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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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was sie zuvor gefunden hatte, und sie wußte nicht, ob sie schlief oder wachte. Dann dachte sie, vielleicht könne sie die Berührung täuschen, hob daher die Bettdecke auf und wollte die ganze Sache mit Augen sehen; so sah sie denn nicht nur mit Augen, was sie mit der Hand berührt hatte, sondern entdeckte eine Masse Schnees in Gestalt eines Menschen, die ganz mit frischen Rosen gefärbt war. So war sie denn genötigt, dem Staunen freien Lauf zu lassen und anzunehmen, es sei ihr wunderbar eine solche Verwandlung zuteil geworden, damit sie in Sicherheit die Freuden ihrer Jugendjahre genießen könne. Sie wandte sich daher ganz keck zu ihm und sprach: »Was ist doch das, was ich diesen Abend mit meinen Augen sehe? Ich weiß doch, daß du kaum soeben noch eine Frau warst, und jetzt sehe ich, daß du zum Manne geworden bist? Wie kann das geschehen sein? Ich fürchte zu erkennen, daß du ein verzauberter böser Geist bist, der diesen Abend statt Lucias zu mir kam, um mich in Versuchung zum Bösen zu führen. Wahrlich, wahrlich, ich muß sehen, wie diese Sache zusammenhängt.«
    Während dieser Worte brachte sie ihn unter sich und trieb mit ihm Scherze, wie sie lüsterne Mädchen gar häufig solchen vor der Zeit emporgeschossenen Hähnen spielen: dabei klärte sich denn auf, daß er kein verzauberter Geist war, und daß sie nicht falsch gesehen hatte. Wie sehr ihr solches zum Trost gereichte, könnt ihr, liebe Frauen, euch selbst vorstellen. Doch dürft ihr nicht glauben, daß sie schon hinreichend überzeugt war auf das erstemal, ja nur auf das drittemal: denn ich kann euch versichern, wenn sie nicht gefürchtet hätte, ihn wirklich und ernstlich in einen Geist zu verwandeln, so hätte ihr auch die sechste Probe noch nicht genügt.
    Als sie nun so weit gekommen waren, ging sie vom Tun zum Reden über und begann mit freundlichen Worten zu bitten, er möge ihr sagen, wie die Sache denn eigentlich komme. Da fing denn Lucia an, vom ersten Tage, an dem er sich verliebt hatte, bis zur gegenwärtigen Stunde seine ganze Liebesgeschichte zu erzählen, worüber sie sich höchlich freute, da sie sah, daß sie von einem solchen Jüngling in einer Weise geliebt worden sei, daß er so viele Beschwerden und Gefahren ihr zuliebe nicht gescheut habe. Von diesen Auseinandersetzungen schweiften sie auf tausend andere unterhaltende Gespräche über und kamen vielleicht noch zum siebenten Beweise, weshalb sie so lange mit dem Aufstehen zögerten, bis die Sonne durch die Ritzen der Fenster drang. Nunmehr schien es ihnen Zeit zu sein. Zuvor aber verabredeten sie, Lucia solle den Tag über vor den Leuten ein Weib bleiben, aber des Nachts oder sooft sie sonst Gelegenheit fänden, allein zusammenzukommen, wieder zum Manne werden. Mit diesem Vorsatze verließen sie ganz heiter die Schlafkammer.
    Sie hielten diesen Vertrag heilig und blieben mehrere Monate so zusammen, ohne daß jemand im Hause etwas merkte. Ja, es hätte jahrelang gedauert, wenn nicht Cecco Antonio, wiewohl er, wie gesagt, schon über gewisse Jahre hinaus war und sein Esel mit großer Mühe einmal im Monat Korn zur Mühle tragen konnte, – wenn nicht Cecco, sage ich, indem er diese Lucia im Hause umhergehen sah, ein Auge auf ihre Liebenswürdigkeit geworfen und sich entschlossen hätte, einen Korbvoll auf ihre Kelter abzuladen, weshalb er ihr manchmal zur Last fiel. Sie fürchtete nämlich, es möchte früher oder später ein Ärgernis daraus erwachsen, und bat Lavinia um Gottes willen, ihr diese Quälerei vom Halse zu schaffen. Ich brauche nicht zu sagen, daß ihr hierüber der Kamm nicht wenig schwoll, und daß sie ein gewaltiges Aufheben davon machte, als sie zum erstenmal mit ihm darüber sprach. Ich darf kurzweg versichern, daß sie ihn alles, nur nicht »Herr« hieß.
    »Schaut doch«, sprach sie, »was für ein kecker Knappe, der jetzt sich noch Rittersporen verdienen will! Was zum Henker würdest du erst tun, wenn du jung und rüstig wärest, da du jetzt, wo du mit einem Fuße im Grabe stehst und jeden Tag dein letztes Stündlein schlagen kann, mir solche schöne Ehre antun willst? Verlaß, alter Tor, verlaß die Sünde, wie sie dich verlassen hat! Merkst du nicht, daß, wenn du ganz von Stahl wärest, du keine Spitze zu einer Damaszenernadel abgeben könntest? Ja, das wird dir große Ehre machen, wenn du das arme Mädchen, das redlicher ist als das Brot, verführst, ohne mir es vorher kundzutun. Das ist eine schöne Mitgift! Das ist mir ein Gatte! Wie werden sich ihre

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