Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Jodie in ihrer Reisetasche nach ihrem Handy wühlte. Dann ließ sie sich das Buch wieder geben und rief aus der Buchhandlung das Hotel an. Reacher beobachtete sie dabei. Er hatte noch nie ein Hotel angerufen. Die Motels, in denen er übernachtete, hatten immer Betten frei. Er bekam nur mit, was Jodie sagte, und hörte sie einen Preis erwähnen, für den er mit etwas Verhandlungsgeschick ein Zimmer für einen Monat hätte mieten können.
»Okay«, sagte sie. »Das Zimmer ist gebucht. Ihre Flitterwochensuite mit Himmelbett. Das ist doch cool, oder?«
Er lächelte. Die Flitterwochensuite.
»Wir müssen auch essen«, gab er zu bedenken. »Gibt’s dort ein Restaurant?«
Sie schüttelte den Kopf, während sie in dem Stadtführer nach Restaurants blätterte.
»Auswärts zu essen, macht mehr Spaß«, sagte sie. »Magst du französische Küche?«
Er nickte. »Meine Mutter war Französin.«
Sie ging die Restaurants durch, telefonierte nochmals und reservierte einen Tisch für zwei Personen in einem französischen Lokal, das in der Nähe ihres Hotels lag.
»Zwanzig Uhr«, sagte Jodie. »So haben wir Zeit, uns ein bisschen umzusehen, ins Hotel zu fahren und uns frisch zu machen.«
»Ruf den Flughafen an«, bat Reacher. »Wir brauchen einen frühen Flug. Dallas-Fort Worth müsste reichen.«
»Draußen«, sagte sie. »Den Flughafen kann man nicht von einer Buchhandlung aus anrufen.«
Sie kaufte einen knallbunten Stadtplan von St. Louis. Dann verließen sie den Laden. Während er sich den Stadtplan ansah, rief sie die Fluggesellschaft an und buchte für den Morgenflug um acht Uhr dreißig nach Texas zwei Plätze in der Business Class. Anschließend machten sie einen Spaziergang am Ufer des Mississippi, der hier durch die Stadt floss.
Sie schlenderten Arm in Arm etwa anderthalb Stunden lang um die gesamte Altstadt. Das Hotel war eine ehemalige Villa, die in einer mit Kastanien bestandenen ruhigen Seitenstraße lag. Die zweiflüglige Eingangstür war glänzend schwarz lackiert, und das Eichenparkett in der Eingangshalle glänzte honiggelb. Die Rezeption bestand aus einem prächtigen alten Mahagonischreibtisch in einer Ecke der Eingangshalle. Reacher starrte ihn an. In den Motels, die er kannte, war die Rezeption mit einem Stahlgitter oder einer Panzerglasscheibe gesichert. Eine elegante, weißhaarige Dame zog Jodies Kreditkarte durch den Kartenleser, der ratternd den Beleg ausdruckte. Während Jodie ihn unterschrieb, reichte die Dame Reacher einen Messingschlüssel.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen bei uns, Mr. Jacob«, sagte sie.
Die Flitterwochensuite nahm den ganzen ausgebauten Dachboden ein. Auch hier glänzend gebohnertes Eichenparkett, auf dem Orientteppiche lagen. Die Decke bestand aus einem komplizierten geometrischen Arrangement aus Schrägen und Dachgauben. Als Erstes gelangte man in ein Wohnzimmer mit zwei Sofas in pastellfarbenem Blümchenmuster. Dann kamen Bad und Schlafzimmer. Das Bett war ein überbreites Himmelbett mit einer Tagesdecke im gleichen geblümten Muster. Jodie setzte sich plumpsend darauf, schob beide Hände unter die Kniekehlen und ließ die Beine baumeln. Sie lächelte. Die Sonne schien durchs Fenster hinter ihr. Reacher stellte die Reisetasche ab, blieb unbeweglich stehen und betrachtete sie. Ihre Seidenbluse war blau - ein Farbton zwischen Kornblumenblau und dem Blau ihrer Augen. Die Knöpfe sahen wie kleine Perlen aus. Die beiden obersten standen offen und gaben den Blick auf Jodies Haut frei. Ein schwarzer Ledergürtel umschloss Jodies schmale Taille. Ihre Jeans waren alt und verwaschen, aber tadellos gebügelt. Sie trug ihre Schuhe ohne Socken.
»Was schaust du an?«, fragte sie.
Sie hielt ihren Kopf leicht schief. Ihr Blick wirkte verlegen und herausfordernd zugleich.
»Dich«, sagte er.
Die Knöpfe waren Perlen - klein und rutschig. Insgesamt musste er fünf aufknöpfen. Er schaffte vier, zog dann sanft die Bluse aus ihrer Jeans und öffnete den letzten. Jodie hielt ihm ihre Handgelenke hin, damit er auch die Manschetten aufknöpfen konnte. Dann streifte er ihr die Bluse von den Schultern. Sie trug nichts darunter.
Jetzt beugte sie sich nach vorn, um ihm das Hemd auszuziehen. Ihre Hände waren klein, flink und geschickt. Schneller als seine. Sie ließ ihre Hände über seine breite Brust gleiten und schob das aufgeknöpfte Hemd mit den Unterarmen beiseite. Es glitt von seinen Schultern und fiel zu Boden. Sie berührte mit ihrem Zeigefinger die tropfenförmige Brandwunde auf
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