Italienische Novellen, Band 2
eine garstige Schmarre ins Gesicht gehauen hatte; er glaubte nun, Gieronimo sei derjenige gewesen, der ihn verwundet hatte. Er täuschte sich übrigens hierin sehr, wie man später entdeckte, wo man den, der ihn geschlagen hatte, ausfindig machte. Außerdem muß ich bemerken, was ich von vielen glaubwürdigen Leuten gehört habe, daß Simone ein Mann von der bösesten Gemütsart und den schlechtesten Sitten war, und unter andern Scharten hatte er die schärfste und giftigste Zunge, von der man jemals gehört hat. Um Zwietracht zwischen Freunden zu stiften, war er wundersam geschickt, und er zettelte seine trügerischen Fäden so meisterhaft, daß er sie als wahrscheinlich hinstellte. Kurz, er war ein Pfuhl jedes Lasters und jeder Bosheit, und während es Pflicht ist, mit dem Unglück des Nächsten Mitleid zu haben und sich über sein Wohlergehen zu freuen, tat er gerade das Gegenteil. Er konnte die von verschiedenen Tyrannen verübten Grausamkeiten höchlich loben Und gab sich Mühe, die Art, eine solche auszuführen, zu erlernen. Dann führte er beständig im Munde, es gebe nichts Süßeres auf der Welt, als für erfahrene Beleidigungen eine möglichst grausame Rache zu nehmen.
Der furchtbare Kitzel der Rache hatte ihm so sehr den Kopf eingenommen, daß er Gieronimo umbringen und auf so schauerliche Weise zurichten wollte, daß man auf lange Zeiten hin von ihm sprechen müsse; überdies wollte er sich in einer Art rächen, daß ihm die Gerechtigkeit nichts anhaben könne und doch jedermann wisse, daß er der Mörder gewesen sei. Nachdem er diesen ruchlosen, aber festen Entschluß gefaßt, fiel es ihm ein, Gift anzuwenden. Da er aber nicht wußte, wie er welches bekommen solle, ohne daß man es erführe, stand er von diesem Plane als einem leichtsinnigen und gefährlichen ab und beschloß bei sich, die Sache mit dem Eisen auszuführen. Er war indes gichtisch und schwach in den Armen und Händen und erkannte, daß seine Kräfte nicht hinreichten, um den Mord auszuführen, und daß er einen Genossen haben müsse zu einem solchen Zwecke. Die Verwaltung der Bank hatte er, wie gesagt, seinem Neffen Gioseffo überlassen: dem wollte er sich nicht anvertrauen; er wandte sich daher an einen Diener, den er hatte, einen gewissen Giulio aus der Romagna: dem sagte er, er wolle Deodati umbringen. Der gottlose, verräterische Romagner, der von gleicher Gemütsart wie Turchi war, erbot sich, alles auszuführen.
Die Gigli hatten, Simone zu ehren, da sie seine böse Natur nicht kannten, ihm in den letzten Tagen die Geschäftsführung der Bank gewährt und ihm darüber den Vollmachtsbrief zugesandt. So ließ denn Simone als Sachwalter der Gigli in ihrem Namen durch einen öffentlichen Notar ein Schriftstück aufsetzen, wodurch die Gigli gegen Fräulein Verue sich als Schuldner für die Summe bekannten, die sie dem Turchi übergeben hatte. Damit war sie denn zufriedengestellt. Nun wuchs aber in Turchi täglich mehr das Verlangen, den Gieronimo totzuschlagen; da begab es sich einstmals, daß er beim Besuche im Hause einer Base von Fräulein Verue eine eigentümliche Art von Stuhl sah: sobald man darauf saß, senkte sich nämlich plötzlich der Sitz, und von den Seiten, worauf man die Arme zu stützen pflegt, fuhren aus dem Holze zwei dicke und starke Eisen, die in die Rippen des Sitzenden dermaßen eindrangen, daß dieser völlig eingeklemmt war und sich nicht rühren, viel weniger aber hinwegkommen konnte ohne einen besonders dazu gehörigen Schlüssel. Diesen Sitz ließ sich Turchi leihen und in seinen Garten bringen, wo er öfters Schmause für Fräulein Verue und andere gab.
Nachdem er nun beschlossen hatte, sich des besagten Sessels zu seinem Zwecke zu bedienen, sagte er, als er eines Tages mit Deodati sprach, er habe in seinem Garten den schönsten Blumenkohl, den man je in Antwerpen gesehen. Gieronimo fragte, ob er davon haben könne, um ihn auch in seinem Garten zu pflanzen; Turchi antwortete, er solle kommen, wann er wolle, und sich die Stöcke auswählen, die ihm am besten gefallen. Deodati beeilte sich indes nicht, hinzugehen, da er vielleicht durch andere Geschäfte verhindert war. Als Simone dies sah, sagte er eines Tages ganz früh zu Deodati: »Gieronimo, es ist ein Kaufmann von Lyon gekommen, der für jetzt nicht in Antwerpen gekannt sein will und sich in meinen Garten zurückgezogen hat. Er läßt dich durch mich ersuchen, dahin zu kommen; denn er hat über Dinge von höchster Wichtigkeit mit dir zu
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