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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Während also das Mädchen auf einem ganz geheimen Weg hereingebracht werden sollte, wurde sie mit ihren Begleitern festgehalten und alle in ihr Zimmer vor sie geführt, die dann mit Worten, die zu solcher Veranlassung schicklich schienen, ihr auf so eindringliche Weise ihr Vergehen vorstellte, daß nicht minder Scham als Furcht sie alle erfaßte; doch entschuldigten sich die Unterhändler, da sie es nicht getan hätten, um ihrer Durchlaucht etwas zuleide zu tun noch auch aus Begierde nach Ehre oder aus Gewinnsucht, sondern einzig und allein, um den gemessenen Befehlen des Herrn Herzogs zu gehorchen, der sich in Liebe zu dem Mädchen verzehre. Die durchlauchtige Herzogin schickte sie aus dem Zimmer und befahl ihnen bei Strafe ihrer Ungnade, nicht ohne ihre Erlaubnis wegzugehen, bis sie ihnen ihren Willen anders kundgebe; dem Mädchen aber befahl sie mit scharfen, drohenden Worten, sich unverzüglich zu entkleiden. Sie zitterte nicht anders als ein Blatt im Winde, benetzte immerfort ihr schönes Gesicht mit Tränen der Scham und entkleidete sich so aus Angst vor einer Züchtigung oder Marter. Die Herzogin zog sich auch ihre reichen Gewänder ab und legte die des beängstigten Mädchens an, hängte einen Schleier über den Kopf bis über die Augen herab, rief sodann, als sie schon die Tracht des Mädchens anhatte, eine ihr treu ergebene Kammerfrau zu sich und sagte zu ihr: »Mache, daß du mich, ohne mich weiter zu nennen, ohne Licht aus diesem Zimmer führst, daß man die Verwechslung nicht merkt! Dann sage zu denen, die draußen warten, wie im Auftrag von mir: ›Die gnädige Frau befiehlt, ihr sollt das Mädchen zum Herzog bringen, wie er es haben will, in aller Stille und ohne Zögerung.‹«
    Die treue Kammerfrau war nicht wenig erstaunt und wußte nicht, was das heißen solle, trat aber aus dem Gemach, ihre Gebieterin an der Hand führend, und übergab sie statt des Mädchens jenen Leuten mit den ihr aufgegebenen Worten. Diesen schwanden damit die verschiedenen Besorgnisse, welche die Drohungen der klugen Herzogin in ihnen erweckt hatten, und sie führten sie an das herzogliche Gemach des Fürsten, pochten dort an die Tür, und als diese aufging, hießen sie sie hineingehen und entfernten sich. Die weise Herzogin tat etwas fremd und stand wie verschämt mit gesenktem Haupt und mit zur Erde gehefteten Blicken da, trat dann etwa drei Schritte vor, ohne ein Wort zu sprechen, und fiel an der linken Seite des Herrn auf die Knie, welcher seine zwei Lieblingskämmerer hinausschickte, dann heiter auf sie zuging und in der, Meinung, es sei seine Geliebte, also sprach: »Schönes Mädchen, wie mein Leben Teure, sei mir tausend- und abertausendmal willkommen!«
    So stand er ein Weilchen vor ihr, berührte sodann mit der rechten Hand das schöne Mädchen und mit der linken ihren glänzenden Nacken und konnte sich nicht ersättigen, indem er dem Liebesgott dankte, ihre Purpurlippen zu küssen. Darauf suchte er, da er glühte und die Kunst wohl verstand, ihr mit den Fingern durch den Ausschnitt der Gewänder am Hals die elfenbeinerne Brust zu berühren, und sprach dazu immer Worte, die das Eis in Flammen setzen mußten. Als er endlich die andern ersehnten Teile berühren wollte, schien es der weisen Herzogin, sie dürfe ihren teuern Gemahl nicht weiter gehen lassen; sie zog also den weißen Schleier hinweg, der ihre schönen Augen verhüllte, und sagte ganz sanft folgende Worte zu ihm: »Ei, mein Gebieter, wo ist Eure Tugend, wo Euer Verstand? Ist das die eheliche Treue, die Ihr mir schuldig seid, die ich Euch ohne Maß liebe? Ist das die Gattenpflicht, die Ihr beobachten müßt, nachdem Ihr von mir so viele würdige Söhne erhalten, die der Glanz nicht nur Italiens, sondern der ganzen Welt sind? Ist dies das gute Beispiel und der Ruf, den Ihr hinterlassen sollt? In der Tat, ich habe mich sehr in Euch getäuscht. Wer hätte je gedacht, daß ein großes Herz wie das Eure, das nie Mühsal gescheut noch Furcht gekannt, sich von einem gemeinen Mädchen fangen lasse! Weh mir Armen, daß ich sehen mußte, was ich nie geglaubt habe! Ist dies der Lohn der Treue, die ich gegen Euch gehegt und gegen Euch zu hegen gedenke, solange ich lebe? Ach, das war nicht nur ein Schlag des Geschicks, es ist der Untergang all meiner Hoffnung!«
    Sie wollte noch anderes beifügen; der Herzog aber hatte die Täuschung bemerkt und sah, daß alles offenbar geworden war, was er für geheim gehalten hatte, da er seine von ihm mehr als sein eigenes Leben

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