Italienische Novellen, Band 3
Da bewog die Alte ihren Gatten, wiewohl mit Mühe, sie nicht umzubringen. Man nahm ihr nun den Rock von Zendel und alle Zierate ab, die ihre edle Abkunft andeuten konnten, und ließ sie im bloßen Hemde. Da schenkte ihr die Alte einen schlechten, sehr abgetragenen Unterrock von ihr, den sie anlegte. Maltrova ließ sie im Walde allein, stieg auf seinen Wagen und fuhr weiter samt den Kleidern der unglücklichen jungen Frau und allem, was Messere Horatio ihm zu seinem Zwecke gegeben hatte. Aber kaum hatte er sich von Cicilia zehn Meilen weit entfernt, als eine Räuberbande sie überfiel und ihm und seiner Frau den verdienten Tod gab; und mit Cicilias Kleid nahmen die Räuber ihnen alles, was sie von Messere Horatio bekommen hatten und was sich auf mehr als viertausend Gulden in Gold belief. Aber die göttliche Gerechtigkeit fügte es, daß auch sie bald hernach den Lohn für ihre verbrecherischen Taten bekamen: denn sie begegneten dem Polizeimeister von Ravenna, der mit einer starken Schar ausgezogen war, sie gefangennahm und vor den Richter führte, wo sie nach geleistetem Geständnis ihrer Mordtaten die gebührende Strafe fanden.
Die unglückliche Cicilia hatte eingenäht in einen Gürtel, den sie unter dem Hemd auf dem bloßen Leibe trug, ein paar hundert Goldgulden und einige Kleinode; denn da sie mit Rinieri von ihrem Vaterhause fliehen wollte, hatte sie schon angefangen, wertvolle Sachen zusammenzusuchen, um sie mit sich zu nehmen. Sie zog daher zwei Paar Goldgulden heraus und ging so lange durch den Wald weiter, bis sie den Weg nach dem Meere fand. Sie stieg in eine Barke, die gegen Loretto ging, und ließ sich nach dem Hafen von Ricanati führen. Dort fand sie ein frommes und ehrbares altes Weiblein, mit der sie ihre armselige Lebensweise teilte; sie hieß Isabella von Narne. Zwei Tage darauf fing Messere Horatio an, sich zu verwundern, daß Cicilia nicht zurückkehre. Er schickte einen seiner Leute nach Massa, wohin Maltrova nach seiner Angabe hatte auf die Hochzeit gehen wollen. Der Diener kehrte zurück und meldete, er sei nicht nur nicht dorthin gegangen, sondern es sei dort gar keine große Hochzeit gefeiert worden. Als Messere Horatio dies hörte, fing er an zu schreien und zu wehklagen und den größten Schmerz zu heucheln und sich und sein Unglück zu verfluchen, das ihn verleitet habe, seine Tochter einem solchen Manne und Weibe anzuvertrauen. Er schickte Reitende nach allen Seiten, um zu sehen, ob man nicht eine Spur von Maltrova finden könne. Alle Leute in der Stadt bejammerten mit ihm einen so unerklärlichen Vorfall, wunderten sich aber unter sich, daß Messer Horatio sich diesem Manne in einer Sache von solcher Wichtigkeit anvertraut habe. Man wußte darüber nichts anderes zu sagen, als, nachdem Messere Horatio mit Hilfe dieses Menschen andern tausendfach Schmach angetan, habe Gott endlich diesen Vorfall gestattet, um zu zeigen, daß aus böser Handlungsweise und aus dem Umgang mit Bösen weiter nichts zu ernten ist als Böses.
Die Leute, die ausgegangen waren, um Maltrova zu suchen, kehrten zurück und sagten, er sei gar nirgends zu finden; sie hätten aber gehört, im Hafen von Ravenna sei ein Schiff von Kaufleuten, die nach Otranto gesegelt seien, um von dort nach Konstantinopel zu fahren; sie halten es für sicher, daß er mit diesem Schiffe entflohen sei und Cicilia dem Großtürken bringe, indem er denke, da sie so schön sei, einen großen Gewinn daraus zu ziehen. Messere Horatio schickte nach Otranto und erfuhr, das Schiff sei schon über acht Tage weggefahren. Nun stellte er sich als den unglücklichsten Vater, der da lebe (obwohl ich glaube, daß sein Schmerz nicht ganz nur Verstellung war), und trauerte tief.
Während dies in Imola vorfiel, gebar Cicilia im Hause der guten Alten einen wunderschönen Knaben, dem sie den Namen Rinieri beilegte, um durch den Namen ihres Kindes die Sehnsucht nach ihrem Gemahl zu lindern, die sie verzehrte, und dem sie sich doch nicht zu entdecken wagte, teils wegen des Eides, den sie Maltrova hatte schwören müssen, um nicht wider Gott zu sündigen, teils weil sie fürchtete, es könnte ihrem Vater zu Ohren kommen, und er würde dann sie beide umbringen lassen, nachdem sie schon einmal seine Grausamkeit erprobt hatte.
Cicilias Schicksal ward in der ganzen Romagna bekannt und kam auch zu Rinieris Ohren, der höchst betrübt darüber nach Imola ging und von Nastagia zu erfahren suchte, was an der Sache sei. Als er nun kein Mittel sah, Cicilia
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