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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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matten, vom nahen Tode sehr beschwerten Augen und schloß sie wieder, nachdem er sie gesehen. Bald darauf, als der Tod ihm durch alle Glieder fuhr, krümmte er sich lang, stieß einen kurzen Seufzer aus und verschied.
    Als der unglückliche Liebhaber auf die beschriebene Weise gestorben war, sagte der Mönch nach heftigem Weinen, als schon der Tag anbrach, zu der Frau: Und du, Giulietta, was willst du beginnen?
    Rasch entschlossen antwortete sie: Hier will ich sterben. Wie, meine Tochter? sagte er; sprich nicht also! Komm heraus! Wenn ich auch jetzt noch nicht weiß, was ich mit dir anfangen soll, so bleibt dir doch immer offen, dich in einem frommen Kloster zu verschließen und daselbst immer Gott für dich und deinen verstorbenen Gemahl zu bitten, wenn er es nötig hat.
    Die Frau aber antwortete: Mein Vater, ich verlange nicht mehr von Euch, als die eine Güte, die Ihr in Erinnerung an die Liebe, die Ihr zu dem Seligen hier (dabei wies sie auf Romeo) getragen habt, mir nicht verweigern werdet, nämlich daß Ihr unsern Tod nie bekanntmacht, damit unsere Leichname immer in diesem Grabe beisammenbleiben können; und wenn je unser Tod bekannt würde, so bitte ich Euch um jener Eurer Liebe zu Romeo willen, daß Ihr in unser beider Namen unsern unglücklichen Vater bittet, denen, die die Liebe in dem gleichen Feuer verzehrt und zum gleichen Tode geführt hat, nicht zu erschweren, in einem und demselben Grabe zu liegen.
    Damit wandte sie sich zu dem neben ihr liegenden Leichnam Romeos, dessen Haupt sie auf ein Kopfkissen gelegt hatte, das man mit ihr in der Gruft gelassen, drückte ihm die Augen zu, badete sein kaltes Angesicht mit Tränen und sprach: Was soll ich ohne dich ferner am Leben tun, mein Gebieter? Was bleibt mir sonst nach dir zu erreichen übrig, als daß ich dir im Tode folge? Gewiß nichts, damit von dir, von dem nur der Tod mich trennen konnte, der Tod selbst mich nicht ewig trenne.
    Nachdem sie dies gesagt, stellte sie sich ihr großes Unglück recht lebhaft vor die Seele, gedachte an den Verlust ihres teuren Geliebten, faßte den festen Entschluß, nicht länger zu leben, hielt lange den Atem an sich, und als sie ihn nicht mehr halten konnte, strömte sie ihn aus mit einem heftigen Schrei und fiel über den Leichnam tot hin. Als Bruder Lorenzo merkte, daß die Frau tot war, machte ihn das Mitleid ganz betreten, und er wußte sich nicht zu raten. Ihn und seinen Begleiter faßte der Schmerz im Innersten, und sie beweinten herzlich die gestorbenen Liebenden.
    Da kamen auf einmal die Leute des Bürgermeisters dazu, welche einen Dieb verfolgten. Sie fanden beide weinend an der Gruft, in der sie Licht erblickten, und eilten fast alle herzu. Sie nahmen die Mönche in ihre Mitte und sprachen: Was macht ihr hier, ehrwürdige Herren, um diese Stunde? Übt ihr nicht eine Missetat aus an diesem Grabe?
    Als Bruder Lorenzo die Häscher hörte und erkannte, hätte er tot umsinken mögen. Er sprach aber zu ihnen: Komme mir keiner zu nahe! Ich bin nicht euer Dienstmann. Wollt ihr etwas, so verlangt es von ferne! Da sagte ihr Führer zu ihm: Wir wollen wissen, weshalb ihr die Gruft der Cappelletti also eröffnet habt, wo erst vorgestern ein Fräulein aus der Familie beigesetzt worden ist. Wenn ich nicht Euch, Bruder Lorenzo, als einen wohlgesinnten Mann kennte, so würde ich sagen, Ihr seid hierhergekommen, um die Toten zu plündern. Die Mönche löschten das Licht und antworteten: Was wir tun, das sollst du nicht wissen, denn es geht dich nichts an.
    Jener versetzte: Allerdings, aber ich werde es dem Fürsten anzeigen.
    Bruder Lorenzo, den die Verzweiflung ruhig machte, entgegnete hierauf: Sag es immerhin!
    Damit schloß er das Begräbnis mit seinem Begleiter und ging in die Kirche. Der Tag war fast schon ganz hell, als die Mönche sich von den Häschern losmachten. Daher überbrachte einer der letzteren alsbald einem der Cappelletti die Nachricht, was mit diesen Mönchen vorgefallen sei; diese wußten vielleicht wohl auch, daß der Bruder Lorenzo mit Romeo befreundet war, und wandten sich daher schnell an den Fürsten mit der Bitte, er möge, wenn es nicht anders gehe, durch Gewalt aus dem Mönch herauszubringen suchen, was er in ihrem Begräbnis zu suchen habe. Der Fürst stellte Wachen aus, daß der Mönch nicht entweichen konnte, und schickte nach ihm. Er wurde gewaltsam vor ihn geführt, und der Fürst fragte ihn: Was suchtet Ihr diesen Morgen in dem Grabe der Cappelletti? Sagt es uns, denn wir wollen es durchaus

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