Italienische Novellen, Band 2
Carlo nach wie vor seinen Dienst versehen und wieder in des Herzogs Gunst zurückgekehrt sah, war ganz toll vor Ingrimm und Bosheit und konnte es nicht ertragen, von ihrem Gemahl so sehr, wie sie meinte, mißachtet zu werden. Überwältigt von dem an ihr nagenden unerträglichen Ärger, der ihr keine Stunde mehr Ruhe ließ, brachte sie eines Nachts im Bette bei dem Herzog wieder die Rede auf Carlo und sagte: »Es würde Euch fürwahr ganz recht geschehen, mein Gemahl, wenn er Euch vergiftete, da Ihr Eurem tödlichsten Feinde mehr vertraut als der, die Euch hebt. Wißt Ihr nicht mehr, was ich Euch von dem Buben Carlo gesagt habe?«
Der Herzog erwiderte ihr darauffolgendes: »Meine teure Gattin, macht Euch darüber keine Gedanken! Ich versichere Euch, daß Carlo auf das härteste bestraft werden soll, sobald ich gefunden habe, daß er schuldig ist. Vorderhand aber haben mich die untrüglichsten Beweise von seiner Unschuld überzeugt. Was hätte ich auch mit ihm tun können, da kein sicherer Beweis vorlag und niemand gegen ihn zeugte? Es könnte ja sein, daß er manchmal ein Wort im Scherz zu Euch sprach, das Ihr ihm, eifersüchtig auf Euern Ruf und Eure Ehre, im entgegengesetzten Sinne deutetet. Indesssen fürchtet nicht: er soll seiner Strafe nicht entgehen, wofern er sie verdient. Er kann unmöglich diese Stadt verlassen, ohne daß ich es erfahre; denn ich habe ihm so viele Kundschafter zur Seite gegeben, daß er keinen Schritt tun kann, ohne daß ich davon unterrichtet werde.«
Die nichtswürdige Herzogin, die keinen andern Wunsch kannte, als Carlo zu verderben, und die ihm so unversöhnlich grollte, daß sie, um Carlo beide Augen verlieren zu sehen, gern eines der ihrigen aufgeopfert hätte, gab dem Herzog zur Antwort: »Bei meiner Treue, teurer Herr, Eure allzu große Güte macht die Schlechtigkeit dieses Sünders um so abscheulicher, je mehr Vertrauen Ihr in ihn setzt. Verlangt Ihr bei Gott noch größere Beweise der Schuld bei einem solchen Menschen, als die Euch sein bisher geführtes Leben selbst gibt? Der listige Bube wußte sich zu halten, daß nie jemand eine Handlung an ihm bemerken konnte, die ihn in irgendeine Frau oder ein Fräulein dieses Hofes verliebt gezeigt hätte. Ich muß notwendig glauben, und ich wünsche, daß Ihr auch des Glaubens wäret, mein teurer Herr, daß er ohne das hohe Unternehmen, mein Diener zu sein, das er sich albernerweise in den Kopf gesetzt hat, sich unmöglich so lange enthalten habe, hier oder anderswo Liebe zu suchen und diese seine Liebe so lange zu verbergen. Wann sah man in so guter Gesellschaft einen Mann, der ein so einsames, liebeloses Leben führte wie er? Er tut dies aber deswegen, weil er in seiner törichten Einbildung sein Herz auf hohe Minne gestellt zu haben meint; er weidete sich an dieser albernen, eiteln Hoffnung und dachte mich glauben zu machen, er sei ein treu ergebener Liebhaber und widme mir allein seine ganze Neigung. Aber wenn er irgend Einsicht hat, muß er einsehen, daß er falsch berechnet hat. Habt Ihr nun, mein Gemahl, so festes Vertrauen zu ihm, und haltet Ihr dafür, daß er Euch die Geheimnisse seines Herzens nicht verbergen darf, so nötigt ihn mit einem teuern Schwüre, Euch zu sagen, ob er liebt, und wer die Frau ist, die er liebt. Im Fall er eine Geliebte hat, bin ich einverstanden, daß Ihr ihm glaubt; wenn er aber nicht liebt, so seid versichert, daß ich Euch die Wahrheit gesagt habe!«
Dem Herzoge leuchteten die Gründe seiner Frau für diese Handlungsweise ein, und so rief er, als er sich eines Tages auf der Jagd befand, Carlo zu sich, entfernte sich mit ihm an einen Ort, wo sie von niemand gesehen werden konnten, und der Herzog sprach zu Carlo: »Carlo, meine Gemahlin beharrt auf ihrer Meinung in bezug auf dich und hat mir dafür einige nicht unwahrscheinliche Gründe angeführt, die mich fast geneigt machen, das Üble zu glauben, was sie mir dieser Tage von dir gesagt hat. Ich bitte dich also gegenwärtig als meinen Freund und gebiete dir auf das strengste als meinem Untertan und Dienstmann, mir zu gestehen, ob du hier oder anderwärts irgendeine Frau liebst, und wer die ist, die du liebst?«
Obwohl nun Carlo vorher fest entschlossen war, nie jemand seine Liebe zu offenbaren, so erwiderte er doch, von seinem Gebieter dazu gezwungen, teils um ihn seiner falschen Eifersucht zu entheben, teils um sich den weitern Verfolgungen der bösen Herzogin zu entziehen: »Gnädiger Herr, Ihr drängt mich, etwas zu tun, was mein Tod sein
Weitere Kostenlose Bücher