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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Einbildungskraft zu erheitern. Zwei volle Stunden brachte er in dieser unbehaglichen Aufregung in dem Zimmer, worein ihn Celidea verwiesen hatte, zu, ohne sich zu rühren. Endlich schritt er weiter durch ein Gemach mit einem Balkon, wohinein zu einem geöffneten Fenster der Schimmer des bleichen Mondes leuchtete, bis in ein an den Saal grenzendes Kabinett, dessen von ihm zufälligerweise berührte Tür von selbst aufging. Hier verbreitete eine an einem seidenen Bande von der Decke herabhängende brennende Lampe ein üppiges Dämmerlicht und zeigte ihm dabei eine auf einem Bette schlafend hingegossene nackte Venus, der sich die Finsternis, vielleicht mehr aus Ehrfurcht vor dem sanften Glanze der schönen Glieder als von dem Lampenscheine zurückgehalten, nicht zu nahen wagte. Beliarco trat, neugierig, dieses Wunder zu betrachten, näher hinzu und sah oder glaubte Celidea zu sehen, obwohl er, seine Blicke schärfend, erkannte, daß seine Einbildungskraft gleichsehr von seinen Begierden wie von der Ähnlichkeit getäuscht worden war. Celidea war es nicht; es war ihr Ebenbild, ebensoviel schöner als sie, wie die Rose des Morgens schöner als des Mittags ist. Er erkannte sie für Zafira, Celideas Tochter, und würde um des reinen Schnees ihres Körpers willen dafür gehalten haben, daß sie in eine alabasterne Bildsäule verwandelt worden sei, hätte das ihren Busen in sanfter Wallung erhaltende Klopfen ihres Herzens nicht verraten, daß Leben in ihr sei. Jeder Teil dieses wunderreizenden Körpers atmete Liebe. Sie ruhte auf ihrer rechten Seite. Von der Hüfte bis zu dem blendenden Knie verschleierte zwar faltiges Linnen dem Blick die geheimsten Schönheiten; den Gedanken hielt es aber nicht ab, sie sich vorzustellen. Ihr Haupt stützte sich in die weiche Fläche der ausgestreckten Hand; ihre aufgelösten Haare waren teils in einen Knoten von Licht zusammengesteckt, teils flossen sie in verführerischer Unordnung über ihre Brust, den Lustgarten ihrer Schönheit, nieder, aus dem unter den frischesten Knospen und Blüten zwei kleine niedliche Äpfel emporragten, die eben in ihrer Herbe von der höchsten Süßigkeit durchdrungen waren. Von der heitern Morgendämmerung ihrer Stirn tropfte, um die Rosen ihrer Wangen zu tränken, durch die Hitze der Jahreszeit hervorgelockt, süßer Tau herab und würde sich in Perlen gewandelt haben, wäre er so glücklich gewesen, von dem Blick der Sonne getroffen zu werden, die sich hinter der Wolke ihrer schönen Augenwimpern barg. Regungslos vor Erstaunen starrte Beliarco diese Reize ohnegleichen an; seine ganze Seele war in dem geringen Umlaufe seines liebeglühenden Augapfels zusammengedrängt, der gleichsam wie eine verwegene Biene sich mit den Flügeln der Blicke bald auf diese, bald auf jene Blüte der Schönheit schwang und ihren, zwar für die Augen süßen, für das Herz aber um so giftigeren Honig daraus sog.
    Der arme Sterbliche entbrannte am Ende zu so verzehrender Flamme, daß er, ganz außer sich selbst versetzt, und ohne die Gefahr zu bedenken, der er sich bei dem etwaigen Erwachen der schönen Schläferin preisgab, sich ihr zur Seite niederlegte, sie leise in seine Arme schloß und, von der Liebe gelehrt, ihr bald von der lieblichen Härte des Busens, bald von den weichen Korallen des Mundes die süßesten Küsse raubte. Zafira ihrerseits war dagegen zwar von den Banden des Schlafes umfangen, ward sich aber dennoch seiner Liebkosungen wohl bewußt und schmiegte sich, des Glaubens, in den Armen ihrer Mutter zu ruhen, die oftmals bei ihr schlief, immer inniger an Beliarcos Brust, der eine solche Beseligung darob empfand, daß er sich größerer Vertraulichkeiten enthielt und die schöne Nackte in dieser Lage einige Sicherheit finden ließ, weil er sie, wenn er das Unglück hatte, sie zu erwecken, aus seinen Umarmungen zu verscheuchen fürchten mußte.
    Während er nun, auf diese Weise in unsäglicher Wollust schwelgend, das reizende Wesen bald mit den Augen verschlingt, bald mit leisen, glühenden Küssen bedeckt, bald mit seinen zitternden Armen umtastet und sich somit der Neigung und Leidenschaft zu Celidea allmählich durchaus entledigt, macht sie selbst sich glücklich von ihrer Schwägerin los, die, noch ehe sie dazugekommen war, zur Freude des ganzen Hauses einem schönen Kindlein das Leben gegeben hatte, beseitigt die Einwendungen ihres Bruders, der sie bei so nächtlicher Weile nicht wieder fortlassen will, und zögert nicht, von der höchsten Inbrunst beseelt, nach

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