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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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sonst, trat er in sein Gemach, rief sie zu sich und sprach: »Was hast du?«
    Dabei wollte er sie umarmen. Die Frau aber sagte: »Du brauchst mir keine solche Liebkosungen zu machen; ich weiß wohl, daß du in Venedig deine alten Buhlschaften wieder aufgesucht hast.«
    Herr Giannetto begann sich zu entschuldigen; die Frau aber fuhr fort: »Wo ist der Ring, den ich dir gab?«
    Herr Giannetto antwortete: »Da haben wir's nun, wie ich mir vorstellte. Ich sagte doch gleich, du werdest Böses dabei denken. Aber ich schwöre dir bei meinem heiligen Glauben und bei meiner Treue zu dir, daß ich den Ring jenem Richter gegeben habe, der mich den Prozeß gewinnen machte.«
    Die Frau aber sagte: »Und ich schwöre dir bei meinem heiligen Glauben und bei meiner Treue zu dir, daß du ihn einem Weibe gegeben hast; ich weiß es gewiß, und doch scheust du dich nicht, so zu schwören.«
    Herr Giannetto fügte hinzu: »Ich flehe zu Gott, mich augenblicklich von dieser Welt zu vernichten, wenn ich dir nicht die Wahrheit sage, ja, daß ich es schon dem Richter gesagt habe, als er mich darum gebeten.«
    Die Frau sagte: »Du hättest ja noch dort bleiben und Herrn Ansaldo allein hierher schicken können, derweil du dich mit deinen Liebschaften ergötztest; denn ich höre, sie haben alle geweint, als du weggingst.«
    Da hub Herr Giannetto an zu weinen, war in schwerer Not und sprach: »Du tust einen Eid auf etwas, was nicht wahr ist und nicht wahr sein kann.«
    Als aber die Frau ihn weinen sah, war es ihr, als bekäme sie einen Messerstich in das Herz, stürzte plötzlich in seine Arme und fing an, laut aufzulachen. Sie zeigte ihm den Ring und sagte ihm alles, wie er mit dem Richter gesprochen habe, und daß sie der Richter gewesen sei, und auf welche Weise er ihr den Ring gegeben habe. Darüber war Herr Giannetto aufs äußerste verwundert, und da er dennoch die Wahrheit ihrer Rede erkannte, fing er an, über die Maßen fröhlich zu werden. Er trat aus dem Gemach und erzählte es einigen seiner Barone und Gefährten. Und die Liebe zwischen ihnen beiden wuchs und mehrte sich auch dadurch. Hernach rief Herr Giannetto die Kammerfrau zu sich, die ihm an jenem Abend die Weisung gegeben hatte, nicht zu trinken, und gab sie dem Herrn Ansaldo zur Frau. So blieben sie lange Zeit in Glück und Fröhlichkeit bis an ihr Ende.

Der listige Freier
    In der Provence lebte noch vor nicht langer Zeit ein Edelmann, der Besitzer verschiedener Burgen, mit Namen Carsivalo, ein Mann von großem Verstand und Tüchtigkeit und sehr geehrt und geliebt von den andern Herren und Baronen des Landes; denn er stammte ursprünglich aus dem edeln Blute des Hauses Balzo in der Provence. Carsivalo hatte eine Tochter, namens Lisetta, welche die schönste und edelste Gestalt war, die man dazumal in der ganzen Provence finden konnte. Viele Herren, Grafen und Barone erbaten sich ihre Hand, junge, rüstige und schöne Männer; der besagte Carsivalo aber entgegnete allen mit Nein, und keiner von ihnen war ihm recht zum Eidam.
    Nun war in dem Lande ein Graf, welcher das ganze Venisi besaß, worin viele Städte und Burgen liegen; er hieß der Graf Aldobrandino, war über siebzig Jahre alt, hatte weder Frau noch Kinder, war aber so reich, daß sein Reichtum gar keinen Boden hatte. Dieser Graf Aldobrandino, als er von der Schönheit der Tochter Carsivalos hörte, verliebte sich in sie und hätte sie gerne zur Frau genommen; er schämte sich aber, sie zu begehren, da er so alt war und wußte, wie viele wackere junge Leute sie zur Frau begehrt haben, ohne daß sie einem zuteil geworden wäre. Und doch nagte an ihm beständig der Wunsch, sie zu besitzen, und er wußte doch die Sache nicht anzugreifen. Als er nun eines Tages ein Fest gab, geschah es zufällig, daß Carsivalo als sein Freund und Diener dieses Fest mit seiner Gegenwart beehrte. Der Graf nahm ihn aufs ehrenvollste auf und schenkte ihm Pferde, Vögel und Hunde und noch viele andere Dinge. Der Graf beschloß nun, ihn im Vertrauen um seine Tochter anzugehen, und tat es auch.
    Als sie eines Tages miteinander allein im Zimmer waren, begann der Graf freundlich folgendermaßen: »Mein lieber Carsivalo, ich will dir meine Gesinnung sagen, ohne langen Prolog und Vorrede, denn ich denke, bei dir kann ich alles sagen. Freilich aus einem Gründe muß ich mich dabei schämen, aber aus keinem andern, wiewohl der Lauch unter dem Boden auch dick und alt wird und dennoch den Stengel in die Höhe streckt und fortwährend grünt. Ich will

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