Italien zum Verlieben (German Edition)
sein.
"Klar, ich muss nur vorher noch ein paar Sachen
erledigen. Wie wär's so um vier? Wir können die Fahrräder
nehmen, der See ist ja gleich hinter dem Hügel."
"Ja, gern."
Anna verbrachte die heißen Mittagsstunden damit,
mit ihrem Laptop unter dem schattigen Vordach eine lange Mail an
Sebastian zu schreiben, ihre eigenen E-Mails abzurufen und die
neuesten Nachrichten zu lesen. Marco hatte ihr beim Mittagessen die
Zugangsdaten für die Internetverbindung gegeben und Anna war
wirklich froh darüber, dass sie nun so bequem Kontakt mit
Sebastian halten konnte. Ihr Onkel war auch sofort damit
einverstanden und ihre Tante hatte sich nach dem Essen noch
erkundigt, ob Marco denn heute etwas aufgeschlossener sei, da er sich
ja immerhin gut mit ihr zu unterhalten schien. Maria hatte ihr dabei
verschwörerisch zugezwinkert und Anna hatte wieder einmal
gemerkt, was für eine liebenswerte Person sie doch war.
Anna hörte eine Weile den Vögeln zu, die von
den Ästen der Eiche aus emsig dabei waren, Nahrung zu suchen und
zu jagen. Dann begann sie mit ihrer Nachricht an Sebastian. Sie
erzählte ihm, wie herzlich sie hier aufgenommen wurde, wie
wunderschön die Landschaft war, wie gut das Essen und wie
wunderbar der Wein. Sie vermied es, über Marco zu schreiben. Als
ihr das auffiel, überlegte sie, ob es vielleicht doch nicht so
klug gewesen war, mit Marco schwimmen gehen zu wollen.
Eigentlich wollte sie ja nur seine harte Schale knacken
und ihm zeigen, dass es keinen Grund dafür gab, ihr gegenüber
so verschlossen und mürrisch zu sein. Doch an diesem Vormittag
hatte sie ihn schon ein wenig kennengelernt und er schien netter zu
sein, als sie dachte. Wäre Sebastian wohl eifersüchtig?
Anna versuchte sich ihren Freund in dieser Situation vorzustellen.
Nein, eifersüchtig hatte sie ihn wirklich noch nie erlebt, er
vertraute ihr. Und es gab ja auch eigentlich keinen Grund, denn sie
hatte ja nicht vor, Marco anzubaggern, sondern lediglich mit ihm ein
wenig Freizeit zu verbringen, so wie mit einem Freund eben. Na ja,
also einem Bekannten. Und sonst hatte Anna ja noch keine Leute in
ihrem Alter kennengelernt. Und verlieben würde sich Marco ja
wohl kaum in sie, immerhin hatte er sie ja gestern noch, warum auch
immer, scheinbar aus tiefstem Herzen gehasst. Und jemand, der so
gutaussehend war wie Marco hatte ja auch sicher schon eine Freundin,
der er doch bestimmt nicht untreu werden würde.
Als Anna um vier Uhr ums Haus herum ging, war Marco
bereits dabei, zwei Fahrräder aus dem Schuppen zu holen. Anna
hatte sich einfach nur eine kurze Jeans und eine locker
zusammengeknotete, weiße Bluse über ihren roten Bikini
gezogen. Dazu trug sie flache, weiße Sandalen. Sie wusste, dass
es am See genug Stege gab, auf denen man sich in der Sonne trocknen
lassen konnte. Sie sah, dass auch Marco nichts bei sich hatte. Er
trug eine schwarze Bade-Bermuda mit zwei breiten hellblauen Streifen
an der Seite und darüber ein schlichtes weißes T-Shirt.
"Du hast ja gar keine Badetasche dabei",
begrüßte sie Marco verwundert.
"Nein, wieso auch, ich trockne doch auch ohne
Handtuch", gab Anna zurück.
"Und Sonnencreme und solche Sachen?"
"Eingecremt bin ich schon und bevor ich verbrenne,
geh' ich eben in den Schatten. Was ist mit dir?"
"Na, ich trockne doch auch ohne Handtuch",
grinste er und schob ihr eines der Räder hin.
Gleich neben dem Schuppen begann der Feldweg, den die
beiden nahmen. Er führte durch eine leichte Senke zwischen dem
Olivenhain und einem der Weinberge hindurch hinauf zum südlichen
Ortsrand von Vaiano, wo er auf der anderen Seite der Straße
wieder hinab zum See verlief. Hier gab es auch noch vereinzelte
Weinberge, doch größtenteils grüne Wiesen und
hellbraune Felder, die zum Teil von Büschen und Sträuchern
begrenzt wurden. Hier und da strahlte ein Sonnenblumenfeld in der
Sonne. In der Ferne sah Anna wie bei ihrer Ankunft hier die Berge bei
Montepulciano. Die Luft war erfüllt vom eifrigen Zirpen der
Grillen und Zwitschern der Vögel und roch nach würzigem
Heu. Der Kies knirschte angenehm unter ihren Reifen. Anna hatte ein
schlichtes Damenrad mit Achtzehn-Gang-Schaltung bekommen, das sich
recht gut fahren lies. Kurz bevor sie ans Ufer kamen, teilte sich der
Weg und Marco fuhr nach links weiter. Wenig später bog er rechts
in einen kleinen Trampelpfad ein, der quer durch eine ungemähte
Wiese führte und an einem kleinen Holzsteg endete. Dort stellten
sie die Räder ab. Links und rechts des Stegs säumten
Weitere Kostenlose Bücher