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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Zeit, und es verging selten eine Woche, wo sie nicht eine Nacht zusammengekommen wären. Dessenungeachtet erkannten die Betrogenen ihre Täuschung nicht und schöpften nicht den mindesten Verdacht und konnten auch um so weniger Argwohn schöpfen, als nie ein Licht in die Schlafkammer gebracht wurde und die Frauen bei Tag jede Zusammenkunft verweigerten. Ihre Schwangerschaft schritt mittlerweile bedeutend vor, und die Männer empfanden ungemeines Ergötzen daran, indem sie vollkommen überzeugt waren, jeder dem andern den Hörnerschmuck auf den Helm gesteckt zu haben. Und doch hatten sie nur ihren eigenen, nicht den fremden Acker gepflügt und ihre rechtmäßige Besitzung begossen.
    Als sich nun die treuen schönen Freundinnen in diesem verwirrten Liebeshandel schwanger geworden sahen, was ihnen früher noch nie begegnet war, fingen sie an, unter sich zu überlegen, auf welche Art und Weise sie sich von diesem Unternehmen losmachen könnten, befürchtend, es möchte irgendein Ärgernis entstehen, welches Veranlassung werden könnte, die Feindschaft zwischen ihren Männern noch zu vergrößern. Während sie so dachten, ereignete sich etwas, was ihnen aus der Verlegenheit half und den Verkehr abbrach, wenn auch nicht auf eine Art, wie sie es wünschten.
    An demselben Strome oder Kanale, nicht weit von ihren Häusern, wohnte nämlich eine sehr schöne artige junge Frau, die, noch nicht ganz zwanzig Jahre alt, kurz zuvor Witwe geworden war durch den Tod ihres Gatten Messer Niccolo Delfino, die Tochter Messer Giovanni Moros; sie hieß Gismonda. Diese besaß außer ihrer väterlichen, auf mehr als zehntausend Zechinen sich belaufenden Mitgift eine schöne Summe Geldes, viele Edelsteine, Silbergeräte und andere Kostbarkeiten, die ihr ihr Mann als Morgengabe zum Geschenk gemacht hatte. Aloise Foscari, er Neffe des Herzogs, hatte sich heftig in sie verliebt und gab sich alle Mühe, ihre Hand zu erwerben. Er liebäugelte mit ihr daher den ganzen Tag und betrieb das Unternehmen durch fortwährende Botschaften und Freiwerbungen so ernstlich, daß sie sich dazu verstanden einer Nacht an einem Fenster ihres Hauses, das auf ein kleines Gäßchen hinausging, ihn anhören zu wollen. Äußerst erfreut über eine so ersehnte Nachricht, kam Aloise, als die Nacht kam, gegen fünf oder sechs Uhr mit einer Strickleiter (denn das Fenster war sehr hoch) ganz allein dahin. Dort angelangt machte er das aufgegebene Zeichen und wartete nach der Verabredung, bis seine Geliebte den Bindfaden herabließ, um die Strickleiter emporzuziehen, was auch bald geschah. Nachdem er die Leiter an dem Bindfaden festgeknüpft hatte, sah er sie in kurzem emporziehen. Sobald Gismonda das Ende der Leiter in der Hand hatte, befestigte sie es irgendwo und machte dann dem Liebhaber ein Zeichen, emporzusteigen. Von der Liebe kühn gemacht, stieg er keck die Stufen hinan und hatte fast schon das Fenster erreicht, als er, aus übermäßiger Begierde, hineinzuspringen und die Geliebte zu umarmen, oder aus was immer für einem Grunde rückwärts hinunterfiel. Zwei- oder dreimal versuchte er, sich wieder an der Leiter anzuklammern, aber es gelang ihm nicht. Doch half es ihm so viel, daß er die Gewalt des Falles brach und nicht so heftig auf das Backsteinpflaster stürzte; wäre dies geschehen, so wäre er ohne allen Zweifel des Todes gewesen. Nichtsdestoweniger stürzte er mit solcher Heftigkeit herab, daß es ihm fast alle Glieder zerschlug und eine tiefe Wunde im Kopfe beibrachte. Hielt sich nun gleich der unglückliche Liebhaber infolge dieses elenden Falles für eine Beute des Todes, so blieb doch seine heiße und echte Liebe für die junge Witwe stärker und mächtiger in ihm als der übergroße Schmerz von der heftigen Erschütterung und die Ermattung seines fast ganz lahmen, zerschlagenen Körpers. Er raffte sich daher auf, so gut es möglich war, hielt sich den Kopf schnell mit beiden Händen fest, um das Blut nicht hier ausströmen zu lassen, wo es seine Geliebte hätte verdächtigen können, und schleppte sich bis auf den Steinweg vor den Häusern der früher genannten Feinde Anselmo und Girolamo. Mit größter Anstrengung seiner Kräfte war er soweit gekommen; nun aber vermochte er nicht mehr weiterzugehen; von unsäglichem Schmerz gepackt, konnte er nicht mehr: er sank ohnmächtig wie tot zu Boden, das Blut stürzte aus der Wunde am Kopf, und er lag ausgestreckt auf der Erde, so daß, wer ihn gesehen hätte, ihn ganz und gar für tot hätte halten müssen.

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