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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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wiederzufinden, nahm er den Dolch, den er an der Seite trug, und wollte sich erstechen. Nastagia aber gab es nicht zu und überredete ihn, seine Frau aufzusuchen: denn sie sei versichert, wenn er eifrig suche, werde er sie finden und einst noch glücklich mit ihr zusammen leben. Rinieri befolgte diesen Rat und ging, ohne weiteres Merkmal anzugeben, nachdem er erkundet hatte, welchen Weg Maltrova eingeschlagen habe, nach dieser Richtung hin. Nachdem er lange gesucht hatte, fand er einen Schäferknaben, der sagte, er habe gesehen, wie einer eine junge Frau umbringen wollte, die er auf dem Wagen gehabt, und er glaube auch, er habe sie umgebracht, denn er habe sie später nicht mehr gesehen. Auf diese Kunde war Rinieri so betrübt, daß es nicht zu sagen ist. Als er weiterging, fand er einen andern, der ihm sagte, der Mann auf dem Wagen sei nebst einem alten Weibe von Räubern umgebracht worden, eine junge Frau habe er aber nicht bei sich gehabt. Rinieri dachte, nun brauche er nicht weiterzugehen, denn er war nun überzeugt, daß nach der Aussage des Hirtenknaben seine Geliebte tot sei. Er wollte daher nach Imola zurückkehren und sich auf demselben Bett den Tod geben, auf welchem sie ihre Vereinigung gefeiert hatten. Aber siehe da, während er diesen Gedanken nachhing, sah er einen Mann kommen, der das Kleid anhatte, das Cicilia trug, als Maltrova sie umbringen wollte. Rinieri erkannte es sogleich als dasselbe, das das Fräulein auch an dem Tage trug, wo er und sie ein Paar wurden. Er fragte ihn freundlich, wo er es herhabe, und erhielt zur Antwort, er habe es in Ravenna in einem Judenladen gekauft. Rinieri bat ihn, mit ihm nach Ravenna zurückzukommen, und er war es zufrieden. Sie gingen beide nach der Stadt; der Fremde führte ihn dahin, wo er das Kleid gekauft hatte, und Rinieri erfuhr von dem Juden, es habe einigen Räubern gehört, die in Ravenna gehenkt worden seien. Rinieri begab sich zu den Richtern und den Notaren des Amtes, erforschte, was sie bei den Räubern gefunden und von ihnen erfahren hätten, und diese zeigten ihm denn unter anderem einen Brief, den sie Maltrova nebst einer Geldsumme abgenommen. Er hatte denselben gleich, nachdem er Cicilia verlassen, geschrieben, um ihn dem ersten vertrauten Boten zu übergeben, den er fände; er benachrichtigte darin Messere Horatio, daß er seinem Auftrage gemäß seine Tochter umgebracht habe. Rinieri nahm den Brief und kaufte das Kleid zurück, mit dem festen Entschluß, Rache zu nehmen für die Frau, die er wie sein Leben liebte. Er begab sich daher zu dem Präsidenten der Romagna, der gerade in Cervia war, überreichte ihm den Brief und bat, ihm Gerechtigkeit nicht zu versagen. Dem Präsidenten war der Vorfall mit Cicilia bereits gemeldet worden, und er hegte bei sich die Überzeugung, daß der Vater um das ihr zugestoßene Schicksal sicher wissen müsse. Als er daher den Brief sah, verfügte er sich alsbald nach Imola und ließ in der folgenden Nacht Messere Horatio verhaften und ins Gefängnis setzen. Am Morgen ließ er ihn vorführen und fragte ihn, was aus seiner Tochter geworden sei. Bei dieser Frage ging ihm ein Stich durchs Herz. Doch machte er, so gut er konnte, ein heiteres Gesicht und sagte, er wisse nicht mehr davon als die ganze Stadt. In diesem Augenblicke trat Rinieri unvermutet hinter einem Bett hervor, wo ihn der Präsident hatte verbergen lassen, trat Messere Horatio entgegen und zeigte ihm Cicilias Kleid mit den Worten: »Ha, alter Schurke, kennst du dieses Kleid? Übergabst du nicht dem Maltrova deine Tochter in diesem Aufzuge, damit er sie umbringe? Gabst du ihm nicht so und so viel Goldgulden und Kleinodien?« (Er war nämlich vom Amt in Ravenna vollständig unterrichtet, weil die Räuber bekannt hatten, welche Habseligkeiten dem Maltrova abgenommen worden waren.) »Gabst du sie ihm nicht, damit er dies ausführe? Kennst du diesen Brief, gottloser Mensch?«
    (Bei diesen Worten zeigte er ihm Maltrovas Brief.)
    »Lies ihn, und du wirst sehen, grausamer Mann, daß der verruchte Henker dein Verlangen erfüllt hat!«
    Der arme Alte las den Brief, sah das Kleid, und da er sich so bis ins Einzelne den Hergang vorerzählen hörte, wußte er nicht, was er antworten sollte, und stand wie versteinert da; denn er konnte sich gar nicht erklären, wie dieser Mensch das alles wisse. Da nun der Präsident sah, daß er in diesem Grade allen Mut verloren hatte, hielt er ihn mit Überzeugung für schuldig und sprach zu ihm: »Behandeln Väter ihre Töchter so,

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