ländern die Wohltaten einer guten Verwaltung zuteil

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