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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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sehen, wohin sie dich führen, und was sie dann mit dir anfangen.«
    Während sie so zusammen sprachen, kam der Abend heran; die Brüder erschienen und stellten sich, als wenn sie den Gläubiger und die Kasse befriedigt hätten. Da erhob sich der Notar von seinem Sitze mit den Schlüsseln des Gefängnisses und sprach hinein: »Wer von euch ist der Matteo ?«
    Der Dicke trat vor und sagte: »Ich bin es, mein Herr!« Der Notar betrachtete ihn aufmerksam und sagte: »Diese deine Brüder haben deine Schuld für dich bezahlt; du bist demnach frei.«
    Darauf öffnete er das Tor des Gefängnisses und sprach: »Geh deines Weges!«
    Der Dicke trat heraus, und da es schon sehr dunkel war, machte er sich mit jenen auf den Weg nach ihrer Wohnung bei Santa Felicita, wo man nach San Giorgio hinaufgeht. Als sie dort angekommen waren, führten sie ihn in ein Zimmer zu ebener Erde und sagten zu ihm: »Verweile hier, bis es Essenszeit ist!«
    Sie taten, als wollten sie ihn der Mutter nicht unter die Augen bringen, um sie nicht zu betrüben. Nicht weit vom Feuer war ein kleines Tischchen bereitet. Einer der Brüder blieb bei ihm am Kamin sitzen; der andere ging zum. Pfarrer von Santa Felicita, ihrem Seelsorger, der eine ehrliche Haut war. Zu diesem sagte er: »Lieber Herr, ich komme zu Euch mit dem Vertrauen, wie es ein Nachbar zum andern haben soll. Ihr müßt wissen, daß wir drei Brüder sind, und darunter ist einer, welcher Matteo heißt. Dieser wurde gestern wegen einiger Schulden, die er gemacht, im Handelsgericht verhaftet und hat sich nun die Gefangenschaft so zu Herzen gezogen, daß es uns vorkommt, er sei fast nicht mehr richtig im Kopfe; indes scheint er nur in einem einzigen Punkte zu wanken, in allen andern ist er noch ganz der alte Matteo; die schwache Seite ist nämlich die, daß er sich in den Kopf gesetzt hat, er sei ein anderer geworden, als Matteo. Habt Ihr je eine so tolle Geschichte gehört? Er sagt geradezu, er sei ein gewisser dicker Tischler, welcher seine Bude hinter San Giovanni hat und bei Santa Maria del Fiore wohnt. Das können wir ihm durchaus nicht aus dem Kopf bringen. Wir haben ihn daher aus dem Gefängnis befreit, nach Hause geführt und in eine besondere Stube gebracht, damit seine Narrheiten nicht weiter unter die Leute kommen; denn Ihr wißt wohl, wer einmal aus diesem Horn geblasen hat, der wird, wenn er auch aufs beste zu seinem Verstande zurückkehrt, doch immer gefoppt. Und wenn es unsere Mutter bemerkte, ehe er wieder zur Besinnung kommt, könnten allerlei Unannehmlichkeiten daraus entstehen. Die Frauen lassen sich gar leicht erschrecken; sie ist alt und kränklich. Und darum, um es kurz zu machen, wollen wir Euch bitten, aus Erbarmen mit nach unserm Hause zu kommen, damit Ihr mit ihm sprecht und versucht, ihm seine Einbildungen aus dem Sinne zu bringen. Wir würden Euch zeitlebens dafür dankbar sein.«
    Der Priester war ein dienstfertiger Mann und erbot sich daher zu allem. Er sagte, wenn er mit ihm spreche, so werde er der Sache bald auf den Grund sehen; er wolle ihm schon so lange und so eindringlich zureden, daß er wohl hoffe, ihm die Sache aus dem Kopf zu treiben. Er machte sich gleich mit jenem auf den Weg nach dem Hause, und als sie vor das Zimmer kamen, wo sich der Dicke befand, trat der Priester hinein, und der Dicke, der in seine Gedanken vertieft dasaß, stand auf, sobald er ihn erblickte. Der Priester sagte zu ihm: »Guten Abend, Matteo!«
    »Guten Abend und gute Zeit!« erwiderte der Dicke. »Was führt Euch zu mir?«
    Darauf entgegnete der Priester: »Ich bin gekommen, um ein wenig bei dir zu bleiben.«
    Sodann setzte er sich nieder und sagte zu dem Dicken: »Setze dich hier neben mich: ich will dir dann sagen, was mein Begehr ist.«
    Der Dicke, um nicht zu widersprechen, setzte sich zu ihm hin, und der Priester fing an, ihm folgende Ermahnung zu halten: »Die Ursache, weshalb ich hierher gekommen bin, Matteo, ist, weil ich eine Sache vernommen habe, die mir ernstlich Kummer macht. Wie ich nämlich gehört habe, bist du dieser Tage schuldenhalber auf dem Handelsgerichte verhaftet gewesen, und wie es scheint, hast du dir dies so zu Herzen gezogen, daß du nahe daran bist, den Verstand zu verlieren. Unter andern Torheiten, die du, wie ich höre, begangen hast und noch begehst, sollst du auch behaupten, daß du nicht mehr Matteo seiest und durchaus ein anderer sein willst, ein Holzarbeiter, den man den Dicken heißt. Du bist sehr zu tadeln, daß du um einer kleinen Widerwärtigkeit

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