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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
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sprach: »Lieber Meister, ich muß Euch wieder eine Geschichte erzählen, die Euch sehr behagen wird.«
    »Und welche?« fragte Meister Raimondo.
    »Ich bin der schrecklichsten Gefahr entgangen«, fuhr Nerino fort, »der jemals ein Mensch entronnen sein mag. Ich ging wieder in das Haus jener edeln Dame und war mit ihr in anmutigen Unterhaltungen begriffen, als plötzlich ihr Mann dazukam, das ganze Haus um und umkehrte, endlich einen Brand ergriff und ihn an alle vier Ecken der Stube hielt, so daß alles verbrannte, was darin war.«
    »Und Ihr«, sagte Meister Raimondo, »wo stecktet Ihr?«
    »Ich war in einem Schranke verborgen«, antwortete Nerino, »den sie aus dem Haus tragen ließ.«
    Als Meister Raimondo dies vernahm und an der Wahrheit der Erzählung nicht zweifeln konnte, meinte er vor Schmerz und Ärger zu sterben. Aber er durfte sich nicht verraten, weil er hoffte, ihn auf frischer Tat zu ertappen.
    »Nun, Herr Nerino«, fragte er ihn, »werdet Ihr wohl noch einmal zu ihr zurückkehren?«
    Nerino versetzte: »Da ich dem Feuer entgangen bin, wovor sollte ich mich noch fürchten?«
    Meister Raimondo brach nun dieses Gespräch ab und bat Nerino, am folgenden Tag mit ihm zum Frühstück zu kommen. Der Jüngling nahm die Einladung mit Freuden an. Am folgenden Tag lud Meister Raimondo alle seine Verwandten und die seiner Frau zu sich ein und bereitete ein pomphaftes, prächtiges Mahl, nicht in seinem Hause, das halb abgebrannt war, sondern anderwärts, und wies auch seine Frau an, sich dahin zu begeben, jedoch sich nicht zu Tisch zu setzen, sondern sich verborgen zu halten und das Nötige zu besorgen. Als nun die Verwandten sowie auch der junge Nerino versammelt Waren und man sich zu Tisch setzte, suchte Meister Raimondo durch erkünstelte Lustigkeit den Nerino betrunken zu machen, um hernach seinen Anschlag ausführen zu können. Nachdem ihm Meister Raimondo den mit Malvasier gefüllten Becher zum öftern gereicht und ihn Nerino immer redlich geleert hatte, sprach Meister Raimondo: »Ach, Herr Nerino, erzählt doch diesen unsern Verwandten irgendein drolliges Geschichtchen!«
    Der arme Nerino wußte nicht, daß Genobbia Meister Raimondos Frau sei, und hub an, sein Abenteuer mit derselben zu erzählen, jedoch ohne irgendeinen Namen zu nennen. Es geschah nun, daß einer der Aufwärter in die Kammer ging, wo sich Genobbia befand, und zu ihr sprach: »Madonna, wäret Ihr irgendwo in einer Ecke versteckt, so könntet Ihr die schönste Geschichte erzählen hören, die Ihr in Euerm Leben gehört habt. Ich bitte Euch, kommt mit mir!«
    Sie versteckte sich also in einem Winkel und erkannte bald die Stimme ihres Liebhabers Nerino, und daß die Geschichte, die er erzählte, ihre eigene sei. Hierauf nahm die listige, kluge Frau den Diamant, den ihr Nerino geschenkt hatte, warf ihn in eine silberne Schale, die sie mit dem köstlichsten Trank füllte, und sprach zu dem Aufwärter; »Nimm diese Schale und reiche sie Nerino! Sag ihm, er möge sie trinken. Nachher wird er um so besser erzählen können.«
    Der Diener nahm die Schale, trug sie zur Tafel, und als Nerino trinken wollte, sprach er zu ihm: »Herr, nehmt diese Schale: dann könnt Ihr um so besser erzählen!«
    Er nahm die Schale und trank den Wein ganz aus. Da sah er und erkannte den Diamant, der darin war, ließ sich ihn in den Mund gleiten und tat dann, als wolle er den Mund reinigen, wobei er ihn herauszog und an den Finger steckte. Nun erkannte Nerino, daß die schöne Frau, von der er erzählte, Meister Raimondos Gattin sei, und wollte nicht fortfahren; sondern als Meister Raimondo und seine Verwandten ihn aufforderten, die angefangene Geschichte fertigzuerzählen, antwortete er: »Und wieder und wieder krähte der Hahn, und plötzlich ward es Tag; ich erwachte aus meinen Träumen und hörte nichts mehr davon.«
    Als die Verwandten des Meister Raimondo dies hörten, welche vorher geglaubt hatten, alles, was sie von Nerino über seine Frau hörten, sei wahr, behandelten sie den einen wie den andern als die größten Trunkenbolde. Nach einigen Tagen traf Nerino den Meister Raimondo, stellte sich, als wisse er nicht, daß er der Mann Genobbias sei, und sagte ihm, daß er in einigen Tagen abreisen werde, indem ihm sein Vater geschrieben habe, er solle unverzüglich in sein Reich zurückkehren. Meister Raimondo wünschte ihm Glück zur Reise. Aber Nerino hatte heimliche Abrede mit Genobbia getroffen, entfloh mit ihr und brachte sie nach Portugal, wo er lange in

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