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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Dank gesagt, den ich aussprechen kann. Da du dich freiwillig erbietest, mich mit Augen sehen zu lassen, was ich mir nie hätte einbilden können, so ersuche ich dich bei der Menschenliebe, die dich bewogen hat, mich von dieser Sache in Kenntnis zu setzen, deinen Freund unbefangen zu begleiten, und ich verpfände dir mein Wort als königlicher Ritter, daß ich weder dir noch deinem Freund Schaden zufügen und deine Mitteilung überhaupt geheimhalten werde, damit dein Freund die Früchte dieser seiner Liebe ungestört genieße. Ich hätte von Anfang an mehr auf meiner Hut sein und die Augen recht auftun sollen, um die ganze Sache gründlich zu durchschauen.«
    Zuletzt sprach der Jüngling zu Timbreo: »Begebt Euch also, mein Herr, heute nacht um drei Uhr an das Haus des Herrn Lionato und stellt Euch in den verfallenen Gebäuden, die dem Garten des Herrn Lionato gegenüber liegen, auf die Lauer!«
    Nach diesen Ruinen sah die eine Fassade von Messer Lionatos Palast, worin sich ein alter Saal befand, an dessen bei Tag und bei Nacht offenstehenden Fenstern sich Fenicia zuweilen zeigte, weil sie von hier aus den schönen Garten besser überschauen konnte. Aber Messer Lionato wohnte auf der andern Seite; denn der Palast war alt und sehr groß, so daß er für den Hof eines Fürsten Raum gehabt hätte, wie viel mehr denn für das Gesinde eines Edelmanns. Nach getroffener Abrede beurlaubte sich der tückische junge Mann, begab sich wieder zu dem treulosen Girondo und erzählte ihm alles, was er mit Herrn Timbreo Cardona verabredet hatte. Hierüber freute sich Herr Girondo unmäßig, denn er sah seinen Anschlag aufs schönste gelingen.
    Zur verabredeten Stunde kleidete der Verräter Girondo einen seiner Diener, den er schon von seiner Rolle unterrichtet hatte, in vornehme Gewänder und durchbalsamte ihn mit den lieblichsten Wohlgerüchen. Der durchduftete Diener schloß sich nun an den Jüngling an, der mit Herrn Timbreo gesprochen hatte, und ein anderer folgte ihnen mit einer Leiter auf der Schulter.
    Wer vermöchte nun wohl den Seelenzustand des Herrn Timbreo treu zu schildern und die vielen und mannigfaltigen Gedanken, die ihm den ganzen Tag durch den Kopf gingen! Ich meinesteils bin überzeugt, daß ich mich vergeblich damit abmühen würde. Von dem Schleier der Eifersucht umnebelt, enthielt sich der leichtgläubige arme Ritter den Tag über aller oder doch fast aller Speise; und wer ihm ins Angesicht geschaut hätte, würde ihn eher für tot als für lebendig gehalten haben. Schon eine halbe Stunde vor der festgesetzten Zeit verbarg er sich in dem alten Gemäuer dergestalt, daß er alles ganz gut sehen konnte, was in dessen Nähe vorging, obgleich es ihm unmöglich schien, daß sich Fenicia einem andern preisgegeben haben könne. Er sagte sich freilich, die Mädchen seien veränderlich, leichtfertig, unbeständig, empfindlich und lüstern nach allem Neuen; und indem er sie so bald verdammte, bald entschuldigte, hatte er auf jede Bewegung acht.
    Die Nacht war nicht sehr finster, aber äußerst still. Siehe, da vernahm er allmählich das Geräusch der Füße der Kommenden, er vernahm auch hin und wieder ein halbes Wörtchen. Gleich darauf sah er auch die drei Männer vorübergehen und unterschied darunter ganz deutlich den Jüngling, der ihn am Morgen gewarnt hatte; die zwei andern aber vermochte er nicht zu erkennen. Als die drei an ihm vorbeigingen, hörte er den Duftenden, der sich als den Liebhaber gekleidet hatte, zu dem Leiterträger sagen: »Stelle die Leiter nur behutsam ans Fenster, daß du keinen Lärm machst! Als wir das letztemal hier waren, sagte mir mein Fräulein Fenicia, du habest sie zu laut angerückt. Mache alles geschickt und ruhig!«
    Diese Worte, die Timbreo deutlich vernahm, gingen ihm wie ebensoviel scharfe Speerstiche ins Herz. Obgleich er allein war und keine andern Waffen trug als seinen Degen, während die Vorübergehenden außer den Degen zwei Lanzen bei sich trugen und vielleicht auch gewaffnet waren, so war doch die Eifersucht, die sein Herz verzehrte, so gewaltig, und der Unwille, der ihn ergriffen hatte, so groß, daß er nahe daran war, sein Versteck zu verlassen und in einem leidenschaftlichen Angriff auf die Vorübergehenden den vermeinten Buhlen Fenicias zu ermorden oder selbst den Tod davonzutragen, um auf einmal alle die Leiden zu beenden, die er zur überschwenglichen Qual elendiglich duldete. Weil er sich aber des gegebenen Versprechens entsann, schien es ihm der schändlichste

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