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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Schlafzimmer ihres Vaters zu gehen; und so von seinen Gedanken bestürmt und gequält, wußte er nirgend Ruhe zu finden. Auch dem Herrn Girondo, dem bei der Nachricht von Fenicias Tod das Gewissen sagte, daß er ihr Henker und Mörder sei, wollte das Herz im Übermaße des Schmerzes zerspringen, teils weil er sie in der Tat heftig geliebt, teils weil er die wahre Veranlassung zu so traurigem Ereignisse gegeben hatte. Mehr als einmal war er in dieser Verzweiflung nahe daran, sich den Dolch in die Brust zu bohren. Er konnte nicht essen noch schlafen; wie ein Besessener, Betörter ging er umher, fuhr dann plötzlich wie aus dem Traume empor und konnte nicht Ruhe noch Rast finden. Am siebenten Tage nach der Bestattung Fenicias glaubte er endlich nicht länger leben zu können, wenn er dem Timbreo die Schandtat nicht entdeckte, die er begangen hatte. Er begab sich also gegen die Mittagsstunde nach dem Palaste des Königs und begegnete dem Herrn Timbreo, der eben vom Hofe weg nach Hause ging. Herr Girondo redete ihn also an: »Herr Timbreo, wenn es Euch nicht beschwerlich ist, so erzeigt mir den Gefallen, mit mir zu kommen!«
    Dieser, der den Herrn Girondo als seinen Waffenbruder liebte, begleitete ihn, über dies und jenes sprechend, und nach wenigen Schritten kamen sie zu der Kirche, in der Fenicias Grab befindlich war. Daselbst verbot am Eingange Herr Girondo seinen Dienern, ihm weiter in die Kirche zu folgen, und ersuchte Herrn Timbreo, auch die seinigen zurückzulassen. Dieser gab sogleich dazu Befehl, und nun gingen beide zusammen allein in die Kirche, in der niemand, war, und Herr Girondo führte seinen Begleiter nach Fenicias Grabkapelle. Als sie darin waren, kniete Herr Girondo vor der Gruft nieder, zog einen Dolch, den er an seiner Seite trug, und gab ihn entblößt Herrn Timbreo in die Hand, der voller Verwunderung erwartete, was daraus werden solle, und noch gar nicht wahrgenommen hatte, vor wessen Grab sein Begleiter niedergekniet war. Daraufsprach Herr Girondo weinend und schluchzend solchergestalt zu Herrn Timbreo: »Großherziger, edler Ritter, ich habe dich zwar nach meinem Dafürhalten tödlich beleidigt, aber ich bin nicht hierher gekommen, um dich um Vergebung zu bitten, da mein Verbrechen der Art ist, daß es keine Vergebung verdient; wenn du aber deiner Ehre würdig handeln, eine ritterliche Tat vollbringen, ein Gott und der Welt wohlgefälliges Werk verrichten willst, so stoß den Dolch, den du in der Hand hast, in diese ruchlose, verbrecherische Brust und bring der geweihten Asche der unschuldigen und unglücklichen Fenicia mein lasterhaftes, verabscheuungswürdiges Blut zum Opfer: denn in diesem Gewölbe ward sie vor wenigen Tagen begraben, und ich allein war der boshafte Urheber ihres frühen unverschuldeten Todes. Und bist du mitleidiger gegen mich als ich selbst und versagst mir diese Bitte, so werde ich selbst mit eigener Hand Rache an mir vollziehen und meinem Leben ein Ende machen. Sofern du aber noch der edle großherzige Ritter bist, der du immer gewesen, der nie den leisesten Schatten eines Fleckens auf seiner Ehre duldete, so wirst du für dich und zugleich für die unglückliche Fenicia die gebührende Rache nehmen.«
    Als der Herr Timbreo hörte, daß der Leichnam der schönen Fenicia hier versenkt sei, und die Worte des Herrn Girondo vernahm, geriet er außer sich und wußte nicht, was er von der Sache zu denken habe. Von unbekannten Gefühlen ergriffen, hub er bitterlich zu weinen an und bat den Herrn Girondo, aufzustehen und ihm den Zusammenhang zu erklären. Zugleich schleuderte er den Dolch weit von sich. Herr Girondo verstand sich endlich dazu, sich von den Knieen zu erheben, und erwiderte unter häufigen Tränen folgendes: »Du mußt wissen, Herr, daß Fenicia auf das feurigste und zwar in so hohem Grade von mir geliebt wurde, daß, wenn ich hundert Menschenalter litte, ich nie Hilfe noch Trost zu finden hoffe, weil meine Liebe dem unseligen Mädchen den bittersten Tod bereitet hat. Denn als ich die Gewißheit erlangt hatte, von ihr nie einen freundlichen Blick noch den geringsten Wink, der mit meinen Wünschen übereinstimmte, zu erhalten, da ich hörte, daß sie dir zur Gemahlin beschieden sei, ließ ich mich von meinem zügellosen Verlangen genugsam verblenden, mir einzubilden, wenn ich nur Mittel und Wege auffände, ihre Verbindung mit dir rückgängig zu machen, so würde sie ihr Vater auf meine Bewerbung leichten Kaufs mir selber zugestehen. Meine inbrünstige Liebe wußte

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