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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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keinen andern Rat, und ohne also etwas weiteres zu bedenken, erfand ich den verwegensten Anschlag von der Welt und ließ dich betrügerischerweise in jener Nacht in einem meiner Diener einen in ihr Haus einsteigenden Liebhaber sehen. Ebenso war auch derjenige, der zu dir kam und dir anzeigte, daß Fenicia ihre Liebe einem Dritten zugewandt habe, durchaus von mir unterrichtet und bestochen, dir jene Nachricht zu bringen. Dies vermochte dich am folgenden Tage, Fenicia zu verschmähen. Die Unglückliche grämte sich darüber zu Tode, und hier ist ihr Grab. Ich war ihr Mörder, ihr Henker, ihr grausamer Würger, und für diese Unbill gegen dich und gegen sie beschwöre ich dich mit gekreuzten Armen... (Hier warf er sich von neuem vor ihm auf die Knie), die meiner Schandtat würdige Rache an mir zu nehmen; denn das Bewußtsein, so viele Greuel veranlaßt zu haben, macht mir das Leben zur unerträglichsten Last.«
    Als Herr Timbreo diese Worte vernahm, weinte er bitterlich; doch sah er wohl ein, daß der begangene Fehler nicht ungeschehen zu machen sei, da Fenicia tot sei und niemand sie ins Leben zurückrufen könne. Er beschloß darum, sich an Girondo nicht zu vergreifen, sondern ihm alle seine Schuld zu verzeihen und nur daran zu denken, wie Fenicias Ruf wiederherzustellen und ihre Ehre von den Flecken zu reinigen sei, die sie so ungerechterweise betroffen hatten. Er bat also Girondo aufzustehen und sprach zu ihm nach vielen heißen Seufzern und bittern Tränen also: »Wie viel besser wäre es für mich, mein Bruder, wenn ich nie geboren oder doch taub zur Welt gekommen wäre, daß ich so Schreckliches, Herzzerreißendes nie gehört hätte; denn nun kann ich nie wieder froh werden, weil ich mir sagen muß, daß meine Leichtgläubigkeit diejenige ermordet hat, deren Liebe, deren seltene Tugenden und bewundernswürdige Gaben wohl einen andern Lohn von mir verdient hätten als Schimpf, Verleumdung und frühzeitigen Tod. Gott, gegen dessen Willen sich kein Blatt auf dem Baume regt, hat es freilich also zugelassen, und da vergangene Dinge leichter zu tadeln als besserzumachen sind, so will ich keine weitere Rache an dir nehmen; denn wenn ich so Freund über Freund verlöre, so hieße das nur Schmerz auf Schmerz häufen, und bei alledem würde ja doch Fenicias seliger Geist nicht in ihren engelkeuschen Körper zurückkehren, der seinen Lauf vollendet hat. Nur über eines will ich dich tadeln, damit du nicht wieder in einen ähnlichen Fehler verfällst, und das ist, daß du mir nicht deine Liebe entdeckt hast, da du wußtest, daß ich in sie verliebt war und nichts von dir wußte; denn statt sie von ihrem Vater zu begehren, wäre ich in diesem Liebesunternehmen dir gerne gewichen, und wie großherzige und edle Geister tun, hätte ich mich selbst überwunden und eher auf unsere Freundschaft als auf meine Begierde gehört; vielleicht auch hättest du, nachdem du meine Gründe vernommen, von dem Unternehmen Abstand genommen, und es wäre nicht das entsetzliche Ereignis daraus entsprungen wie jetzt. Doch jetzt ist es geschehen, und nichts auf der Welt kann es ungeschehen machen. Darum wünsche ich, daß du mir den Gefallen erzeigtest, zu tun, was ich dir sagen werde.«
    »Befiehl mir, mein Gebieter«, sagte der Herr Girondo, »ich werde dir ganz ohne Ausnahme Folge leisten.«
    »Ich wünsche«, fuhr Herr Timbreo fort, »daß wir es unsere erste Sorge sein ließen, Fenicia, die wir so ungerecht gelästert haben, ihre Ehre und ihren unbescholtenen Ruf wiederzugeben, zuerst bei ihren trostlosen Verwandten und dann bei allen Messinern; denn da das Gerücht verbreitet hat, was ich ihr sagen ließ, so könnte leicht die ganze Stadt glauben, sie sei eine feile Dirne. Täten wir dies nicht, so müßte ich ewig ihren erzürnten Schatten vor mir zu sehen glauben, der zu Gott wider mich um Rache riefe.«
    Girondo antwortete ihm alsbald und immer unter Tränen: »Du hast zu befehlen, mein Gebieter,–ich gehorche. Erst war ich dir durch Freundschaft verbunden, jetzt bin ich es durch die Unbilden, die ich dir zugefügt habe, und da du als allzu großmütiger und edler Ritter mir treulosem, gemeinem Manne so hochherzig verziehen hast, bleibe ich ewig dein Diener und Sklave.«
    Nach diesem Gespräche knieten beide bitterlich weinend vor dem Grabe nieder und baten Fenicia und Gott mit demütig gekreuzten Armen um Verzeihung, der eine für die begangene Schandtat, der andere für die allzu große Leichtgläubigkeit. Sodann trockneten sie sich die

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