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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Sohn, ein weiser, wohlgeratener, folgsamer Jüngling ist, sondern auch der Markese, eben ein alleinherrschender, höchster Herr, mich so wert und teuer hält, daß es scheint, er habe viel mehr mich zu fürchten als ich ihn. Ich weiß nicht, was ich eben dazu sagen und davon halten soll. Die alten Leute sind einmal zuweilen wunderlich und gefallen sich darin, uneingedenk dessen, was sie in ihrer eigenen Jugend getan haben, ihren Kindern Gesetze vorzuschreiben und Lasten aufzuerlegen, die sie sich wohl selbst hüten würden, zu befolgen und zu tragen. Sie handeln auch nicht etwa also aus Liebe zu uns, sondern nur um der einfältigen Sucht willen, immerdar mit irgendeiner Sorge beschäftigt zu sein. Zwei der Verbote meines Vaters habe ich nun schon mit über Erwarten günstigem Erfolge übertreten, und so will ich nur schnell die dritte Erfahrung dazu machen, da ich im voraus versichert bin, daß meine süße Gattin, die mir teurer als das Licht meiner Augen ist, mir alle möglichen Beweise ihrer herzlichen und wahren Liebe geben und mir dadurch an den Tag legen wird, wie unsinnig das wunderliche Testament des alten Mannes abgefaßt worden war. Wem in aller Welt sollte ich mich denn sicherer anvertrauen können als meiner eignen Frau, die da Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, ja das eigene Haus um meinetwillen verlassen hat und ein Herz und eine Seele mit mir ist! Ich weiß recht wohl, daß ich ihr aus diesem Grunde jedwedes, wenn auch noch so wichtiges Geheimnis offenbaren kann. Ich werde ihre Verschwiegenheit und Treue nicht um meinetwillen erproben – denn ich bedarf keiner weiteren Beweise, daß sie mich mehr als sich selbst hebt –, sondern nur zum Nutzen und Frommen einfältiger junger Menschen, die dafür halten zu müssen glauben, es sei eine unverzeihliche Sünde, den albernen Maßregeln altersschwacher, faselnder Eltern entgegenzuhandeln.«
    Also bei sich selbst die weisen und tief durchdachten drei Gebote seines Vaters verspottend und verschmähend, trieb Salardo den Frevel so weit, sich zu entschließen, dem dritten bewußt und absichtlich zuwider zu leben. Er ging ohne Zeitverlust aus seinem Zimmer die Treppe hinunter und in den Palast des Markese, nach einem Gemache, das viele Falken enthielt, nahm den edelsten, den der Markese am liebsten hatte, ohne von einem Menschen wahrgenommen zu werden, mit sich hinweg und trug ihn zu einem seiner Freunde namens Fransoe, dem er ihn übergab, indem er diesen bei ihrer gegenseitigen Freundschaft bat, ihm das schöne Tier so lange sicher aufzubewahren, bis er ihm seinen anderweitigen Willen darüber er öffnen werde. Darauf kehrte er nach Hause zurück, nahm einen seiner eigenen Falken, tötete ihn insgeheim und brachte ihn zu seiner Frau mit den Worten: »Theodora, mein teures Weib, ich habe, wie du recht wohl wissen wirst, mit unserem Markese gar keine ruhige Stunde mehr, weil er bald jagend, bald vogelstellend, bald lustfechtend oder andere ähnlichen Dinge treibend, mich so sehr in immerwährender Bewegung erhält, daß ich zuweilen kaum noch weiß, ob ich tot oder lebendig bin. Um ihn nun von dem tagtäglichen Jagen abzubringen, habe ich ihm einen Streich gespielt, der ihn ziemlich mißvergnügt machen und vielleicht dahin vermögen wird, sich und uns anderen einen Augenblick der Ruhe und Erholung zu gönnen.«
    Die Frau erwiderte: »Nun, was hast du ihm denn getan?« Worauf Salardo sprach: »Ich habe ihm seinen besten Falken, den er am liebsten hat, getötet und glaube, daß er vor Wut bersten wird, wenn er ihn vermißt.«
    Er schlug, während er dies sagte, die Tücher, worein er das tote Tier gewickelt hatte, auseinander, zog es hervor und befahl seiner Gemahlin, es braten zu lassen; denn er gedenke, es aus Liebe zu dem Markese zur Abendmahlzeit zu verspeisen.
    Wie die Frau Salardos Reden hörte und den toten Falken erblickte, fing sie laut an zu klagen und zu schelten und machte Salardo die bittersten Vorwürfe wegen der begangenen Tat. »Ich verstehe gar nicht,« meinte sie, »wie Ihr Euch habt so schwer vergehen und den Herrn Markese so sehr beleidigen können, da er Euch so herzlich liebt. Er erzeigt Euch jede Gnade, um die Ihr ihn bittet, hat Euch den ersten Platz zunächst seiner Person angewiesen. Oh, mein Salardo, Ihr habt großes Unheil auf Euer Haupt herabgezogen! Wenn der Herr zufälligerweise von dem, was Ihr verbrochen habt, Kenntnis erlangte, was würde aus Euch werden? Ihr brächtet ganz gewiß Euer Leben in Gefahr.«
    Salardo sprach: »Wie

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