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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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wurde.«
    Und also erklärten ihn allesamt für einen Verrückten und verabredeten, ihn miteinander zu besuchen.
    Bucciuolo wußte von alledem nichts und kam zur Schule, um dem Meister auch seine neuesten Erlebnisse mitzuteilen. Dort angelangt, erfuhr er denn, daß der Meister verrückt geworden sei. Bucciuolo erstaunte und betrübte sich darob gar sehr und begleitete die andern nach dem Hause des Meisters. Da begann er aber sich über die Maßen zu verwundern, ja er sank fast in Ohnmacht, als er erkannte, wie es um die Sache beschaffen sei. Damit aber niemand etwas merke, ging er mit den andern hinein. Im Saale angelangt, sah er den Meister ganz erschöpft und gefesselt am Feuer im Bett liegen. Die Studenten drückten dem Meister alle ihr Beileid aus und erklärten ihm, wie sehr sie sein Unglück bedauerten. Als aber die Reihe an Bucciuolo kam, sagte er zu ihm: »Lieber Meister, Ihr tut mir leid wie mein Vater, und wenn ich Euch in irgend etwas gefällig sein kann, so gebietet über mich wie über einen Sohn!«
    Der Meister antwortete und sprach: »Bucciuolo, Bucciuolo, lauf mit Gott von dannen! Du hast auf meine Kosten studiert.«
    Die Frau fügte hinzu: »Achtet nicht auf seine Worte, denn er faselt und weiß selber nicht, was er spricht.« Bucciuolo aber ging hinweg, suchte Pietro Paolo auf und sagte: »Lieber Bruder, gehab dich wohl! Ich habe nun so viel gelernt, daß mir der Appetit vergangen ist.« Darauf reiste er ab und kam glücklich nach Rom.

Das Hemd der Glücklichen
    In Neapel war eine edle Dame, Frau Corsina genannt, aus Capovana gebürtig, und einem vornehmen Ritter vermählt, namens Ramondo del Balzo. Nach Gottes Willen geschah es aber, daß sie Witwe ward und ein einziger Sohn ihr verblieb, Carlo geheißen, der in Sprechen und Tun auffallend seinem Vater Messer Ramondo glich, weshalb ihn die Mutter zärtlich liebte und ihn nach Bologna schicken wollte, da zu studieren und ein tüchtiger Mann zu werden, was sie auch tat. Die Mutter gab ihm einen Lehrer bei, versah ihn mit Büchern und allem, was er bedurfte, und schickte ihn in Gottes Namen nach Bologna, wo sie ihn manche Jahre auf ihre Kosten hielt und mit allem Nötigen ausstattete. Der Jüngling studierte auch dort mit vielem Erfolge und ward in kurzer Zeit ein tüchtiger Gelehrter; und fast alle andern Studierenden Bolognas wollten ihm wohl seiner guten Eigenschaften und des schönen und anständigen Lebens wegen, das er führte. Nun geschah es, daß dieser Jüngling, als er sich ausgebildet und die Würde eines Lizentiaten der Rechte erlangt hatte, eben nach Neapel zurückzukehren gedachte, als er einer tödlichen Krankheit verfiel. Alle Ärzte Bolognas bemühten sich um seine Heilung und Rettung, wußten aber den Weg dazu nicht zu finden. Da nun Carlo sah, daß ihm nicht zu helfen sei, sprach er zu sich selber: »Ich traure und betrübe mich nicht so sehr um mich als um meine trostlose Mutter, die alles an mich gewandt hat, was sie besaß, in der Erwartung, daß ich sie dereinst dafür entschädigen würde: ohne Zweifel hoffte sie, ich würde die Stütze ihres Alters sein und die Ehre unseres Hauses aufrechtzuerhalten wissen. Wenn sie nun hört, daß ich gestorben sei und sie mich nicht einmal habe wiedersehen können, das wird ihr gewiß ein tausendfacher Tod sein.« So nahm er sich seine Mutter mehr zu Herzen als sein Sterben. Indem er nun diesen Gedanken nachhing, glaubte er ein Mittel gefunden zu haben, daß sich seine Mutter über seinen Tod nicht betrübe, und schrieb ihr einen Brief dieses Inhalts: »Liebe Mutter, ich bitte Euch, mir doch ein Hemd zu schicken, das von der Hand der muntersten, kummerfreisten und schönsten Frau in ganz Neapel genäht sei.«
    Diesen Brief erhielt die Mutter, die sich, sobald sie ihn gelesen hatte, sogleich aufmachte, Erkundigungen einzuziehen, wo sie eine Dame, die von allem Kummer frei sei, in kurzer Zeit fände: das letzte schien das Schwierigste, da sie doch voll Eifer war, ihrem Sohn zu dienen. Nun suchte sie so lange, bis sie eine Dame fand, die ihr schön und heiterer schien, als sie sich eine zu finden getraute. Demgemäß begab sich Frau Corsina zutraulich in das Haus dieser jungen Frau, die sie sehr freundlich empfing und sie tausendmal willkommen hieß. Da sprach Frau Corsina zu ihr: »Ihr erratet wohl nicht, warum ich zu Euch komme. Aus keinem andern Grunde, als weil ich bei mir erwogen habe, daß Ihr die heiterste Frau in ganz Neapel seid und meines Erachtens am wenigsten mit Kummer und

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