Italienische Verführung
dieses verdammte Sonnenlicht vergessen konnte.
„Es reicht jetzt, Edward.“ Ungeduldig schlug der Onkel mit seiner Zeitung auf Edwards Bein. „Der Tag ist schon halb vorüber. Du erhebst jetzt gefälligst deinen betrunkenen Kadaver aus diesem Bett.“
„Ich bin nicht betrunken, Onkel“, protestierte Edward schwach und vergrub sich in seinem Kopfkissen. „Ich wäre viel glücklicher, wenn ich es wäre.“
„Diese Haltung schickt sich nicht für einen Warwick.“ Onkel Henrys Abscheu hatte die gleiche Wirkung wie das Sonnenlicht. „Kein Wunder, dass meine Schwester verzweifelt, weil sie mit einem unwürdigen Sohn wie dir geschlagen ist.“
Edward stöhnte ins Kissen. Er hätte dagegenhalten können, dass er mit einer keifenden, aufdringlichen Mutter geschlagen war, doch dazu war jetzt nicht der richtige Augenblick.
„Steh auf, Edward!“
Das Wasser, das ihm ins Gesicht klatschte, schien auszureichen, um ihn zu ertränken. Spuckend und nach Luft schnappend fuhr er hoch.
„Hör endlich mit dem Gejammer auf, Neffe“, befahl sein Onkel, der den leeren Krug vom Waschtisch immer noch in der Hand hielt. „Was glaubst du wohl, was Lady Diana sagen würde, wenn sie dich so sehen könnte?“
„Sie würde sagen, dass Sie ein verdammter alter Schuft sind, weil Sie mich so behandeln.“ Edward blinzelte zu seinem Onkel hoch, während er sich mit dem Betttuch das Wasser aus dem Gesicht wischte. „Und sie hätte recht.“
„Dass du ein fauler Langschläfer bist, ohne Respekt vor Älteren, das würde sie sagen.“ Onkel Henry zog sich einen Stuhl ans Bett, hob seine Rockschöße hoch und setzte sich auf die Stuhlkante. „Während du deinen Rausch ausgeschlafen hast, war ich heute Morgen schon beim Konsulat. Ich habe ein paar Erkundungen eingezogen, und das auch noch in deinem Interesse. Lady Diana Farren ist tatsächlich Astons Tochter, wie sie und ihre Gouvernante behauptet haben. Doch von noch größerem Interesse für dich ist, dass sie dem Glücklichen, der ihre Hand erhält, im Jahr zwanzigtausend Pfund einbringen wird.“
„Zwanzigtausend?“ Das war Geld genug, um jedem einen klaren Kopf zu verschaffen. Bereit, noch mehr zu hören, schwang Edward die Beine über die Bettkante. „Ein hübsches Sümmchen, alles was recht ist.“
Sein Onkel nickte und klopfte die Rocktaschen ab, bis er seine Pfeife und die Zunderbüchse gefunden hatte. „Dir wird nie eine süßere Pflaume in deinen nichtsnutzigen Schoß fallen, Edward. Und hier in Rom hast du nicht die Konkurrenz, die du in London hättest.“
„Das ist aber ausgesprochen hart von Ihnen“, widersprach Edward und machte ein finsteres Gesicht. Die unangenehme Wahrheit verletzte seinen Stolz. „Sie haben doch gesehen, mit welchem Blick Lady Diana mich ansieht. Ich wage zu behaupten, dass sie von mir bereits sehr angetan ist.“
„Vielleicht.“ Mit offensichtlicher Skepsis steckte sich Onkel Henry die Pfeife in den Mund. „Doch bis jetzt hattest du kein großes Glück bei den Damen, nicht wahr?“
„Ich habe es nur noch nicht richtig versucht, das ist alles“, wehrte Edward ab und fuhr sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. Das hier war an sich schon ein schwieriges Gespräch, auch wenn er es nicht im Nachthemd und unter den Auswirkungen der nächtlichen Exzesse hätte führen müssen. „Diese selbstgefälligen, überkandidelten Londoner Weiber – ein Mann hat es mit denen nicht einfach, wissen Sie. Sie machen einen fertig, sobald sie nur einen Blick auf einen geworfen haben.“
„Versuche nicht, mir etwas vorzumachen, Edward“, sagte Onkel Henry streng, während er sich darauf konzentrierte, die Pfeife anzuzünden, und dabei heftig paffte, bis der Tabak schließlich glühte. „Ich kenne deine Lage und weiß, warum deine arme verwitwete Mutter dich hier in Italien, außerhalb der Reichweite eines Gerichtsvollziehers, meiner Obhut übergeben hat. Die kleine Erbschaft, die du besessen hast, hast du an unsinnige Unternehmungen verschwendet.“
„Das waren rechtmäßige Investitionen in sehr vielversprechende Erfindungen.“ Es hatte da eine todsichere Methode gegeben, Holz in Kohle zu verwandeln, einen Vorschlag für einen Verkehrstunnel von Dover nach Calais und eine Methode, mit der man Messing in Gold verwandeln konnte. All das hatte nach einem schlauen Finanzmann verlangt, der fähig war, die großen Möglichkeiten zu erkennen. Wie sehr er es liebte, den wissenschaftlich gebildeten Herren zu lauschen, wenn sie ihm erklärten,
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