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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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einzige.«
    »Sie und Bartholomew?« fragte ich. »Sie waren Fälscher?«
    Der alte Mann lächelte wieder.
    »Nicht freiwillig. Während des Zweiten Weltkriegs landeten Männer wie Walter und ich in seltsamen Berufen. Von ihm und mir dachte man, wir seien beim Militärgeheimdienst besser aufgehoben als auf dem Schlachtfeld. Wir wurden zum SIS abkommandiert, der, wie Sie wissen, die früheste Form des CIA war. Andere waren dafür verantwortlich, den Feind mit Bomben und Gewehren anzugreifen. Wir bekamen die Aufgabe, den Feind wirtschaftlich anzugreifen. Wir entwickelten ein Projekt, die Wirtschaft der Nazis mit einem Anschlag auf den Wert ihres Papiergeldes zu ruinieren. Im Zuge unseres Projekts wurden Hunderte von Milliarden gefälschter Reichsmark hergestellt. Bomber übersäten Deutschland damit. Das Geld fiel wie Konfetti vom Himmel.«
    »Funktionierte das?« fragte ich ihn.
    »Ja und nein. Natürlich war ihre Wirtschaft ruiniert. Sehr schnell war ihr Geld wertlos. Aber natürlich wurde ein Großteil ihrer Produktion mit Hilfe von Sklavenarbeit aufrechterhalten. Sklaven interessieren sich nicht dafür, ob der Inhalt anderer Leute Lohntüten etwas wert ist. Und natürlich wurden alternative Zahlungsmittel gefunden. Schokolade, Zigaretten und sonstwas. Insgesamt war es nur ein Teilerfolg. Aber er machte Walter und mich zu den größten Fälschern der Geschichte. Zumindest wenn Sie die Menge als Maßstab nehmen. Ich kann kein besonderes Talent für den farbenverschmierten Teil des Projekts für mich in Anspruch nehmen.«
    »Aber hat Joe Sie darüber ausgefragt?«
    »Walter und ich wurden besessen davon. Wir studierten die Geschichte der Geldfälscherei. Sie fing an, sobald das Papiergeld eingeführt worden war. Und hat nie aufgehört. Wir wurden Experten in diesem Bereich. Unser Interesse daran erlosch auch nach dem Krieg nicht. Wir stellten eine lose Beziehung zur Regierung her. Schließlich gab ein Unterausschuß des Senats ein Gutachten bei uns in Auftrag. Mit aller gebotenen Bescheidenheit kann ich sagen, daß es die Bibel des Finanzministeriums im Kampf gegen das Falschgeld wurde. Ihr Bruder war natürlich damit vertraut. Deshalb sprach er mit Walter und mir.«
    »Aber worüber genau sprach er mit Ihnen?« fragte ich.
    »Joe war ein neuer Besen. Er war engagiert worden, um Probleme zu lösen. Er war in der Tat ein sehr begabter Mann. Seine Aufgabe war es, die Geldfälscherei vollkommen auszurotten. Das ist heutzutage unmöglich. Walter und ich sagten ihm das auch. Aber er schaffte es dennoch fast. Er dachte scharf nach und entwickelte eine Strategie von bestechender Einfachheit. Er beendete schließlich jegliche illegale Gelddruckerei in den Vereinigten Staaten.«
    Ich saß in diesem vollgestopften Büro und hörte dem alten Mann zu. Kelstein hatte Joe besser gekannt als ich. Er hatte Joes Hoffnungen und Pläne geteilt. Seine Erfolge gefeiert. Ihn bei seinen Rückschlägen bedauert. Sie hatten ausführlich und lebhaft miteinander gesprochen und einander inspiriert. Ich hatte das letzte Mal kurz nach der Beerdigung unserer Mutter persönlich mit Joe gesprochen. Ich hatte ihn nicht gefragt, was er so machte. Ich hatte nur meinen älteren Bruder in ihm gesehen. Nur Joe in ihm gesehen. Ich hatte ihn nicht als leitenden Agenten der Regierung mit Hunderten ihm unterstellten Leuten gesehen, der vom Weißen Haus mit der Aufgabe betraut worden war, große Probleme zu lösen, der in der Lage war, einen schlauen, alten Fuchs wie Kelstein zu beeindrucken. Ich saß dort im Sessel und fühlte mich schlecht. Ich hatte etwas verloren, von dem ich nie gewußt hatte, daß ich es besaß.
    »Sein System war genial«, sagte Kelstein. »Seine Analyse war scharfsinnig. Er konzentrierte sich auf die Druckfarbe und das Papier. Im Endeffekt läuft doch alles auf Farbe und Papier hinaus, nicht wahr? Wenn jemand die Sorten Druckfarbe oder Papier kaufte, die zum Fälschen von Banknoten benutzt werden konnten, wußten es Joes Leute innerhalb von wenigen Stunden. Er nahm solche Leute in wenigen Tagen hoch. Innerhalb der Staaten reduzierte er die Produktion von Falschgeld um neunzig Prozent. Und er verfolgte die verbleibenden zehn Prozent so energisch, daß er sie fast alle erwischte, bevor sie noch die Fälschungen in Umlauf gebracht hatten. Er beeindruckte mich wirklich sehr.«
    »Und wo lag das Problem?«
    Kelstein machte ein paar präzise, knappe Bewegungen mit seinen kleinen, weißen Händen, als würde er ein Szenario beiseite schieben

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