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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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geliebte Gemahlin in den Gewändern des geliebten Mädchens erblickte; da überlief erst sein männliches Antlitz eine Röte, dann machte sich aus seinem ritterlichen Herzen ein heißer Seufzer Luft, und er unterbrach sie mit den Worten: »Gnädige Frau, ich bitte Euch, verzeiht mir! Ich schwöre Euch bei meiner Seelen Seligkeit, was ich getan, geschah nicht, um Euch zu beschimpfen, da ich Euch mehr als alles in der Welt liebhabe, sondern bloß, weil ich der Gewalt der Liebe nicht widerstehen konnte, die kein Gesetz achtet und jeden Sterblichen bindet, wenn es ihr gefällt, sei er auch noch so stolz und mutvoll. Und ich habe es diesmal zu meinem schweren Schaden und Strafe erfahren; da ich nicht mit strengem Zügel meine Sinnlichkeit zu lenken und die Liebesglut zurückzudrängen vermochte, habe ich mich so weit verleiten lassen, und ich bin so sehr gefangen, daß, wenn Ihr mir jetzt den Genuß des geliebten Mädchens versagt, ich klar einsehe, daß Ihr mich bald werdet grausam und jämmerlich umkommen sehen.«
    Da faßte die Herzogin Mitleid mit dem Liebesleiden ihres Gemahls, und sie sagte: »Wenn es mir auch schwerer ankommt als irgend etwas auf dieser Welt, Euch hierin nachzugeben, mein einziger Gebieter, so glüht doch mein Herz so sehr von dem Verlangen, Euch immer und überall Euern Wunsch zu erfüllen, und überdies ist mir Euer Leben viel teurer als das meinige, und darum bin ich zufrieden, daß Ihr vollständig Eure Wünsche erreicht.«
    Mit diesen Worten ging sie hinweg und kehrte zu dem Mädchen zurück, das ihre anfängliche Angst noch nicht verlassen hatte. Sie ließ sie ihre eigenen Kleider wieder anziehen, und als sie so geschmückt und aufgeputzt war, nahm sie sie an der Hand und sagte: »Komm mit mir, mein Kind, fürchte dich nicht!«
    So brachte sie sie zu ihrem Gemahl mit den Worten: »Hier, mein teurer Gebieter, ist das Mädchen, das Ihr so sehnlich wünscht. Ich bin es zufrieden, daß Ihr die Lust und den Liebesgenuß mit ihr habt, die Euch gefällt; denn ich will weder Euern Tod noch Eure Betrübnis, sondern Euer Leben und Eure Freude, und dies wird auch mir auf immer zur ununterbrochenen Wonne gereichen.«
    Nach diesen Worten kehrte sie sich um, verließ das Zimmer und schloß die Tür. Der Fürst erkannte aus diesem Benehmen das vortreffliche Gemüt seiner Gemahlin und ihre liebreiche Gesinnung gegen ihn, ebenso aber seinen ungeheuern Fehler. Indem er daher als ein sehr kluger und verständiger Fürst die Hoheit dieser Tugend in Erwägung zog, mäßigte er mit dem rechten Zügel die Glut seiner Gedanken. Er rief deshalb sogleich die Herzogin herein und sprach zu ihr folgendermaßen: »Gnädige Frau, Eure kluge und gegen mein ungerechtes Begehren so nachsichtsvolle Rede in Verbindung mit Eurer unglaublichen Tugend haben mir den Geist und all mein Sinnen und Trachten mit so festem Liebesband an Euch gefesselt, daß dasselbe nie mehr durch die Hand einer andern Frau wird gelöst werden können. Gott verhüte demnach, daß ich die eheliche Treue, deren Krone Ihr so würdig traget, je verletze! Ich bitte jedoch demütig um Vergebung jedes von mir begangenen Fehltritts.«
    Nach diesen Worten schwieg er, und darauf wurde nach einigen liebevollen Gesprächen über diese Sache das Mädchen schön gekleidet und beschenkt ihren Eltern zurückgestellt. So löste sich die Verwicklung auf edle Weise, die Gesinnung des Fürsten war gebessert, und er lebte nach diesem Vorfall in Lust und Freude mit seiner Gemahlin und in gutem Vernehmen mit dem geliebten Mädchen, die aus dieser Veranlassung reich verheiratet wurde.

Bei Sonnenlicht kann man besser sehen
    Es ist noch nicht viele Jahre her, daß ein mit mir verwandter Jüngling namens Fabio, der Sohn des Herrn Enrico di Mezivillani, der in jenen Zeiten, wie man hört, ein außerordentlich geachteter und sehr tapferer Ritter war, sich in eine schöne junge Frau verliebte, die Lukrezia hieß, die Gattin eines Mailänder Kaufmanns, eines Mannes, der mehr alt als jung zu nennen war und aus Sancta Lucia nach Bologna zu wohnen kam; er hieß Ambrosino da Bertano. Durch seine großen Bemühungen und sein Drängen hatte Fabio ihre Liebe gewonnen und befand sich oft mit ihr nach Belieben zusammen, und besonders dann, wenn der Mann fort war oder früh in seinen Geschäften ausging, was oft vorkam, oder wenn er sich damit beschäftigte, Verzeichnisse seiner Waren aufzustellen, die nicht klein waren, besonders im Winter. Nun geschah es, daß Ambrosino eines Morgens

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