Jacob beschließt zu lieben - Roman
etwas Brot von einem frischen Brotlaib ab, das täglich eine seiner frommsten Kirchgängerinnen zum Fluss brachte. Sie legte es zusammen mit anderen Bestellungen des Popen auf ein kleines Floß, und mir fiel inzwischen die Aufgabe zu, es ans Ufer zu ziehen. «Mit meinem Beruf wird man nicht reich, aber immerhin satt», pflegte der Pope zu sagen. Zwischen uns lagen nackte, pralle Knoblauchzehen, meine Finger rochen danach und mein Mund ebenso. Wir knackten den Knoblauch wie andere Leute Sonnenblumenkerne. Dessen Schärfe auf der Zunge, die erst in der Nacht langsam abnahm, gehört zu jener Zeit wie alle anderen Gerüche und Geräusche.
Als er auch das letzte Brotstück in die Suppenreste getunkt hatte, mit einem seiner längeren schwarzen Fingernägelzwischen den Zähnen gestochert und sich dann mit der Zungenspitze vergewissert hatte, dass nichts mehr dazwischensteckte, schenkte er uns Schnaps ein und sagte: «Ich werde behaupten, dass du mein Neffe bist und dass man dich zu mir geschickt hat, weil du Pope werden willst und man deinen Glauben prüfen will. Ich werde dem Gendarmen sagen, dass du ganz tüchtig bist und mir nacheiferst, aber dass deine Überzeugung noch wachsen muss. Ich weiß, dass ich schwindle, aber gegen die Kommunisten kann man es eben tun. Der Allmächtige wird mir verzeihen.»
Er stand auf, zündete sich eine Zigarette an und zog sein schwarzes Gewand aus. Dann steckte er die Hand in die Hosentasche, holte einen Schlüssel heraus und legte ihn auf den Tisch. «Iss genug, du wirst es vielleicht bald brauchen», murmelte er. Dann schaute er mich an, als ob er die Qualitäten eines Pferdes auf dem Markt prüfen würde, das er kaufen wollte. Es fehlte nur, dass er meine Zähne sehen wollte.
«Du bist kräftiger geworden, nicht wahr?», fragte er.
«Jawohl, ein wenig kräftiger.»
«Das ist vom nahrhaften Essen, das du hier kriegst. Aber vom Herumsitzen wirst du nur fett. Willst du fett und bequem werden?»
«Will ich nicht.»
«Aber wenn du hier den ganzen Tag nutzlos herumsitzt, wird das genau passieren. Dann kriegst du solch einen Bauch, dass du deinen Pimmel nicht mehr siehst.» Seine Augen funkelten listig. Ich schaute ihn verwirrt an. «Außerdem, Gott mag keine faulen Menschen. Faulheit ist eine Sünde. Bist du auch dieser Meinung, Jacob?» Ich nickte. «Dann sag mir doch mal, wieso du nichts tust? Dubist wieder gesund. Die Gesundheit ist bei Gott geliehen, mein Lieber, wer sie nicht mehr braucht, dem wird sie wieder genommen.»
«Sagen Sie mir, was ich tun soll, und ich tue es», erwiderte ich.
«Nun, Jacob mit
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, du bist katholisch. Davon gehe ich mal aus.» Ich schwieg und senkte den Blick. «Du kannst mir also nicht bei meinen kirchlichen Verrichtungen helfen.»
«Ich tue alles, was Sie wollen, nur schicken Sie mich nicht weg.»
Er zögerte und schien mit sich zu kämpfen, dann ging er eine Weile im Zimmer umher. Als er sich endlich entschieden hatte, packte er den Schlüssel und hielt ihn mir vor die Nase. «Ich weiß, wie du dich nützlich machen kannst. Folge mir!» Er nahm die Petroleumlampe, und wir stiegen in den Keller hinunter.
Je tiefer wir kamen, desto stärker wurde der modrige Geruch, der das Atmen fast unmöglich machte. Der Pope schloss auf, drückte die schwere Tür beiseite, die so widerstandsfähig war, als ob Gold dahinter gehortet wurde und nicht irgendetwas Absurdes, was der Pope im Wald sammelte. Für einen Augenblick dachte ich sogar, es handle sich tatsächlich um Gold. Ich hatte nur in Märchen gelesen, wie solche Räume aussahen, in denen sich das Gold und dazwischen Rubine, Smaragde, Saphire bis zur Decke türmten. Wie sie leuchteten und den Leuten, die sie sahen, den Verstand raubten. Ich hatte mit einem Schatz gerechnet, doch mit einem solchen nicht.
Als Popa Pamfilie die Petroleumlampe an der Decke aufgehängt hatte und ich eintreten durfte, wich ich erschrocken zurück. Der ganze Raum war mit menschlichenÜberresten gefüllt, die der Pope hierhergeschleppt hatte. Manche der Säcke waren ausgeleert worden und warteten darauf, wieder benutzt zu werden, andere waren umgekippt, und aus ihnen waren Knochen verschiedener Längen und Formen gerutscht. Offenbar kam der Pope kaum mit der Arbeit nach.
Manche der Knochen waren gewaschen worden und blitzten weißgelblich auf dem Tisch in der Mitte. Auch mehrere Eimer waren voll damit. Andere, auf mehreren Haufen am Boden verteilt, waren noch voller Erde und Dreck, viele von ihnen zerbrochen und zertrümmert,
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