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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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ersten Mann erhoben, sich gegen seinen König empört und beim Kaiser Karl von Österreich Dienste genommen hatte, war der erste, der die Strafe der Sünde erduldete, die er begehen ließ: er war Generalkapitän des kaiserlichen Heeres; aber ehe er noch die Freude hatte, Rom eingenommen zu sehen, wurde er durch einen Büchsenschuß elendiglich getötet. Und wiewohl der größte Teil der Belagerer und Plünderer geweihter wie ungeweihter Dinge, der Notzüchtiger der heiligen, der Maria gewidmeten Jungfrauen wie gesagt Feinde des christlichen Glaubens waren, so waren doch die Behörden nicht imstande, so viel Tempelraub, Blutschande, Hurerei, Mord und anderer Verruchtheit Einhalt zu tun, und konnten nur mit dem Gedanken sich trösten, wie viele durch die Schändung des Heiligen einem bösen Ende entgegengegangen sind. Ist nicht bekannt, wie der große Pompejus, dieser ausgezeichnete Mann, nachdem er in Jerusalem den heiligen Tempel Gottes geschändet hatte, immer weiter von seiner gewohnten Größe herabsank und kein Unternehmen mehr ausführen konnte, das den früheren verglichen werden könnte, um derenwillen er so viele Triumphe verdient hatte?
    Doch wohin lasse ich mich verleiten? Ihr seid noch nicht dort gewesen, und ich bin nicht hierhergekommen, um den Fall Roms zu beweinen; sondern da ich euch versprochen habe, eine Novelle zu erzählen, sage ich denn, als Rom von den Kaiserlichen erobert und geplündert wurde, geriet unter andern auch ein Mann aus Esi in der Mark, ein Landsmann von mir, namens Ambrogio Nanni, ein ebenso begüterter wie rechtlicher Kaufherr, in die Gewalt der Feinde. Dieser besaß von seiner verstorbenen Gattin zwei Zwillingskinder, einen Knaben und ein Mädchen, welche in Rom geboren waren. Beide waren von unglaublicher Schönheit und sahen sich so ähnlich, daß es schwer hielt, sie zu unterscheiden, wenn sie beide in männliche und weibliche Tracht gekleidet wurden; ja, der Vater selbst, der sich zuweilen das Vergnügen machte, sie bald so, bald anders kleiden zu lassen, verwechselte sie alsdann miteinander; als Zwillinge waren sie auch von gleicher Größe. Ambrogio hatte sie in Lesen und Schreiben, Musik und Gesang unterweisen und überhaupt ihnen eine ihrem Alter angemessene Erziehung geben lassen. Zur Zeit der Plünderung Roms waren sie fünfzehn Jahre alt oder wenig darüber. Der Knabe, der Paolo hieß, war von einem Deutschen gefangen worden, der seiner Tapferkeit wegen bei seiner Nation in großem Ansehen stand. Er besaß noch andere Gefangene von bedeutendem Range, die ihm ein beträchtliches Lösegeld eintrugen. Überdies hatte er Gold, Silber und manchen köstlichen Edelstein von hohem Wert und viele reiche Kleider erbeutet, womit er Rom verließ und sich nach Neapel begab, wohin er Paolo mit sich führte, den er wie seinen leiblichen Sohn behandelte. Zu Neapel war der Deutsche darauf bedacht, die Kleider und den größten Teil des erbeuteten Silberzeuges zu verkaufen und in Geld umzusetzen, und vertraute die Schlüssel zu allem seinem jungen Gefangenen.
    Die Tochter, namens Nicuola, geriet in die Hände zweier spanischer Soldaten und hatte das Glück, eine schonende Behandlung zu finden, da sie sich als die Tochter eines reichen Mannes hinstellte, von dem die beiden Gefährten ein reiches Lösegeld erwarteten. Durch die Gunst einiger neapolitanischer Freunde, die in dem spanischen Heere dienten, gelang es dem Ambrogio, der Gefangenschaft zu entgehen, und er fand die Mittel, sein Geld und Silberzeug zu retten, das er in einem Stalle vergraben hatte; alles übrige aber, was in seinem Hause gewesen, war geraubt. Als er sich darauf nach seinen Kindern umsah, fand er Nicuola und kaufte sie für fünfhundert Golddukaten frei; vom Paolo jedoch konnte er, aller Mühe, die er sich gab, ungeachtet, keine Spur auftreiben, worüber er sich unendlich betrübte; denn der Verlust dieses Paolo verursachte ihm ungleich größern Kummer als alles, was er sonst eingebüßt hatte, so groß der Schaden auch sein mochte. Als er alles, was in seinen Kräften stand, aufgeboten hatte, um den Sohn wiederzufinden, und er von keiner Seite eine Nachricht oder Botschaft von ihm einlaufen sah, fürchtete er sehr, der Jüngling könnte ermordet sein, und mochte nicht länger in Rom bleiben. Er kehrte also sehr traurig und verstimmt nach Esi zurück, wo er sein Haus in Ordnung brachte und sich der Kaufmannschaft völlig begab, da er mit seinem Besitz und seinem Gelde bequem lebte; darum bemühte er sich, seine

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