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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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ihm gesprochen, vielleicht sollte er also auch nicht erkennen, wer sie war. Er befleißigte sich daher eines höflichen Gesichtsausdrucks und wartete.
    Wenn Akbar Khan über diesen Mangel an Reaktion enttäuscht war, so zeigte er es jedenfalls nicht. »Du mußt dich doch gefragt haben, wie Ayesha derart bewandert in deiner Sprache werden konnte«, sagte er und lachte wieder in sich hinein.
    Kit sah ihm in die Augen. »Sie sprach wie eine Engländerin, Akbar Khan, nicht wie jemand, der die Sprache als Fremder erlernt hat.«
    Die schwerlidrigen Augen verengten sich, um ihren Ausdruck zu verbergen. »Wie scharfsinnig von dir, mein Freund. Ayesha, nimm deinen Schleier ab.«
    Sie öffneten den smaragdgeschmückten Haken, und der Schleier glitt von ihrem Gesicht. Es war Akbar Khan, der sich von den Kissen erhob, den durchsichtigen Stoff von ihrem Kopf entfernte und die glatte Masse kupferfarbenen Haars freilegte, das in einem dicken Zopf geflochten bis unter ihre Hüften reichte.
    Er durfte nicht zeigen, daß er sie schon früher gesehen hatte, erinnerte Kit sich grimmig, als er auf das sinneraubende Antlitz, dessen unglaublich weiße Haut sowie die geschwungene Kurve ihres Mundes blickte und in die grüne Tiefe ihrer mandelförmigen Augen.
    Akbar Khan betrachtete sie beide … dann lächelte er. »Es ist Sitte bei meinem Volk, Ralston, Huzoor, unseren kostbarsten Besitz mit einem geehrten Gast zu teilen … und uns damit seiner fortwährenden Zufriedenheit und Freude zu versichern.« Das Lächeln wurde breiter. Er legte dem Mädchen leicht eine Hand auf den nackten Arm. »Und heute nacht, mein geehrter Freund, ist Ayesha dein.«
    Durch seine eigene Verblüffung hindurch nahm Kit den Schock, der rasch von Zorn gefolgt war, in den jadegrünen Augen wahr. Sie wirbelte zu Akbar Khan herum und zischte einige Worte auf Paschtu. Seine Antwort durchbrach die Stille im Raum wie der Peitschenknall eines Löwenbändigers, und sie trat von ihm zurück, als habe er sie geschlagen. Der Sirdar wandte sich wieder Kit zu, und in seinen blauen Augen lag nun die Kälte und Schärfe eines Habichts.
    »Du wirst doch nicht das Gastgeschenk zurückweisen, oder, mein Freund?«
    Kit blickte sich in dem Raum um und sah in den Gesichtern nichts als Feindseligkeit und Gefahr, Keiner bewegte auch nur einen Muskel. Es war eine Falle, und er hatte keine Wahl, als sich ihr zu stellen. Er mußte jetzt wie ein Afghane denken und verbeugte sich vor Akbar Khan.
    »Ich fühle mich tief geehrt, Sirdar, und nehme das Gastgeschenk bereitwillig an.« Seine Augen richteten sich auf die bewegungslose Ayesha, die durch ihn hindurchblickte.
    Akbar Khan rieb sich die Hände wie einer, der eine glückliche Lösung herbeigeführt hatte. »Gut. Dann laßt uns jetzt der Musik lauschen.«
    Ohne ein Wort, undurchdringlich, stand Ayesha auf, um sich auf ein Kissen neben Christopher zu setzen. Mit gesenkten Augen bot sie ihm die Schale mit den Maulbeeren an und füllte seinen Becher auf.

3. KAPITEL
    Kit blickte auf die Fläche vor dem Podium, wo eine Gruppe von Musikern fremde und mitunter erregende Musik auf Rohrpfeifen und rhythmisch dumpf klingenden Trommeln spielte. Die Mädchen, die für sie tanzten, waren eine verschwommene Vielfalt aus goldfarbenen Gliedern und fliegenden Schleiern. Ihre Augen waren mit Kohle dunkel nachgezeichnet, ihre Haut glitzerte vor Schweiß, und sie drehten sich und bebten zu der unaufhörlich fordernden Musik. Seine Wahrnehmung aber war einzig auf Ayesha an seiner Seite gerichtet. Sie sagte nichts, saß da wie aus Stein gegossen, es sei denn, sie hatte seine Wünsche zu erfüllen, ihm Obst, Sorbet und klebrigen Kuchen, die Fingerschale anzubieten oder das Handtuch zu reichen. Das alles tat sie mit gesenkten Augen. Dennoch vermochte er den sich aufbäumenden Zorn, der sie durchraste, die Tiefe des Widerstands, zu spüren. Und er konnte Akbar Khans Augen auf ihnen beiden fühlen, Augen, die auf eine vollkommen humorlose Weise Grübeln und Schadenfreude ausdrückten.
    Schließlich setzte der Sirdar der Musik ein abruptes Ende. Das Mädchen, das gerade tanzte, hielt schweratmend und bebend in der Bewegung inne, grüßte ehrerbietig und verschwand, gefolgt von den Musikern, aus dem Raum. Akbar Khan wandte sich an seinen Gast. »Ich hoffe, du hast es nicht allzu eilig, uns wieder zu verlassen, Ralston, Huzoor. Ich würde dir gerne morgen früh eine andere unserer Sitten zeigen, die du vielleicht als unterhaltsam empfinden wirst. Wir werden ein

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