Italienische Novellen, Band 1
lassen und ihnen sodann zu wissen zu tun, sie seien bereit, ihre Wünsche zu befriedigen, sooft die Sache auf geheime Weise geschehen könne, ohne daß es jemand wisse, und sooft er sich getraue, um eine Zeit, wo ihr Mann ausgegangen sei, in ihr Haus zu kommen, natürlich nur bei Nacht, da bei Tag, ohne Gefahr der Entdeckung, dies nicht möglich wäre. Dagegen hatten die scharfsichtigen und gescheiten Frauen mit ihren Dienerinnen, die vollständig ins Vertrauen gezogen waren, die Abrede getroffen, durch den Garten eine in der andern Haus zu kommen und daselbst, in die Schlafzimmer verschlossen, ohne Licht ihre Gatten zu erwarten, sich aber unter keiner Bedingung sehen zu lassen oder zu erkennen zu geben. Nachdem diese Abrede getroffen und festgelegt war, ließ Madonna Luzia zuerst ihrem Geliebten sagen, er solle in der nächsten Nacht um vier Uhr durch die Haustür nach dem Kai, die er offen finden werde, ins Haus treten; dort werde eine Dienerin bereit stehen, um ihn in ihr Zimmer zu führen, da Messer Girolamo am Abend in der Barke nach Padua abfahren werde; sollte indes diese Reise nicht zustande kommen, so wolle sie ihn davon in Kenntnis setzen. Das gleiche ließ Madonna Isotta Messer Girolamo sagen und bestimmte ihm als Zeit fünf Uhr, weil er alsdann bequem eintreten könne, indem Messer Anselmo heute abend mit ein paar Freunden speise und in Murano übernachte. Die beiden Verliebten sahen sich auf diese Nachrichten für die beglücktesten Menschen an, als dürften sie die Sarazenen aus Jerusalem jagen oder dem Großtürken das Kaisertum von Konstantinopel entreißen und den Helm ihres Feindes mit einem besondern Schmucke krönen. Sie wußten sich vor übergroßer Wonne gar nicht zu lassen, und vor Sehnsucht nach der Nacht schien ihnen jede Stunde des Tages eine Ewigkeit.
Als der von allen so ersehnte Abend endlich genaht war, redeten die vergnügten Ehemänner ihren Frauen ein, oder glaubten wenigstens ihnen eingeredet zu haben, wichtige Angelegenheiten verhinderten sie, diese Nacht im Hause zuzubringen. Die schlauen Frauen, die ihr Schifflein gut im Gange sahen, taten, als glaubten sie alles. Die jungen Männer nahmen jeder seine Barke oder, wie es bei uns heißt, Gondel, fuhren, nachdem sie in einem Gasthause zu Nacht gespeist, in den Kanälen der Stadt spazieren und erwarteten die festgesetzte Stunde. Um drei Uhr kamen die Frauen im Garten zusammen und begaben sich, nachdem sie viel gescherzt und gelacht hatten, eine jede in der andern Haus, wo sie von den Dienerinnen in das Schlafgemach geführt wurden. Dort nahm jede bei brennendem Lichte das ganze Zimmer, seine Lage und alles, was darin war, genau in Augenschein und prägte sich aufs sorgfältigste alles Merkwürdige ins Gedächtnis. Darauf aber löschten sie das Licht aus und sahen mit Zittern und Zagen der Ankunft ihrer Männer entgegen. Punkt vier Uhr stand Madonna Luzias Dienerin an der Tür und erwartete die Ankunft Messer Anselmos. Er war nicht säumig, zu kommen, und ward von der Dienerin froh hineingeführt, an die Schlafkammer geleitet, hineingebracht und an das Bett gestellt. Hier war alles dunkel, wie in einem Wolfsrachen, und daher war keine Gefahr, daß er seine Gattin erkenne. Die beiden Frauen waren überdies an Größe und Sprache sich so ähnlich, daß man sie in dieser Dunkelheit nur äußerst schwer unterscheiden konnte. Der gute Anselmo entkleidete sich und wurde von der Frau liebevoll empfangen. In der Meinung, Girolamos Gattin zu umarmen, nahm er aber seine eigene Frau in die Arme, küßte sie tausendmal auf das zärtlichste und wurde ebensooft von ihr hold wiedergeküßt. Sodann machte er sich an den Genuß der Liebe, und sie spielten mehrere Partien im Minnespiel, wobei immer die Frau verlor, zu Anselmos großem Vergnügen.
Girolamo erschien ebenso um die fünfte Nachtstunde, wurde von der Zofe in die Schlafkammer geführt und schlief bei seiner eigenen Gattin, zu viel größerer Befriedigung seiner selbst als seiner Frau. In der Meinung, ihre Geliebten im Arme zu haben, taten die beiden jungen Männer auch, um als frische und rüstige Ritter zu erscheinen, viel besser ihre Schuldigkeit als gewöhnlich und wohnten ihren Frauen mit so herzlicher Neigung und Liebe bei, daß nach dem Willen des Höchsten, wie die Geburt seiner Zeit erwies, die Frauen jede ein sehr schönes Knäblein empfingen, worüber sie, da sie bisher noch keine Kinder gehabt, beide sehr vergnügt und glücklich waren.
Der geheime Umgang währte eine geraume
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