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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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flatternd, daß ihre Unachtsamkeit ein Massaker auslösen könnte, versuchte sich aus dem Griff ihres Wächters zu befreien. Die Stimmung unter ihren Bewachern war schlecht gewesen seit jener Nachricht aus Jalalabad, und sie hatte gespürt, daß es nur wenig bedurfte, um sie zu wilder Rache wegen der Niederlage ihres Sirdars aufzuwiegeln. Aber sie hatte auch den Ruf der anderen Wache gehört, daß es gegen Akbar Khans Befehl war, Ayesha in irgendeiner Weise Gewalt anzutun, und dieses Wissen machte sie mutig. »Ist es das, was Akbar Khan angeordnet hat?« fragte sie, die Schmerzen in ihren Armen ignorierend. »Hat er ein Massaker an den Gefangenen angeordnet? Gerade wenn er die Schlacht bei Jalalabad verloren hat, dann wird ihm besonders daran liegen, mehr Trümpfe für Verhandlungen zu haben. Glaubt ihr, er wird euch danken, wenn ihr sie jetzt ermordet?«
    Der Mann beschimpfte sie als wertloses, verräterisches Stück weiblichen Treibguts, aber ließ augenblicklich ihre Handgelenke los, so daß sie stolperte und beinahe zu Boden gefallen wäre. Er brüllte den siedenden Männern hinter ihm etwas zu, und sie zogen sich von den unbewaffneten Geiseln zurück, die mit dem Rücken an der Wand standen und nichts als ihren bloßen Händen zur Verteidigung.
    Annabel suchte besorgt nach Kit und sah, daß er noch auf den Füßen war, obschon das Blut aus seiner Schnittwunde an der Hand sprudelte. Das war ihre Schuld: solch eine Gedankenlosigkeit zu so einem gefährlichen Zeitpunkt! Sie wußte, daß ihr von nun an die täglichen Besuche versagt würden, die allein ihr geholfen hatten, den Verstand zu bewahren. In verzweifeltem Selbsthaß empfing sie ihre Strafe ohne Murren, und erst als sie unsanft in ihre Kammer gestoßen wurde und die Tür lauter als gewöhnlich hinter ihr ins Schloß fiel, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Was, wenn Kits Verletzung tödlich war? Medikamente und Verbandszeug waren rar, das wußte sie, hatte doch sie in dieser Hinsicht alles beschafft, was die Geiseln besaßen. Dreck lag noch immer überall, und Ungeziefer kroch herum … es bedurfte nur wenig zu einem Wundbrand … Sie fuhr mit ihren gnadenlosen Selbstbezichtigungen fort, bis Erschöpfung sie übermannte und sie sich in abgrundtiefer Niedergeschlagenheit aufs Bett warf.
    Die Aufregung draußen hatte sich gelegt und machte einer brütenden Stille Platz, die sich in der Festung und unter ihren Bewohnern ausbreitete, bis der Abend kam – da nahm sie durch Schreie und das Geklapper von Pferdehufen ein jähes Ende. Annabel sprang mit erneuter Kraft auf die Füße und stieg auf das Bett, um hinauszusehen.
    Akbar Khan und eine bemerkenswerte Zahl seiner Anhänger waren in den Hof geritten.
    Sie starrte hinunter, versuchte seinen körperlichen Zustand und seine geistige Verfassung zu erkennen, aber aus dieser Entfernung war das schier unmöglich. Sie meinte, ihn mit etwas weniger als seiner gewohnten Lebhaftigkeit absteigen zu sehen, fragte sich, ob er vielleicht seine Schultern weniger aufrecht hielt als sonst, ob sein Schritt in geringerem Maße federte, als er den Hof überquerte und in einer Tür unter ihrem Fenster verschwand.
    Sie kletterte von ihrem Bett und schleppte sich im Zimmer auf und ab, begleitet von einem inneren Beben. Er würde Pläne mit den Geiseln haben, auch Pläne für Ayesha, oder sollte sie hier weiter schmachten? Tod durch Steinigung wäre ein glimpflicheres Schicksal.
    Sie spürte das Herannahen eines Besuchers, noch bevor sie den Klang seiner Schritte vernahm. In den Wochen des Eingesperrtseins hatte sie die Fähigkeit entwickelt, jenseits von direkten Geräuschen in ihrer Umgebung auch auf einer tieferen Ebene zu hören. In plötzlicher Panik erkannte sie, daß auf ihren Wangen noch Tränenspuren vom Nachmittag, ihre Augen rot und aufgequollen und ihre Haare zerrauft waren. In fieberhafter Eile spritzte sie sich gerade in dem Moment kaltes Wasser ins Gesicht, als Zobayeda die Tür öffnete.
    »Du sollst zu Akbar Khan gebracht werden«, sagte sie zitternd wie ein Frevler, der den Namen eines Gottes ausspricht. »Ich helfe dir, dich herzurichten.«
    Annabel nahm ihre Hilfe bereitwillig an. An jedem anderen Ort und unter anderen Umständen wurden solche Vorbereitungen mit äußerster Gewissenhaftigkeit ausgeführt: heiße duftende Bäder, warme Öle, ihr Körper in weichste Seide gekleidet, ihr Haar gebürstet, geflochten und mit Blumen geschmückt für den Augenblick, da er ihr den Schleier abnahm. Hier gab es nur

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