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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Gefahr? War es nicht genug, daß Ihr aus meinen Briefen erfahren habt, wie ich mich mit Hilfe des Bruders Lorenzo totstellen wollte, um dann in kurzem bei Euch zu sein?
    Da merkte der unglückselige Jüngling seinen großen Irrtum und rief: O mein betrübtes Los! O unseliger Romeo, des Schmerz allen andern Liebesschmerz übertrifft! Ich habe Eure Briefe hierüber nicht erhalten.
    Weiter erzählte er ihr, wie Pietro ihren verstellten Tod ihm als wahr gemeldet. In der Meinung, sie sei gestorben, habe er, um ihr im Tode Gesellschaft zu leisten, neben ihr Gift genommen, welches sehr scharf sei, so daß er schon den Tod sich durch alle Glieder rinnen fühle.
    Als das unglückselige junge Weib solches hörte, ward sie vom Schmerz so übermannt, daß sie sich nicht anders zu helfen wußte, als daß sie ihre schönen Locken ausraufte und ihre unschuldige Brust zerschlug. Den Romeo, der schon rücklings hingesunken war, küßte sie häufig, und sie übergoß ihn mit einem Meer von Tränen. Blässer als Asche und ganz zitternd sprach sie: Also müßt Ihr in meiner Gegenwart und durch meine Schuld sterben, mein Herr? Und wird der Himmel zugeben, daß ich nach Euch, wenn auch nur kurz, lebe? Ich Unglückliche! Könnt' ich wenigstens Euch mein Leben schenken und allein sterben!
    Darauf antwortete Romeo mit matter Stimme: Wenn Euch meine Treue und meine Liebe je teuer war, meine lebende Hoffnung, so beschwöre ich Euch dabei, daß Ihr Euch nach mir das Leben nicht mißfallen lasset, wäre es auch nur, um wenigstens das Gedächtnis dessen zu erhalten, der von Eurer Liebe ergriffen um Euretwillen vor Euren schönen Augen hinstirbt.
    Die Frau antwortete: Wenn Ihr um meines verstellten Todes willen sterbt, was soll ich tun um Eures nicht verstellten willen? Es schmerzt mich allein, daß ich nicht jetzt hier in Eurer Gegenwart ein Mittel zu sterben sehe, und ich bin mir selber verhaßt, daß ich so lange lebe; aber ich hoffe, es wird nicht lange dauern, bis ich, wie ich die Veranlassung Eures Todes geworden bin, so auch seine Teilhaberin werde.
    Mit Mühe hatte sie diese Worte ausgesprochen, als sie wie tot zurücksank. Wieder zu sich gekommen, bemühte sich die Unglückliche, mit ihrem schönen Munde die letzten Atemzüge ihres teuren Liebhabers aufzufassen, der mit schnellen Schritten seinem Ende entgegeneilte.
    Unterdessen hatte Bruder Lorenzo gehört, wie und wann die junge Frau das Pulver eingenommen, und daß sie als tot beigesetzt worden war. Da er demnach wußte, daß der Zeitpunkt gekommen war, wo die Wirkung dieses Pulvers zu Ende ging, nahm er einen vertrauten Genossen zu sich und kam, vielleicht eine Stunde vor Tag, an die Gruft. Als er dort anlangte und sie weinen und jammern hörte, auch durch die Spalte des Deckels schauend ein Licht drinnen erblickte, verwunderte er sich sehr und meinte, die Frau müsse auf irgendeine Weise die Leuchte mit sich hineingenommen haben, und nun, da sie erwacht sei, werde sie aus Angst vor einem Toten, oder vielleicht aus Besorgnis, immer an diesem Orte eingeschlossen zu bleiben, sich grämen und so weinen. Mit Hilfe seines Begleiters öffnete er schnell das Begräbnis, erblickte Giulietta, die mit zerrauften Haaren und vom Schmerz verstört dasaß und ihren halbtoten Geliebten auf den Schoß genommen hatte, und sagte zu ihr: Also fürchtetest du, meine Tochter, ich lasse dich hier umkommen? Als sie den Mönch erblickte, verdoppelte sie ihre Klage und sagte: Nein, vielmehr fürchte ich, Ihr möchtet mich mit dem Leben von hinnen führen. Um Gottes Barmherzigkeit willen, verschließt das Grab und geht von hinnen und laßt mich hier sterben; oder reicht mir ein Messer, daß ich es in meine Brust stoßen und mich so von allem Jammer befreie! O mein Vater, mein Vater! Ihr habt meinen Brief gut überliefert! Ich werde schön vermählt werden! Ihr werdet mich schön zu Romeo geleiten! Seht ihn hier tot in meinem Schoß!
    Sie erzählte ihm den ganzen Hergang und zeigte ihm Romeo. Als Bruder Lorenzo solches hörte, war er wie wahnsinnig. Er sah den Jüngling an, der im Begriff war, ins andere Leben zu wandern, rief ihn unter vielen Tränen beim Namen und sprach: O Romeo, welcher Unstern hat mir dich geraubt? Sprich auch ein wenig mit mir! Erhebe zu mir noch ein wenig deine Augen! O Romeo, sieh deine innig geliebte Giulietta, die dich bittet, dich anzuschauen! Warum antwortest du nicht wenigstens ihr, in deren schönem Schoße du liegst?
    Bei dem teuren Namen seiner Gattin erhob Romeo etwas seine

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