Istanbul
zu sparen, den Innenraum mit Erde auffüllte, in welche Goldstücke gemischt waren. So halfen nach Vollendigung des Baus die Bürger freiwillig mit, die Erde wieder wegzuschaffen, denn jeder, der ein Goldstück fand, durfte es behalten.
In Wirklichkeit wurde die Kuppel natürlich mit Gerüst gebaut. Als man dieses demontierte, flutete man die Kirche meterhoch, damit die herabstürzenden Balken das Bauwerk nicht erschütterten. Das Material für den Bau der Kirche wurde übrigens aus dem ganzen Reich zusammengetragen. So stammen z. B. die großen Hauptsäulen aus rotbrauner Brekzie aus einem Gymnasion von Ephesus.
In der Apsis befindet sich der nach Mekka ausgerichtete Mihrab , darüber ein Mosaik, das die Muttergottes mit dem Jesuskind zeigt. Links davon steht die hochbeinige Sultansloge, eine Arbeit der GebrüderFossati aus der Mitte des 19. Jh. Sie konkurriert mit dem prachtvollen Minbar rechts der Apsis, ein Geschenk Süleymans des Prächtigen. Das marmorne Podest etwas weiter war einst die Vorbetertribüne , von der der Koran gelesen wurde. Neben ihr fällt ein quadratisches Bodenmosaik aus farbigem Porphyr auf, der sog. Omphalos . Er symbolisierte im Byzantinischen Reich den „Nabel der Welt“, und man vermutet, dass genau hier die Kaiserkrönungen vollzogen wurden.
Daumen rein: An der Schwitzenden Säule
In der Nordecke „transpiriert“ die Schwitzende Säule , über die es wundersame Geschichten gibt. Angeblich saugt sie aus einer tiefer gelegenen Zisterne – nach der verschiedene Grabungen erfolglos suchten – Feuchtigkeit auf und „schwitzt“ sie wieder aus. So ist ihre Oberfläche stets feucht. Kaiser Justinian soll einst seine Stirn an die Säule gelehnt haben und so von heftigen Kopfschmerzen befreit worden sein. Das sprach sich herum. Blinde wurden zu ihr geführt und konnten wieder sehen, Gelähmte wieder laufen und so fort. Die Säule wurde zum „Heiligtum“, an das Generationen von Christen und Moslems ihre Stirn legten. Irgendwann entstand gar ein Loch in ihr. Viele Besucher bohren heutzutage unwissend mit dem Zeigefinger darin herum – das hilft nichts.
Das große, vasenförmige Gefäß aus Marmor ein paar Schritte weiter – insgesamt befinden sich zwei davon in der Hagia Sophia – ließ Sultan Murat III. (1574–1595) aus Pergamon überführen. Es ist aus einem Stück gefertigt, fasst über 1200 Liter Wasser und diente rituellen Waschungen.
Die Galerien , welche die Längsseiten des Hauptschiffs flankieren, waren für die Frauen bestimmt, die in byzantinischer Zeit den Hauptraum der Hagia Sophia nicht betreten durften. Von allen Goldgrundmosaiken (die einstige Gesamtfläche betrug 16.000 m²) sind hier die schönsten zu finden: In der Nordgalerie zählt dazu ein bestens erhaltenes Mosaik von Kaiser Alexander, welches er vermutlich selbst anbringen ließ. Es zeigt den Kaiser in seiner Kleidung, die er zur Prozession am Ostersonntag anlegte. Die vier Medaillons rings um ihn enthalten die Inschrift: „Gott, helfe deinem Diener, dem rechtgläubigen und getreuen Kaiser Alexander.“ Gott half ihm nicht: Seine Regentschaft dauerte nur 13 Monate, dann stürzte er bei einer Art Polospiel betrunken vom Pferd und starb.
In der Südgalerie findet man das berühmte Deesis-Mosaik , von dem jedoch nicht viel mehr als drei Köpfe übrig sind, diese aber in wundervoller Ausarbeitung: in der Mitte Jesus mit voller Haarpracht im Strahlenkranz, umgeben von Maria und Johannes dem Täufer. Gegenüber liegt das Grabmal Henricus Dandolos , eines Dogen, der 1204 die Kreuzfahrer maßgeblich zur Plünderung von Byzanz anstiftete.
Nahe der Apsis, an der Stirnwand der Südgalerie, fallen zudem zwei weitere prächtige Mosaike ins Auge: Das linke zeigt Christus mit dem Evangelium in der Mitte, links von ihm Konstantin IX. mit einem Geldsack, rechts von ihm Konstantins Gemahlin Zoë mit einer Schriftrolle. Die Heirat des Kaiserpaars fand 1042 statt, Zoë war zu diesem Zeitpunkt schon weit über 60 Jahre alt. Bis zu ihrem fünfzigsten Lebensjahr soll sie Jungfrau gewesen sein, dann verschliss sie Mann auf Mann, Konstantin IX. war Gemahl Nr. 3. Der Schriftzug über ihr meint dennoch: „Zoë, die allerfrömmste Augusta“. Das Mosaik daneben wird von der Jungfrau Maria mit Kind in der Mitte dominiert, links von ihr sieht man Kaiser Johannes II., rechts von ihr dessen Gattin Eirene. Es handelt sich um jenes Paar, welches das Pantokrator-Kloster stiftete.
BaumeisterSinan – ein bescheidenes Genie
Koca Mimar
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