Italienische Novellen, Band 3
selbst: »Wenn die Tochter so ist wie die Mutter, liegt sicher kein Grund vor, sie sich entgehen zu lassen«; und wegen ihrer liebenswürdigen Versprechungen und wegen des guten Empfanges und weil er sein Herz schon von den Worten der Witwe klopfen fühlte, begann er: »Frau Lukrezia (– denn so hieß sie –), mir gefällt alles, was Euch und Eurer Tochter gefällt, und ich danke Gott, daß er mir dies Glück beschert hat. Ich will keine andere Mitgift suchen, denn ich weiß, Ihr werdet mir halten, was Ihr mir versprochen habt; so daß ich weiß, was mein ist, wird Euch gehören, und was Euer ist, wird mir gehören, und Ihr werdet, das glaube ich, für meine Angelegenheiten sorgen wie für Eure eigenen.« So gaben sie sich das Wort und verabredeten den Tag, an dem sie die Hochzeit feiern sollten.
Nachdem Biagio weggegangen war, dachte er mehr an seine Schwiegermutter als an seine Frau, und er konnte gar nicht die Zeit abwarten, da es ihm tausend Jahre zu dauern schien, bis er das Eigentum seiner Schwiegermutter und das seiner Frau besaß und alles verwaltete. Nachdem er seine Angelegenheiten geordnet hatte, konnte er, wie es die meisten jungen Leute tun, nicht abwarten, bis der Tag gekommen sei, den sie verabredet hatten; sondern er ging ins Haus seiner Schwiegermutter und ließ sogleich einen Notar kommen, um den Ehevertrag aufzusetzen. Während er diesen erwartete, hatte er keinen andern Gedanken, als den Besitz des Vermögens seiner Schwiegermutter zu erlangen.
Wie sie sich so über dies und jenes unterhielten, kam der Notar. Die Zeugen wurden gerufen, sie schlossen den Ehevertrag, und nachdem Ginevra – denn so hieß das Mädchen – gerufen worden war, gab ihr Biagio den Ring, wie es Brauch ist, und verlobte sich mit ihr; dann verabschiedeten sie den Notar und die Zeugen. Biagio blieb bei seiner Frau, und sie begannen die ersten Liebeskämpfe. Als aber die Stunde des Abendessens gekommen war, verließ Biagio sie, um zum Abendessen in sein Haus zu gehen, weil diesen Abend die Witwe nicht, wie sie gern gewollt hätte, eine Mahlzeit vorbereitet hatte. Sie verabredeten, am kommenden Morgen die Messe zusammen zu hören, und am folgenden Morgen sollte er sie heimführen, oder vielmehr sie ihn heimführen; aber viel lieber hätte Biagio die Schwiegermutter heimführen wollen, oder vielmehr von ihr heimgeführt werden wollen, so daß sie gleichmäßig an einem Joche pflügten.
Biagio dachte darüber nach, ob er auf gute Weise seine Schwiegermutter bekommen könnte. Als er am Abend zum Schlafen mit Ginevra ins Bett gegangen war, legte sich jeder von ihnen, weil es Sommer war oder weil einer von ihnen übel aus dem Munde roch oder weil sie in dieser Sache wenig erfahren waren, in sein eigenes Bett, wobei sie nicht das mindeste machten und fast kein Wörtchen redeten, und so lagen sie bis zum Morgen.
Als der Tag gekommen war, ließ die Schwiegermutter, wie es üblich ist, einige Eier kochen, die ihr nötig zu sein schienen, und schickte oder vielmehr brachte sie ihnen selbst ans Bett. Obwohl sie sie eigentlich nicht nötig hatten, weil sie ja nichts gemacht hatten, nahmen sie sie doch zu sich, und nachdem sie noch einige Zeit im Bett lagen, stand Biagio auf und ging irgendwohin zu seinen Geschäften.
Die Witwe (wie es ja nach Aussage der Frauen ihr gewöhnlicher Brauch ist, sie zu fragen, wie, auf welche Weise, wie oft und ähnliche Dinge) stellte diese Fragen an ihre Tochter. Die Einfältige, die nicht verstand, was die Mutter meinte, lachte. Da war die Mutter sehr vergnügt und sagte mit größter Sehnsucht: »Mein Herz, es ist also gut gegangen?«
»Allerdings«, erwiderte die Tochter, »ich dachte zwar, er würde mich nicht schlafen lassen, aber ich habe besser geschlafen als jemals, und er ebenfalls. Wir sind erst heute früh aufgewacht, als Ihr die Eier brachtet.«
»Ihr habt also nichts anderes gemacht als schlafen?« fragte die Mutter.
»Nein«, erwiderte die Tochter kichernd. »Was sollen wir denn gemacht haben?«
Wie die Mutter sie von neuem fragte: »Umarmte er dich nicht? Küßte er dich nicht? Sagte er nichts zu dir?« antwortete die Tochter: »Nein, nichts.«
Da legte Lukrezia, die es nicht glauben konnte, ihr die Hand auf den Mund und fand, daß sie die Wahrheit sagte; denn er war ganz trocken. Da weinte Lukrezia und sprach: »O weh, mein Töchterchen, an wen habe ich dich verheiratet! Weh mir, die ich nie im Leben mehr glücklich sein werde! Das ganze Gegenteil von dem, was ich suchte, ist mir
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