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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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jemand.
    Pierce hielt es für möglich, dass es Goddards Stimme gewesen war. Er klappte die Linsen nach unten, und jetzt sah auch er Farben. Jeder der Anwesenden leuchtete im Blickfeld der Brille rot und gelb. Er richtete sie auf Goddards Gesicht. Die Farbabstufungen ermöglichten ihm, im Dunkeln zu sehen. Goddard starrte gebannt auf den Bildschirm. Sein Mund stand offen. Seine Stirn und seine Wangen waren tief rot – ein ins Violette gehendes Rotbraun –, denn sein Gesicht glühte vor Erregung.
    Die Brille war eine Form von wissenschaftlichem Voyeurismus, da er mit ihr sehen konnte, was die Leute zu verbergen glaubten. Er sah, wie sich ein breites rotes Lächeln über Goddards Züge legte, als er auf den Monitor schaute. Und in diesem Moment wusste Pierce, dass der Deal perfekt war. Sie hatten das Geld, ihre Zukunft war gesichert. Er schaute auf die andere Seite des Raums und sah Charlie Condon an der Wand lehnen. Obwohl er keine Brille aufhatte, sah Charlie zu ihm herüber. Er blickte in der Richtung in das Dunkel, wo Pierce stand. Er nickte einmal, denn er wusste dasselbe, ohne die Brille dafür zu brauchen.
    Es war ein einzigartiger Moment. Sie waren auf bestem Weg, reich und möglicherweise sogar berühmt zu werden. Aber darum ging es Pierce nicht. Ihm ging es um etwas anderes, um etwas Besseres als Geld. Etwas, das er nicht in seine Tasche stecken konnte, aber in seinen Kopf und in sein Herz, wo es mit atemberaubendem Tempo in Stolz gemessene Zinsen abwerfen würde.
    Das war es, was ihm die Wissenschaft gab. Stolz, der alles überwog, der alles wettmachte, was jemals schief gegangen war, jeden falschen Schritt, den er jemals unternommen hatte.
    Und ganz besonders das mit Isabelle.
    Er nahm die Brille ab und hängte sie an den Haken zurück.
    »Nordlicht«, murmelte er leise vor sich hin.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    29
    Sie führten zwei weitere Versuche im Elektronenmikroskop durch und verwendeten dafür neue Wafer. Bei beiden erstrahlte der Bildschirm wie an Weihnachten, und Goddard war zufrieden. Zur Abrundung ließ Pierce Grooms noch einmal alle Laborprojekte mit ihm durchgehen. Schließlich würde Goddard in das ganze Projekt investieren, nicht nur in Proteus. Um zwölf Uhr dreißig war die Präsentation zu Ende, und sie gingen zum Mittagessen in den Sitzungssaal. Condon hatte das Essen von Joe’s liefern lassen, einem Restaurant in der Abbot Kinney, das nicht nur absolut in war, sondern, was eine seltene Kombination war, auch hervorragendes Essen hatte.
    Die Unterhaltung war heiter und gelöst, und sogar Bechy schien etwas aufzutauen. Es wurde viel über die Möglichkeiten dieses Forschungszweigs gesprochen. Nicht über das Geld, das damit verdient werden konnte. Irgendwann wandte sich Goddard Pierce zu, der neben ihm saß, und vertraute ihm ruhig an: »Ich habe eine Tochter mit Down-Syndrom.«
    Sonst sagte er nichts, und das musste er auch nicht. Pierce wusste, er dachte dabei an das Timing. Das schlechte Timing. Sie sahen einer Zukunft entgegen, in der solche Krankheiten eliminiert würden, bevor sie auftraten.
    »Aber ich bin sicher, Sie haben sie sehr gern«, sagte Pierce. »Und ich bin sicher, sie weiß das.«
    Goddard sah ihm kurz in die Augen, bevor er antwortete.
    »Ja. So ist es. Ich denke oft an sie, wenn ich mein Geld investiere.«
    Pierce nickte.
    »Sie müssen dafür sorgen, dass sie abgesichert ist.«
    »Nein, das ist es nicht. Abgesichert ist sie, mehr als genug. Was mir dabei vor allem im Kopf herumgeht, ist, dass ich sie, selbst wenn ich noch so viel verdiene, nicht werde ändern können. Ich werde sie nicht wieder heil machen können … was ich damit sagen will, ist … die Zukunft liegt vor uns. Das da … was Sie hier machen …«
    Außerstande, seine Gedanken in Worte zu fassen, wandte er den Blick ab.
    »Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen«, sagte Pierce.
    Der stille Moment endete abrupt mit einem lauten Lachen Bechys, die auf der anderen Seite des Tisches neben Condon saß. Goddard lächelte und nickte, als ob er gehört hätte, was so witzig gewesen war.
    Später, beim Limonenkuchen, den es zum Nachtisch gab, kam Goddard auf Nicole zu sprechen.
    »Wissen Sie, wen ich vermisse?«, sagte er. »Nicole James. Wo ist sie heute? Ich würde ihr gern wenigstens guten Tag sagen.«
    Pierce und Condon sahen sich an. Sie hatten abgesprochen, dass alle Erklärungen Nicole betreffend Charlie übernehmen würde.
    »Leider ist sie nicht mehr bei uns«, sagte Condon. »Freitag war

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