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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Knoesel
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fünfzehn Stunden hatte er mit einer Pistole in der Hand drei bewaffneten Polizisten gegenübergestanden. Wer konnte das schon von sich behaupten?
    Der Vorplatz des Einkaufszentrums war trotz der Kälte voller Leben: Die Kids von gerade eben hatten zwei Gruppen gebildet und warfen Schneebälle, ein Witzbold hatte eine rote Nikolausmütze auf. Aber schon die etwas älteren Jungs, die vor dem McDonald’s herumstanden, versuchten vor allem, cool zu sein, dachte David.
    Heute liebte er dieses Chaos, diese Farbigkeit: die jungen Afrikanerinnen, Asiatinnen, ein paar Türkinnen mit Kopftuch – auf dem Weg ins Mira oder wieder heraus zur U-Bahn oder zur Bushaltestelle; und die Jungs, die er vom Sehen aus der Schule kannte, mit ihren Truckercaps und herunterhängenden Jeans – die Gruppen, die sich jetzt bildeten mit ihren Handschlag-Ritualen, den angedeuteten Kung-Fu-Tritten, dem Gelächter. Fast wie auf dem Pausenhof. Und er mittendrin.
    Aber wie von einem unsichtbaren Schutzschild umgeben. Wer ihn kannte, machte einen Bogen um ihn. Manche musterten ihn verstohlen. Aber keiner, der ihn aus Versehen anrempelte oder sich ihm in den Weg stellte. Nein. Das würde jetzt für immer vorbei sein, auch wenn die Schule wieder losging in zwei Wochen. Ab heute war er der Typ mit der Knarre.
    Er hatte sie in einer fließenden Bewegung abgelegt, gestern vor Chris’ und Phils Wohnung, filmreif cool. Worauf er brutal erst gegen die Wand gestoßen und dann zu Boden geworfen wurde. Früh genug am Abend und mit so lautem Gebrüll, dass es die meisten Nachbarn mitbekommen hatten. Und als er, mit Handschellen gefesselt, zum Streifenwagen geführt wurde, hatte er genügend bekannte Gesichter gesehen, um zu wissen, dass sich die Geschichte schnell rumsprechen würde.
    David schaute in den wolkenbehangenen Himmel. Er konnte sich an keinen besseren Tag in seinem Leben erinnern. Er zog sein Handy aus der Hosentasche, drückte auf M, dann auf Marvin, dann wartete er.
    Marvin hockte in seinem Acht-Quadratmeter-Zimmer am Bettrand und starrte auf das Display. David. Schon wieder, sein fünfter Versuch jetzt. Marvin seufzte. Er hatte seiner Mutter versprechen müssen, nie wieder auch nur ein Wort mit David zu reden.
    »Was gibt’s, Mann?«, sagte er, als er den Anruf schließlich entgegennahm.
    »Was es gibt ?«, sagte David. »Wo steckst du, warum gehst du nicht ans Telefon?«
    Marvin kratzte sich am Kopf. »Hausarrest. Meine Mutter lässt mich erst wieder raus, wenn mein Vater zu Hause ist. Und keine Ahnung, was dann passiert – du kennst meinen Alten.«
    Geschenke heute Abend waren wahrscheinlich auch gestrichen, dachte Marvin. Aber seine Mutter hatte nicht mit dem Backen aufgehört, Weihnachten fiel also nicht ganz aus. Wenigstens roch es so.
    »Hat dein Vater Ärger bekommen wegen der Knarre?«, fragte David.
    »Noch nicht. Er ist noch in Köln, Messe abbauen.«
    »Und du hockst da oben wie’n Hühnchen vorm Kochtopf und wartest, dass er dir den Arsch versohlt?«
    Marvin nahm genervt das Handy vom Ohr, unschlüssig, ob er es ausschalten sollte. Dann brüllte er es an: »Was soll ich denn tun, Mann?«
    »Hat dich deine Mutter eingesperrt?«, sagte Davids Stimme leise, metallisch.
    Marvin klemmte sich sein Handy wieder ans Ohr, während er sich seine Socken anzog. »Nein.«
    »Was nein ? Hält sie Wache vor deiner Tür?«
    »Sie ist einkaufen!«
    »Sie ist nicht mal zu Hause?«
    Marvin wuchtete sich vom Bett hoch und schlurfte zum Fenster, wo er den Vorhang zur Seite schob. »Hältst du mich für blöd? Ich weiß, dass ich abhauen könnte. Aber ich hab so schon genug Ärger!« David stand unten vorm Hauseingang. Mit Yannick, der von einem Fuß auf den anderen trat.
    Dann entdeckte Yannick ihn am Fenster, stieß David an, und David schaute, auch er mit dem Handy am Ohr, zu ihm hoch. Und sagte: »Marvin. Wir biegen das schon wieder hin.«
    »Und wie?«
    »Mit Geld.«
    David wischte den Schnee von der Lehne der Parkbank am Spielfeldrand des Fußballfeldes. Er lächelte, als er das eingeritzte D sah. Er lehnte sich halb sitzend, halb stehend gegen die Lehne und überlegte, wie oft sie sich hier schon getroffen hatten.
    »Na komm, erzähl’s ihm«, sagte er zu Yannick, der mit Trippelschritten den Schnee um sich herum platt trat, die Hände tief in die Hosentaschen gesteckt. Man konnte sehen, wie er fror, ohne Handschuhe und Mütze. Irgendwas vergaß er immer, wenn er das Haus verließ. Im Sommer war er sogar mal ohne Schuhe, nur in Socken nach

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