Italienische Novellen, Band 3
höchst erfreut, versprach ihm der Fähnrich, es auszuführen. Darauf sprach er eines Tages mit dem Rottenführer an einem Orte, wo der Mohr zugegen war und ihrer Unterredung zusehen konnte. Er sprach mit ihm über tausend Dinge, aber mit keiner Silbe von Disdemona, schlug das hellste Gelächter auf, stellte sich sehr verwundert und gebärdete sich mit Haupt und Händen wie einer, dem unerhörte Dinge erzählt werden. Sobald der Mohr sah, daß sie voneinandergegangen waren, begab sich der Mohr zu dem Fähnrich, um zu hören, was ihm jener gesagt habe. Dieser ließ sich erst lange bitten und sprach dann endlich: »Er hat mir nicht das geringste verhehlt und gestanden, daß er Eure Gemahlin genossen habe, sooft Ihr ihnen, durch Eure Abwesenheit dazu Gelegenheit gegeben habt. Das letztemal, da er bei ihr war, hat sie ihm jenes Taschentuch geschenkt, welches Ihr bei Eurer Vermählung ihr gegeben habt.«
Der Mohr dankte dem Fähnrich und war nun überzeugt, wenn es sich finde, daß sie das Schnupftuch nicht mehr besitze, so sei kein Zweifel mehr, daß alles wahr sei, was der Fähnrich ihm gesagt habe. Er verlangte daher eines Tages, da er sich nach Tische in mancherlei Gespräche mit seiner Gattin eingelassen hatte, das Schnupftuch zu sehen. Die Unglückliche, die diese Frage längst gefürchtet hatte, wurde darüber feuerrot im Gesicht und lief, um ihr Erröten zu verbergen, das der Mohr jedoch wohl bemerkt hatte, an ihren Schrein, wo sie tat, als suche sie es. Nach langem Suchen sprach sie endlich: »Ich weiß nicht, wie ich es heut nicht finden kann. Hättet Ihr es vielleicht gehabt?«
»Wenn ich es gehabt hätte«, sagte er, »warum würde ich dich darüber befragen? Aber suche doch noch einmal genauer nach!«
Indem er jetzt von ihr ging, war sein Sinnen nur darauf gerichtet, wie er seine Frau und zugleich den Rottenführer töten könne, ohne ihres Mordes beschuldigt zu werden. Er dachte Tag und Nacht an nichts anderes, und seine Frau konnte nicht umhin zu bemerken, daß er nicht mehr wie sonst gegen sie war. Sie sagte vielmals zu ihm: »Was habt Ihr nur, das Euch so verstört? Ehemals waret Ihr der aufgeweckteste und nunmehr seid Ihr der schwermütigste Mann von der Welt.«
Der Mohr ersann darauf verschiedenartige Antworten, aber keine einzige genügte ihr; und wiewohl sie wußte, daß kein Vergehen von ihrer Seite diese Stimmung des Mohren veranlaßt haben könne, so fürchtete sie doch, gerade durch ihre große Zärtlichkeit ihm zur Last gefallen zu sein. Sie sagte einigemal zu der Gattin des Fähnrichs: »Ich weiß nicht, was ich von dem Mohren denken soll. Er pflegte sonst ganz Liebe zu mir zu sein und ist jetzt, ich weiß nicht, seit wieviel Tagen, ein ganz anderer geworden. Ich fürchte sehr, ich werde den Mädchen ein warnendes Beispiel werden, sich nicht gegen den Willen der Ihrigen zu vermählen, und die italienischen Frauen werden von mir lernen können, daß man sich nicht zu Männern gesellen soll, welche Natur, Himmel und Lebensweise von uns absondern. Da ich nun aber weiß, daß der Mohr ein vertrauter Freund Eures Gatten ist und ihm seine Angelegenheiten mitteilt, so ersuche ich Euch, wenn Ihr irgend etwas von ihm hörtet, das mir zu wissen nützlich wäre, mir Eure Hilfe damit nicht zu versagen.«
Sie vergoß, während sie diese Worte sprach, die bittersten Tränen; die Gattin des Fähnrichs aber, die alles wußte, da sie ihr Mann als Vermittlerin des Mordes der Dame hatte gebrauchen wollen, wiewohl sie sich mit allen Kräften dagegen gesträubt, wagte aus Furcht vor ihrem Gatten ihr nichts von alledem zu verraten. Nur so viel sagte sie: »Sorget ja, daß Ihr Eurem Gatten keinen Grund zum Argwohn gebt, und sucht ihm Eure Liebe und Treue auf alle Weise zu betätigen!«
»Das tue ich«, sprach Disdemona, »aber es hilft mir nichts.«
Der Mohr strebte mittlerweile sich immer mehr von dem zu überzeugen, was er doch so gar nicht zu finden wünschte, und bat den Fähnrich, es zu bewirken, daß er das Schnupftuch im Besitz des Rottenführers sehen könne. Dem Bösewicht war dies freilich eine schwierige Aufgabe; indessen versprach er sein möglichstes zu tun, um ihn zu befriedigen. Der Rottenführer hatte eine Frau bei sich im Hause, die am Stickrahmen ungemein feine Stepparbeiten machte. Als diese das Tüchelchen sah und hörte, es gehöre der Gattin des Mohren an und solle ihr zurückgegeben werden, begann sie, sich, ehe es fortkam, ein ähnliches danach zu verfertigen. In dieser Arbeit begriffen
Weitere Kostenlose Bücher