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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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ein Almosen und trat willig wartend vor sie hin. Die junge Frau, die den Flamänder um ein Almosen bitten sah, hielt ihn für einen edeln und artigen Mann, was er auch war; sie erinnerte sich der Redeweise ihres Gatten und sagte zu ihm: »Ansi visminere?«
    Über diese Worte war der junge Fremdling höchlich erstaunt: denn sie sah nicht wie eine Frau aus, die eine solche Einladung ergehen lassen könne, und er wußte nicht, was hier zu tun sei. Im Zweifel hierüber blieb er ganz betreten und niedergeschlagen stehen und hielt es wie für ein Wunder, daß sie ihm eine solche Aufforderung zukommen lasse. Da er aber gar nichts von unserer Sprache verstand, blickte er sie mit funkelnden Augen fest an; es war ihm, als sähe er etwas Göttliches, kein menschliches Wesen. Er schwieg und blieb betroffen von solcher Schönheit. Als die Frau ihn so schweigend dastehen sah, lud sie ihn zum zweitenmal auf dieselbe Weise ein. Da nun der Jüngling sich zum zweitenmal auffordern hörte, dachte er und überzeugte sich, es sei eine Frau, die ihn verhöhnen und zum besten haben wolle; indes konnte es darum doch nicht fehlen, daß der jugendliche Busen nicht das Brennen der Liebesflammen fühlen sollte. Von Liebe gequält, irrten seine Gedanken allmählich hin und her, so daß er am Ende mit frechem Mute auf die Meinung kam, es sei eine Buhldirne, teils wegen der ihm gewordenen Aufforderung, teils wegen ihrer lüsternen Tracht. Desungeachtet hörte er nicht auf, sie fest zu betrachten und seine feurigen Blicke auf sie zu heften; so daß nach kurzem Warten die Frau, in mitleidvollem Wunsche, ihm ein Almosen zu geben, ihn zum drittenmal einlud. Da verlor denn der junge Pilger alle Furcht und Scheu, dachte nicht mehr an Sankt Peter noch an Sankt Paul, sondern hatte seinen ganzen Sinn auf das schöne Weib gerichtet, so daß ihm durch das beständige Betrachten die Auferstehung des Fleisches angekommen war. Ohne mehr zureden, legte er also die Hand ans Nestel, das seine Hosen festhielt, löste dasselbe, ließ sie hinabfallen, trat in die Tür, nahm das junge Weib in den Arm und legte sie zitternd nebenan auf eine Gläserkiste, die ihr Mann hierherzustellen pflegte, um nicht die Bude zu verstellen, die im Hause gegenüber war. Dann bemühte er sich, mit würzigen und feurigen Küssen sie zu seinen Wünschen zu bequemen, war mit der Hand geschäftig, so gut er konnte, und versuchte, zum letzten Ziele zu gelangen. Die junge Frau, als sie sich so mitspielen sah, wußte gar nicht, was sie tun solle, um nicht hier über einer solchen Sache überrascht zu werden. Sie faßte daher den festen Vorsatz, so sehr sie konnte, zu schreien. Sie erhob die Stimme und rief: »Hilfe, Antonio, Antonio, komm!«
    Der arme Pilger, der schon das Kleid aufgehoben und die nötigen Vorkehrungen getroffen hatte, erkannte, als er sie so schreien hörte, ungeachtet er die Sprache nicht verstand, die Angst der jungen Frau und merkte, daß ihre Handlungen mit ihren Worten nicht übereinstimmten. Da er ein Fremder war, fürchtete er daher, es möchte ihm etwas Unangenehmes begegnen, und ganz mißmutig floh er wie ein Gespenst, so schnell er konnte, ohne Hindernis zu finden.
    Antonio, der über der Straße in der Bude stand, hörte das Schreien und erkannte gleich die Stimme seiner Frau. Er lief daher hinüber, damit nicht, wie das so oft geschieht, ein unanständiger Scherz mit ihr getrieben werde, und trat wütend und zornglühend in die Tür, jedoch nicht so schnell, daß er noch den Pilger sehen konnte, der bereits entwischt war. Drinnen angelangt, fand er die Frau auf der Kiste liegend, noch gerade so, wie sie der Flamänder verlassen hatte, die Kleider bis zum Gürtel ganz aufgestülpt und halb ohnmächtig vor Angst oder meinetwegen vor Zorn, so daß sie kaum sprechen konnte. Als ihr Gatte sie so zugerichtet sah, rührte ihn fast der Schlag; er meinte, er habe seine Ehre ganz verloren, und fragte, was es gebe.
    Die Frau, ganz glühend von etwas anderem als von Angst, sagte: »Ei, den Henker gibt es! Gott sende Euch die schwere Not!«
    Antonio wußte nicht, was das heißen sollte, und fragte sie von neuem. Darauf sagte sie: »Hu, daß Euch die Pest! Ich komme kaum zu Atem, so habe ich Angst ausgestanden.«
    Der Mann, voll Begierde, zu erfahren, was es sei, sagte: »Nun wie? Schnell! Sag' es, was es war! Fürchte dich nicht!«
    Die Frau setzte sich die Haube zurecht, schob ihre Kleider hinunter und sprach: »Nie in meinem Leben bin ich in größere Bedrängnis geraten als

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