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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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Mister Trumpet seine törichte Vereinba-
    rung mit Sir Joseph zum Vorwurf. Darin lag die Ka-
    tastrophe. Ich habe niemals den großen, dicken
    Männern mit lauten Stimmen und blondem Haar ge-
    traut. In ihrem Auftreten ist zu viel Befehl und zu wenig Autorität.
    Um zu verhindern, daß wir gegeneinander boten,
    sollte er für uns bieten. Das würde Geld sparen. Er wollte bieten. Er hatte eine laute Stimme und war an die Viehauktionen in Worcestershire gewöhnt. Er
    kannte sich aus. Ich sah Mister Trumpet nicken und
    dabei für sich den Entschluß fassen, ihm die Dinge aus den großen behaarten Händen zu nehmen, wenn etwas
    schiefgehen sollte. Und ich faßte denselben Entschluß.
    Nicht, daß Sir Joseph den verschrumpelten, traurig
    aussehenden weißen Mann haben wollte, der Lord
    Sheringham war, der große Richter. Es war wegen
    des Pygmäen. Der Pygmäe war noch mit ihm zusam-
    mengekettet. Sie waren ein Angebot. Mit Dreingabe.
    Einer wertvoll, der andere wertlos, je nachdem, was man sammelte – Richter oder Zwerge.
    Daher konnte Mister Fared nur gewinnen, und
    zwar von dem, der einen von ihnen wollte. Und der
    Käufer mußte für das bezahlen, was er nicht wollte.
    Niemand hätte beide wollen können.
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    So war das zustande gekommen: die allzu kluge
    Vereinbarung von Mister Trumpet.
    Wir kamen früh zum Korral – bei weitem zu früh,
    denn in der Nacht war noch eine zweite Karawane
    gekommen und mit Öl abgerieben worden, um die
    schwarzen Männer glänzender und gesünder erschei-
    nen zu lassen, als sie waren. Der Gestank war grau-
    enhaft. Und das Öl lockte die Fliegen in schlimmen, fleckigen Wolken an.
    Da sie keine Pferde waren, hatten die Sklaven kei-
    ne Schwänze, um die Quälgeister fortzuwedeln, daher wanden und drehten sie sich und schwenkten ihre mit schweren Ketten beladenen Arme, um sie zu verjagen.
    Sie sahen aus, als tanzten sie, aber es waren ihrer sechshundert auf nicht großem Raum; und ständig
    fielen sie durch die Ketten der Nachbarn und wurden wieder hochgerissen und jaulten vor jähem Schmerz.
    Unsere Sklavenkarawane litt auch, aber nicht so
    sehr, weil sie nicht geölt war.
    Sir Joseph Downs kam von Mister Fareds Veranda
    auf uns zu, als er sah, wo wir hinwollten. Uns war
    keine Zeit gegönnt, Grüße, Erstaunen und Freude mit Lord Sheringham auszutauschen, bevor Sir Joseph bei uns war und der Sache Einhalt gebot.
    (»Seien Sie nicht zu erpicht, junger Mann. Fared
    kann Sie sehen. Der Preis wird steigen …«)
    »Ich habe ihn schon gewarnt«, murmelte Mister
    Trumpet säuerlich.
    Ich war nur gerade mit einem sehr leise geflüster-
    ten »Wir sind Ihretwegen hier. Es wird jetzt alles gut.
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    Sie sind gerettet!« bis zu ihm gelangt, mit einem
    schnellen Blick in sein sonnenversengtes Gesicht mit wie Narben eingekerbten Furchen, die alte Lachfalten anzeigten … Dann spürte ich einen Augenblick der
    Panik, als er mich verständnislos anblickte, und ich glaubte, er hätte sein Gedächtnis verloren, bevor er lächelte und wieder er selber war – und ich rief Mister Trumpet zu, daß er in Ordnung sei und wir zur
    rechten Zeit gekommen seien …
    Das ist alles. Das war alles, wofür wir Zeit hatten, denn wir wurden unterbrochen, und Mister Trumpet
    übernahm sich mit seiner neunmalklugen Vereinba-
    rung.
    Sobald Sir Joseph erkannte, daß wir den Pygmäen
    nicht wollten, war er voller Freundlichkeit und kam mit Mister Trumpet schnell überein. Ein Preis wurde festgesetzt, und nur einer wollte bieten. Vierhundert Guineas, wenn nötig: zweihundert pro Mann.
    So wurde es zwischen ihnen abgesprochen, versteht
    ihr, bevor wir überhaupt in jene tiefdunkle Hütte von Mister Fared gingen: bevor das erste Gebot für das
    ungleiche Paar, das draußen in der Sonne geblieben
    war, gemacht wurde.

    »Fünfzig Guineas.«
    Der Rest war bereits abgefertigt: der portugiesische Kapitän, dunkel wie ein Araber, hatte die meisten gekauft. Ich dachte, er hätte genug und sich verausgabt; er saß so still, daß er auch hätte schlafen können.
    »Fünfzig Guineas.«
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    Er sprach gutes Englisch. Fünfzig Guineas ist gutes Englisch. Mister Fared lächelte. Es war auch gutes
    Arabisch. Er sah Kapitän Farmer, Mister Trumpet,
    Sir Joseph der Reihe nach an. Kein Laut.
    »Fünfzig Guineas?« (Vielleicht war’s doch kein so
    gutes Arabisch?)
    Warum sprach Sir Joseph nicht? Ich gebe zu, daß
    ich mir da ein bißchen Sorgen machte – als er so lan-ge die Dinge schleifen ließ, daß ich dachte, er hätte die

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