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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Madonna Gismonda, äußerst betrübt über diesen schweren Unglücksfall und sehr fürchtend, der arme Liebhaber möchte den Hals gebrochen haben, tröstete sich wieder einigermaßen, als sie ihn weggehen sah, und zog die Strickleiter in ihr Zimmer herauf.
    Doch kehren wir zu dem unseligen Liebhaber zurück! Kaum war er halbtot und ohnmächtig niedergesunken, als einer der bei Nacht wachehabenden Hauptleute mit seinen Häschern herankam, ihn liegen sah, als Aloise Foscari erkannte und als einen Toten in die nächste Kirche schaffen hieß, was sogleich geschah. In Anbetracht des Ortes aber, wo er ihn gefunden hatte, vermutete er, Girolamo Bembo oder Anselmo Barbadigo, vor deren Häusern der Mord begangen zu sein schien, seien die Täter. Er glaubte dies um so mehr, weil er ein leises Geräusch von Fußtritten an einer von ihren Türen gehört zu haben meinte. Er teilte daher seine Begleitung, schickte einen Teil rechts, den andern links und bemühte sich so gut als möglich, die Häuser zu umstellen. Der Zufall wollte, daß er wegen der Fahrlässigkeit der Mägde beide Haustüren offen fand. Es waren nämlich in jener Nacht die beiden Verliebten wieder jeder in das Haus des andern gegangen, um bei ihren Frauen zu schlafen. Die Frauen aber, als sie das Trappen und den Lärm der Schergen im Hause hörten, sprangen plötzlich aus den Betten, nahmen ihre Kleider auf den Rücken und schlichen durch den Garten, von niemand gesehen, in ihre Häuser, wo sie zitternd abwarteten, was hieraus werden solle. Girolamo und Anselmo wußten nicht, was der Lärm bedeute, und während sie in der Dunkelheit sich beeilten, sich anzukleiden, wurden sie von den Häschern der Nachtwache verhaftet, und so fiel Girolamo in Anselmos, Anselmo in Girolamos Schlafzimmer in die Hände der Gerechtigkeit. Der Hauptmann und die Häscher verwunderten sich darüber nicht wenig, da alle die zwischen beiden herrschende Feindschaft wohl kannten. Als man aber viele Lichter anzündete und die beiden Edelleute aus dem Hause führte, war ihr eigenes Erstaunen noch viel größer, als sie sahen, wie einer in des andern Hause fast nackt festgenommen war. Bei diesem Erstaunen wuchs auch ihr Unwille gar sehr, wie jeder sich bei sich einbilden und vorstellen mag. Über alle Begriffe aber waren sie erbittert auf ihre so unschuldigen Frauen, und einander selbst warfen sie sich die grimmigsten Blicke zu. Sie wurden nun weggeführt und stießen bereits den Kopf an die Kerkerwand, noch ehe sie die Ursache ihrer Gefangenschaft erfuhren. Als sie hernach erfuhren, daß sie als Mörder Aloise Foscaris festgenommen seien, waren sie, obgleich weder Mörder noch Diebe, darüber sehr betrübt, daß nun, wie sie wohl sahen, ganz Venedig erfahren werde, daß sie, deren Todfeindschaft so ziemlich allbekannt war, in einem Punkte Genossen geworden waren, wo eine Genossenschaft überhaupt nicht hätte eintreten sollen. Und obgleich sie es nicht über sich gewannen, miteinander zu sprechen, da sie sich aufs tödlichste haßten, so waren doch beider Gedanken auf denselben Punkt gerichtet. Am Ende aber siegte die Fülle des bittersten Grolls gegen ihre Weiber und die Dunkelheit des Orts, wo kein Lichtstrahl eindringen konnte, was ihnen zum guten Teil ihre Verlegenheit nahm, und sie kamen, ich weiß selbst nicht wie, in ein Gespräch miteinander und gaben sich mit erschrecklichen Eiden das Wort, sich die Wahrheit zu offenbaren, wie es komme, daß sie beide einer in des andern Schlafkammer gefangengenommen worden seien, worauf denn jeder freimütig erzählte, wie er es angefangen habe, um in den Besitz der Gattin seines Nachbars zu gelangen. Sie offenbarten sich in dieser Beziehung alles mit den kleinsten Umständen. Sonach mußten sie ihre Frauen für zwei der schamlosesten Buhlerinnen in Venedig halten, und diesen zum Trotz vergaßen sie ihre alte eingewurzelte Feindschaft, söhnten sich miteinander aus und wurden Freunde. Sie meinten die Blicke der Menschen nun nicht mehr ertragen zu können und mit verhüllter Stirn durch die Stadt gehen zu müssen; das verstimmte sie denn dermaßen, daß sie den Tod dem Leben weit vorgezogen hätten. Da ihren empfindlichen Kummer auch nicht der mindeste Trostgrund linderte und sie gar keinen Ersatz dafür wußten, ergaben sie sich beiderseits einer unbegrenzten Verzweiflung, bis sie endlich den einzigen Weg gefunden zu haben meinten, auf einen Schlag von allem Kummer, aller Schmach und dem Leben selbst befreit zu werden. Sie beschlossen nämlich,

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