Italienische Novellen, Band 2
wenn er ihm in allem und überall folgen wolle, so werde er schon die Mittel finden, ihn mit dem Weibchen auf die Art, die er wünsche, zusammenzubringen. Fulvio wünschte nichts sehnlicher, als mit der jungen Frau zusammenzukommen, und sagte daher nicht lange: »Komm morgen wieder!«, sondern er antwortete ihm sogleich, er sei bereit, alles zu tun, wofern er nur rasch seine Krankheit heile.
»Ich habe sagen hören«, fuhr nun Menico fort, »daß der Gatte deiner Geliebten ein Mädchen von vierzehn bis fünfzehn Jahren sucht, um sie zu häuslichen Diensten zu verwenden und sie dann nach einiger Zeit zu verheiraten, wie es in Rom gebräuchlich ist. Nun ist mir eingefallen, du könntest ja in dieser Eigenschaft bei ihm bleiben, solange es dir behagt, und höre, wie! Unser Nachbar da aus Tagliacozzo, der uns manchmal einen Gefallen tut, ist, wie du ja weißt, innig mit mir befreundet. Gestern früh nun teilte er mir unter andern Gesprächen, ich weiß nicht mehr aus welcher Veranlassung, mit, er habe ihm aufgetragen, ein solches Mädchen zu suchen: zu diesem Zwecke habe er beschlossen, in einigen Tagen in sein Haus zu gehen und sie ihm mitzubringen. Er ist ein armer Mann und ist gern rechtschaffenen Leuten gefällig; somit zweifle ich keinen Augenblick, wenn man ihm ein gutes Gläschen einschenkt, ist er bereit, alles zu tun, was wir von ihm verlangen. Er kann also tun, als wäre er nach Tagliacozzo gegangen; kommt er in drei oder vier Wochen zurück, so wirst du angezogen wie ein Landmädchen von dort; er gibt vor, du seiest eine Verwandte von ihm, und bringt dich in das Haus deiner Geliebten. Hast du hernach nicht das Herz, das Weitere selbst auszuführen, so müßtest du dich nur über dich selber beklagen. Zu dem allem eignet es sich vortrefflich, daß du noch eine weiße Haut hast, worauf sich nichts zeigt, was in den nächsten zehn Jahren einem Barte gleichsehen dürfte, und daß dein Gesicht ganz weiblich aussieht, weshalb denn, wie du weißt, die meisten glauben, du seiest ein als Mann verkleidetes Weib. Außerdem ist ja deine Amme aus jener Gegend gewesen; du wirst also wohl nach Art jener Bauern sprechen können.«
Der arme Verliebte sagte zu allem: »Ja.«
Es schien ihm unendlich lange, bis die Sache zu einem Ziele käme, ja, oft meinte er schon bei ihr zu sein und ihr bei ihren Geschäften zu helfen, und die Einbildungskraft vermochte so viel, daß er zufrieden war mit dem, was aus ihm werden solle, gerade als wäre er es wirklich gewesen. Ohne also die Sache irgend zu verzögern, suchten sie den Landmann auf, der mit allem zufrieden war, und sie verabredeten, was zu tun sei.
So ging denn kein Monat vorüber (um nicht länger aufzuhalten ), bis sich Fulvio im Hause seiner Geliebten als ihre Magd befand und ihr so eifrig aufwartete, daß in kurzem nicht nur Lavinia (so hieß die junge Frau), sondern das ganze Haus sie äußerst liebgewann.
Während nun Lucia (diesen Namen hatte die neue Magd angenommen) auf diese Weise wohnte, erwartete sie die Gelegenheit, ihr noch mit anderem zu dienen als mit dem Bettmachen. Cecc' Antonio ging einmal nach Rom, um einige Tage aus zu sein. Da bekam Lavinia, als sie sich so allein gelassen sah, Lust, Lucia bei sich schlafen zu lassen. Nachdem beide am ersten Abend zu Bett gestiegen waren und die eine, höchlich beglückt über die unerwartete glückliche Fügung, mit Sehnsucht den Augenblick erwartete, wo die andere einschliefe, um dann während des Schlafes den Lohn ihrer Mühe zu ernten, begann die andere, die vielleicht in ihrer Phantasie einen andern sich vorstellte, der besser als ihr Mann den Staub aus dem Pelz zu klopfen verstände, mit größter Inbrunst sie zu umarmen und zu küssen, und unter solchen Scherzen gerieten, wie das so zu gehen pflegt, ihre Hände dahin, wo man den Mann von der Frau unterscheidet; da sie nun fand, daß er kein Weib war wie sie, war sie sehr verwundert und zog ganz bestürzt ihre Hand plötzlich zurück, gerade als wäre sie unter einem Gebüsche unversehens auf eine Schlange gestoßen. Lucia wagte unterdessen nichts zu sagen noch zu tun und wartete schweigend den Ausgang der Sache ab. Lavinia fürchtete fast, sie habe sich in der Person getäuscht, und starrte sie ganz betäubt an; da sie aber doch sich überzeugte, daß es Lucia sei, besann sie sich nicht weiter darauf, mit ihr zu reden, wollte aber zur Lösung ihres Zweifels, ob sie nicht der Schein getäuscht habe, von neuem das Wunder mit Händen greifen. Da fand sie denn wieder,
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