Italienische Novellen, Band 3
mit, und am Ende des Fackeltanzes fügte es sich so glücklich, daß beim Wechsel der Orte und Personen, wie das bei einem solchen Tanze gewöhnlich ist, Rinieri Cicilia bei der Hand faßte; er drückte sie fest und sie die seinige.
»Mein Leben«,flüsterte ihr der Jüngling zu, »ich brenne.«
Und sie gab ihm zur Antwort: »Und ich bin schon verbrannt, Rinieri, und fast nichts mehr als Asche.«
Als der Tanz aus war, verabschiedete sich der Jüngling und sprach zu ihr: »Ich lasse mein Herz in Euren Händen.«
Und sie zu ihm: »Und ich meine Seele.«
Weiter konnten sie sich nichts sagen und schieden voneinander, beider Herzen aber waren voll der glühendsten Flammen.
Als Rinieri sah, daß Cicilias Vater ihren beiderseitigen Wünschen entgegenstand, gedachte er durch Vermittlung Nastagias seinen Zweck zu erreichen. Als er eines Tages mit ihr sprach, sagte er zu ihr: »Nastagia, ich sehe, wie genau Ihr mit Cicilia bekannt seid und wie sie sich mit ihren Frauen in diesem Euren Garten ergeht.« (Bei dem Hause des Duftkrämers war nämlich ein zwar kleiner, aber doch wohl der schönste Garten in ganz Imola.) »Ich weiß«, fuhr Rinieri fort, »daß, wenn Ihr wollt, Ihr mir leicht Gelegenheit verschaffen könnt, Cicilia zu heiraten und mich ihrer Liebe zu freuen. Darum bitte ich Euch, habt doch Erbarmen mit mir, und wenn alles andere mir widerstrebt, laßt Ihr mich nicht ganz zugrunde gehen, da Ihr so geschickt und ohne Nachteil helfen könnt!«
Nastagia war nicht von Stahl; sie wünschte die Liebschaft, wie sie sie eingeleitet hatte, auch zu Ende zu führen, und sagte, sie wolle es gern tun, wenn die Jungfrau damit einverstanden sei.
»Daran zweifle ich nicht«, sagte Rinieri, »da sie mich so feurig liebt, wie ich weiß, und wenn Ihr die Mittlerin macht, bin ich sicher, daß sie sich auf eine so ehrenhaft bezweckte Sache einlassen wird.«
Die gute Alte versprach ihm wiederholt ihre Dienste, ging zu der Jungfrau und sagte ihr, was ihr Rinieri aufgetragen hatte. Cicilia war schon völlig mit ihrem Liebhaber ein Wesen geworden; sie antwortete daher, wofern sie nur ihre Ehre dabei unverletzt bewahren wolle, sei sie bereit, zu tun, was ihr gefalle.
Nastagia kehrte also zu Rinieri zurück und bewies ihm, daß Cicilia ganz bereit sei, ihn zum Manne zu nehmen, weshalb sie unter sich sorgfältig verabredeten, was zu tun sei.
Nach einigen Tagen ließ die Muhme, die das Mädchen unter ihrer Obhut hatte, der Duftkrämerin sagen, sie wolle morgen mit ihrem Mädchen in ihren Garten kommen. Daher ordnete Nastagia mit den Liebenden die Feier der Vermählung an. Die Frauen kamen in das Haus der guten Alten und traten in den Garten; während nun Cicilia Blumen pflückte, an denen der Ort sehr reich war, ließen sich die beiden Alten in ein Gespräch ein über ihre Einkäufe, über Leinwand und Spinnerei. Unter anderem sagte Nastagia zu der andern, sie wolle ihr eine bewundernswürdige Webearbeit zeigen, die eine ihrer Töchter außer dem Hause mache, wenn sie jemand hätte, der sie ihr holte.
Die Frau sagte: »Wir wollen meine Magd danach schicken.«
Cicilia, schon von allem zum voraus unterrichtet, sagte: »Ach nein, Muhme, schickt nicht hin! Wenn es Euch recht ist, möchte ich lieber, wir gingen nach Hause, denn es überfällt mich ein solcher Schlaf, daß ich die Augen kaum offenhalten kann.«
»Ei«, sagte Nastagia, »Gott sei Dank, ich habe auch Plätze zum Schlafen in meinem Hause.«
Dann wandte sie sich zu der Magd und sagte: »Geh, wohin dich die Frau sendet! Cicilia wird schon eine Ruhestätte finden.«
Die Magd ging hin, Nastagia aber nahm die Jungfrau bei der Hand und führte sie samt der Muhme in ein Zimmer, legte sie aufs Bett, schloß die Fenster und endlich auch die Tür und gab der Muhme des Mädchens den Schlüssel. Sodann gingen beide in den Garten und erwarteten die Magd, die das Gewebe holen sollte.
Die gute Alte hatte, kurz ehe die Frauen kamen, Rinieri in jener Kammer verborgen. Sobald er nun hörte, daß seine Cicilia eingeschlossen wurde, kam er aus seinem Versteck hervor, ging an das Bett, nahm die Geliebte in den Arm, preßte sie fest an seine Brust und gab ihr Tausende von Küssen – und ebenso sie ihm. Nach vielen gegenseitigen Liebkosungen vermählte sich Rinieri mit ihr, und auf die Versicherung des ehelichen Bundes pflückte er zu großer Wonne beider die ersehnte Frucht ihrer Liebe; ja, sie hatten so viel Muße, daß sie sich mehrmals von neuem ihrer Wonne hingeben konnten. Unterdessen
Weitere Kostenlose Bücher