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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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die ganze Nacht schlaflos zu verbringen, über Kits Verwundung nachzudenken und über das, was Akbar Khan mit den Geiseln anfangen würde, die jetzt als Verhandlungsgegenstand noch viel wertvoller für ihn sein mußten. Zu ihrem Erstaunen interessierte sie sich nicht im mindesten mehr für ihr eigenes Schicksal. Was geschehen mußte, würde geschehen.
     
    Auf der anderen Seite des großen Innenhofs saß Kit in der offenen Tür des Außenraums. Die Nachtluft war nicht mehr so beißend und schneekündend wie im Winter und ihre Frische eine willkommene Abwechslung zu den stickigen Räumen, in denen sich zu viele nicht allzu saubere Körper flohgepeinigt zusammendrängten. Seine Hand pochte, aber er hatte Glück gehabt, daß er bei der Attacke keinen Finger verloren hatte. Er dachte an den dolchähnlichen Splitter, den Annabel mit solcher Geschicklichkeit aus seiner Hand gezogen hatte in einer Zeit, als die Verzweiflung der Hoffnungslosigkeit sie noch nicht in den Klauen hatte.
    »Ich frage mich, was sie wohl gesagt haben mag, um zu verhindern, daß wir nicht bis auf den letzten Mann in Stücke gehauen wurden.«
    Kit blickte über seine Schulter und war nicht überrascht, daß sein Freund den gleichen Gedanken nachhing wie er selbst. »Gott allein weiß es, Colin. Aber sie und ich hätten es besser machen müssen. Es war wirklich verdammt leichtsinnig, was wir getan haben.«
    »Ich weiß nicht, wie du es ertragen kannst«, bemerkte Colin offen und ging neben ihm in die Hocke. »Es ist für uns alle schwer genug, aber –« Er zuckte vielsagend die Schultern. »Wenigstens sind wir andern hier zusammen. Männer haben ihre Frauen, Frauen ihre Kinder. Selbst in schweren Zeiten liegt Trost im Teilen.«
    »Im Wissen!« brauste Kit plötzlich auf. »Es ist dieses Nichtwissen, was mit ihr geschieht oder mit ihr geschehen wird, das ich nicht ertragen kann, Colin. Manchmal denke ich, ich werde verrückt … daß ich verrückt bin. « Er wies über den Hof. »Ich bin mir fast sicher, daß dieses Fenster dort, das zweite von links, das ihre ist. Aber ich kann es nicht beschwören …« Seine Hände öffneten sich in Resignation. » Warum können wir nichts tun?«
    Colin antwortete nicht. Das war für sie alle am schwersten zu ertragen, weil sie stets die Überzeugung gehegt hatten, daß sie, wo immer sie hingingen, auch herrschen würden. Sie saugten diese Überzeugung mit der Muttermilch ein, bekamen sie als Kind bestätigt, indem sie von Geburt an bedient wurden; Dienerschaft beugte sich vor dem Kind wie vor dem Erwachsenen, wobei allesamt in den Augen des Kindes die einzige Aufgabe hatten seinen Launen zu entsprechen und für seine Bequemlichkeit zu sorgen. In den Erziehungsinstituten wurde ihnen der Dünkel eingebläut und die Hierarchie der Privilegierten für immer geprägt. Gelangte man dann in die obersten Ränge, verfuhr man weiterhin vom hohen Roß aus, davon überzeugt, daß man das Recht besaß, die Werte und Normen seiner Klasse durchzusetzen. Ein britischer Gentleman ging nie davon aus, daß er jemals den Launen eines ihm gesellschaftlich unterlegenen Menschen ausgeliefert sein könnte. Aber Akbar Khans Geiseln hatten keine andere Wahl, es sei denn, sie zögen eher den Massenselbstmord in Betracht, als sich nun zu unterwerfen.
    »Ich gehe ins Bett«, sagte Colin schließlich. »Warum schließt du dich mir nicht an? Grübeln hilft auch nicht weiter.«
    »Recht hast du, aber irgend jemand in meinem Zimmer schnarcht ganz entsetzlich.« Kit tat, was von ihm erwartet wurde, und überspielte seinen augenblicklichen Jammer. Er grinste zu Colin hinauf. »Ich fürchte, es ist Mrs. Johnson, daher wage ich keine Beschwerde. Es ist kein sehr damenhaftes Geräusch.«
    Colin lachte in sich hinein. »Nein, bewahre darüber lieber ritterliches Stillschweigen.« Dann fuhr er ernster fort: »Ich wünschte, irgend jemand könnte der kleinen Betsy Graham helfen. Sie hat Nacht für Nacht die entsetzlichsten Alpträume. Ihre Mutter gibt sich Mühe, sie ruhig zu halten, aber ein Mensch kann unmöglich schlafen, wenn er sich solches Aufheulen anhören muß.«
    »Ich frage mich, ob sie das je überwinden werden«, sagte Kit.
    »Annabel hat es geschafft.«
    »Meinst du? Ich bin nicht überzeugt davon, mein Lieber.«
     
    Akbar Khan verbrachte die Nacht mit Nachdenken … nachdenken über Niederlagen. Sein Kampf mit den hündischen Eindringlingen war noch nicht vorbei, auch wenn er einen entscheidenden Rückschlag hatte hinnehmen müssen, aber

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