Jack Fleming 02 - Blutjagd
bringen leider und bekanntermaßen ihre Probleme mit sich.«
»Dieser hier nicht.«
Escott ging ein höllisches Risiko ein, dass er mich auf diese Weise über die Lage informierte. Vielleicht kam sie auf die Idee, ihn zuerst zu erschießen und dann darauf zu warten, dass ich aufkreuzte. Wenn ich in diesem Zustand eine Kopfhaut gehabt hätte, dann hätte sie jetzt ziemlich gejuckt.
Die Unterhaltung erstarb, hatte aber lange genug gedauert, dass ich eine Vorstellung von ihren jeweiligen Positionen erlangt hatte. Die Frau saß mit dem Rücken zur Wand neben dem offenen Fenster, etwa drei Meter von Escott entfernt. Das war nahe genug für sie, um nicht daneben zu schießen, aber zu weit für Escott, um ihr die Waffe entreißen zu können. Außerdem war ein Zeitvorteil von einigen Sekunden auf ihrer Seite, da er hinter dem Schreibtisch festsaß. Soweit ich bei meinem raschen Durchschweben des Büros erkennen konnte, waren die beiden allein.
Das Problem war nicht allzu verwickelt. Ich konnte mich verstofflichen und ihr die Waffe abnehmen, bevor sie begriff, was geschah. So etwas hatte ich schon einmal mit ihr gemacht, aber zwischen einer dunklen Gasse und einem gut beleuchteten Büro bestand immerhin ein Unterschied. Sie würde sich fragen, woher ich aufgetaucht war und wie ich so nahe hatte herankommen können, ohne von ihr gesehen zu werden. Wenn die Cops eintrafen, gab es vielleicht noch weitere Komplikationen, und ich konnte es nicht riskieren, die Aufmerksamkeit offizieller Stellen auf mich zu ziehen.
»Wo ist er?« In ihrer Stimme lag wieder der Klang von zermahlenem Glas.
»Bitte haben Sie Geduld. Es dauert nicht mehr lange.«
»Das hat verdammt noch mal schon viel zu lange gedauert. Rufen Sie an, stellen Sie fest, ob er schon unterwegs ist.«
»Wie Sie wünschen.«
Ich hörte das Klicken einer Wählscheibe. Die Aufmerksamkeit der Frau war jetzt ganz auf Escott gerichtet. Sie war Rechtshänderin, also musste ich sie auch dort packen. Ich legte meine Hände – oder das, was gleich zu meinen Händen werden würde – über ihre.
Als Escott »Hallo« sagte, nahm ich meine körperliche Gestalt an und wand ihr die Pistole aus den Fingern. Der Hammer war gespannt, und die Waffe war entsichert. Das Auslösen des Abzugs erforderte nur einen winzigen Druck, und dafür reichte mein Entwaffnungsversuch leicht. Plötzlich bäumte das Ding sich bellend auf, und in der Wand gegenüber erschien ein hübsches Loch. Ich riss der Lady die rauchende Knarre aus der Hand und ließ sie fallen. Sie blieb friedlich liegen.
Die Kleine sprang auf, und plötzlich hatte ich alle Hände voll zu tun. Mit der einen erstickte ich ihr zorniges Aufkreischen, und mit der anderen umklammerte ich ihre Handgelenke. Escott hängte den Hörer ein, kam etwas steifbeinig um den Schreibtisch herum, wich ihren Tritten aus und packte ihre Knöchel. Mit unserem gemeinsamen Gewicht drückten wir sie wieder auf ihren Sessel und brauchten dazu jedes Kilo, denn sie wand sich und zappelte wie ein Hecht an der Angel.
»Ich muss gestehen, dass mir dein Anblick hoch willkommen ist«, sagte Escott, während er noch mit ihren Beinen kämpfte.
»Immer wieder gern. Was machen wir jetzt mit ihr?«
»Wir holen die Polizei, glaube ich. Sie wird immer noch wegen des Diebstahls gesucht.«
»Kannst du mich aus dem Spiel lassen? Für einen Auftritt vor Gericht bin ich nicht in passender Verfassung.«
»Ganz wie du wünschst. Aber ohne dich als Zeugen könnte es bei dieser Sache auf mein Wort gegen das ihre hinauslaufen, das heißt, falls ich Anklage erhebe.«
»Musst du das denn, bei ihrem Strafregister?«
»Sagen wir einmal so: Nach dem, was ich heute durchgemacht habe, verspüre ich Lust dazu. Halt sie weiter fest. Im Schreibtisch habe ich ein Paar Handschellen.«
Er ließ ihre Knöchel los, bückte sich nach der Automatic und wich dabei einem weiteren Tritt aus. Er löste vorsichtig den Hammer, entfernte das Magazin, nahm die Patrone aus der Schusskammer und legte die Waffe in die Schreibtischschublade, aus der er Handschellen hervorholte und öffnete.
Ich drückte ihre Schultern fester zurück, damit sie blieb, wo sie war. Dabei achtete ich darauf, dass meine Finger ihren Zähnen nicht zu nahe kamen. Escott legte ihr die Handschellen an und holte dann aus dem kleinen Badezimmer einen Waschlappen und einen langen Streifen Verbandsstoff. Gemeinsam stopften wir ihr den Lappen in den Mund und fixierten ihn mit dem Verband. Wir wollten vermeiden, dass ihre
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