Jade-Augen
Anblicks hingebend. »Er hat Priscilla den ganzen Weg von Indien hierhergeschleppt. Du siehst bezaubernd aus in dieser Farbe.«
Sie war Komplimente nicht gewöhnt, und eine leichte Röte machte sich daher auf ihren cremeweißen Wangen breit, als sie befangen über ihre smaragdgrüne Jacke strich. »Sie war mir immer eine meiner liebsten.«
»Frauen wissen im allgemeinen, was ihnen steht,«, bemerkte er und fuhr in mehr oder weniger gleichem Ton fort: »Ich gehöre zu einer Abteilung, die den Befehl hat, das Fort von Mahomed Shereef zu erstürmen.«
Annabel nickte. »Wann?«
»Zur Abenddämmerung.«
»Das ist vernünftig. Nicht, daß sie euch nicht erwarten würden, aber Schatten sind gute Freunde, wenn man in der Offensive ist.«
»Irgendwie habe ich angenommen, daß du nicht einverstanden sein würdest … ärgerlich sogar.« Er schenkte ihr ein reuevolles Lächeln.
Sie runzelte die Stirn. »Wie dumm von dir. Ich werde ärgerlich, wenn du mir nicht sagst, was du tust, und wenn mich die Frage quält, wo du bist. Aber es ist ja deine Aufgabe zu kämpfen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Du vergißt, daß ich unter Männern gelebt habe, für die Kämpfen ihr Existenzmerkmal ist.«
»Bob wird sich um dich kümmern, falls mir etwas zustoßen sollte«, sagte er direkt und nahm damit hin, daß alles andere als Nüchternheit bei dieser Frau töricht wäre.
»Es ist nicht nötig, daß sich irgend jemand – wie du meinst – um mich kümmern muß, Kit«, antwortete sie mit der gleichen Aufrichtigkeit. »Dies ist mein Land. Ich werde wissen, was zu tun ist, wenn du getötet wirst.«
Seine Hände öffneten sich in einer unbeschreiblichen Geste. Wie sollte man es ausdrücken, was man für eine Frau empfand, die keine der Unterstützungen, die man ihr zugedacht hatte, brauchte, die ihre eigene Kraft besaß und sie uneingeschränkt darbot, und die beruhigend lächelnd im Wintersonnenlicht vor einem stand? Er mußte sie verlassen und würde sie vielleicht nie wieder sehen.
Sie trat verständnisvoll auf ihn zu. »Schicksal, Liebster«, sagte sie und ergriff seine Hände. »Nimm es an. Dieses Mal wirst du zurückkommen. Ich weiß es.«
»Woher weißt du das?«
»Es steht auf deiner Stirn geschrieben.« Sie fuhr die Furchen in seiner Stirn mit der Fingerspitze nach. »Tu, was du tun mußt. Mehr ist nicht möglich.«
»Ich muß zur Strategiesitzung gehen.« Er preßte ihre Hände schmerzhaft. »Ich wollte dich in die Reitschule bringen, aber ich habe keine Zeit mehr.«
»Ich bin durchaus bereit, auf einen Nachmittag mit einem blaffenden Reitmeister zu verzichten«, sagte sie. »Ich werde mit Priscilla reden und sehen, ob ich sie nicht dazu bringen kann, ein paar Eier mehr zu legen.«
»Liebste …«
»Geh jetzt, Kit. Ich warte hier auf dich bis zu deiner Rückkehr.«
Einen langen Augenblick stand er da und hielt ihre Hände, dann beugte er sich über sie und küßte sie mit einer schnellen, leichten Bewegung seiner Lippen, bevor er sich umdrehte. Sie berührte in einer Abschiedsgeste seine Lippen mit den Fingerspitzen, als er einen letzten Blick über die Schulter warf, und er lächelte.
Allein im Garten, wischte Annabel eine widerspenstige Träne von ihrer Wange und betrachtete fragend Priscilla: »Wie wäre es mit zwei braunen Eiern, Prissy? Ralston, Huzoor, wird ein gutes Frühstück brauchen, wenn er heimkommt.«
»Wir schüchtern sie nicht im mindesten ein«, brüllte Major Griffith über den Kartätschenlärm des leichten Feldgeschützes hinweg. »Die Mistkerle wachsen einfach aus den Mauern heraus. Sehen Sie sie nur an!«
Kit tat es. Der Feind drängte sich auf der Brustwehr zusammen, mähte mit seinen langen Jezails die Briten nieder, die mit ihren Musketen nach oben schießen mußten. Griffith hatte recht. So schnell, wie das Feldgeschütz die Reihen der Ghilzai auch durchlöcherte, so rasch erschien eine neue Linie, um die alte zu ersetzen.
»Wir brauchen ein zweites Geschütz«, sagte Kit, als es ihm auf einmal wie Feuer durch die Hand schoß. Ungläubig starrte er auf das Blut, das zwischen seinen Fingern heraussprudelte. »Wie, zum Teufel, ist das geschehen?«
»Hier, Sir.« Abdul Ali reichte ihm ein Taschentuch. »Binden Sie’s herum. Muß eine verirrte Kugel gewesen sein, hat Sie nur angekratzt.«
Kit verband die Wunde, so fest er konnte, und verknotete die behelfsmäßige Bandage mit den Zähnen. Überall um ihn her fielen Soldaten, und die Männer an dem Geschütz schwankten vor
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